Geboren: ✹ 09. Januar 1944 in Nový Jičín, Tschechien Gestorben: ✟ 30. Juli 2014 in Berlin, Deutschland im Alter von 70 Jahren Name: Harun El Usman Faroqhi
Biographie
Der deutsche Filmregisseur, Drehbuchautor und Medienkünstler Harun Farocki wurde am 9. Januar 1944 in Nový Ji?ín [Neutitschein], damals ein Teil der Tschechoslowakei, das vom Dritten Reich annektiert wurde, geboren. Er war der Sohn eines eingewanderten indischen Arztes und einer deutschen Frau. Farocki studierte zunächst Theater, Soziologie und Journalismus an der 'Freien Universität (FU)' in West-Berlin. Von 1966 bis 1968 studierte er dann an der neuen 'Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB)' im Rahmen ihrer ersten Generation, zu der Studenten wie der zukünftige Hollywood-Regisseur Wolfgang Petersen, die zukünftige feministische Filmemacherin Helke Sander und der zukünftige RAF-Terrorist Holger Meins gehörten. Unter dem Einfluss von Jean-Luc Godard und Bertolt Brecht entwickelte Harun Farocki nach und nach seinen eigenen einzigartigen Stil des nicht-narrativen Filmemachens, der sich mit dem Verstehen, Reflektieren und Konfrontieren der modernen Gesellschaft beschäftigt. Seit 1966 produzierte, schrieb und inszenierte Farocki mehr als 100 kurze und abendfüllende Filme für das Fernsehen und das Kino, hauptsächlich Dokumentationen und Essayfilme, die soziale Realitäten analysierten mit einem präzisen Einsatz von bewegten Bildern, die immer auch den politischen und soziologischen Kontext beinhalteten, der an der Erstellung von Bildern beteiligt war. Seit 1996 hatte Farocki zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen in Museen und Galerien weltweit, zum Beispiel im 'MOMA' in New York, im 'MUMOK' in Wien, im 'Jeu de Paume' in Paris und im 'Museum Ludwig' in Köln, gefolgt von Retrospektiven seiner Filme in vielen Institutionen wie der 'Tate Modern' in London oder dem 'Zentrum für zeitgenössische Kunst' in Warschau. Farockis Teilnahme an der renommierten 'documenta' in den Jahren 1997 und 2007 ist ein Beleg für den enormen Einfluss, den seine Filme und Videoinstallationen im Kunstkontext hatten, aber nicht weniger war sein Einfluss in der Filmwelt: Sechs seiner Filme wurden im 'Forum' der 'Berliner Internationalen Filmfestspiele' präsentiert und zwei weitere Filme wurden in den Jahren 2003 und 2007 beim 'Internationalen Filmfestival von Locarno' ausgezeichnet. Im Jahr 2009 gab die einflussreiche französische Zeitschrift 'Cahiers du cinéma' bekannt, dass Farockis und Andrei Ujicas gefeierte Meisterwerk 'Videogramme einer Revolution' (1992) einer der 10 subversivsten Filme aller Zeiten ist. Farockis Leben beinhaltete auch das Schreiben über Film und das Unterrichten von Medien: Von 1974 bis 1984 war er Herausgeber der in München veröffentlichten Zeitschrift 'Filmkritik'. 1998 veröffentlichte er das Buch 'Über Godard' (gemeinsam mit Kaja Silverman). Von 1993 bis 1999 war Farocki Gastprofessor an der 'University of California Berkeley'. Von 2000 bis 2004 lehrte Farocki an seiner früheren Schule, der 'DFFB', und an der 'Universität der Künste' in Berlin. 2004 wurde Farocki zunächst Gastprofessor und dann 2006 ordentlicher Professor an der 'Akademie der bildenden Künste' in Wien. Als Lehrer hatte Harun Farocki einen bedeutenden cineastischen und intellektuellen Einfluss auf die Entwicklung der gefeierten 'Berliner Schule' des Filmemachens. Er selbst hat fünf gefeierte Spielfilme des prominentesten Mitglieds dieser Gruppe, Christian Petzold, mitverfasst, der einst sein Student und Assistent war. Harun Farocki war von 1966 bis zu ihrem Tod 1996 mit Ursula Lefkes verheiratet. Sie hatten zusammen zwei Kinder (Zwillingstöchter). Im Jahr 2001 wurde Antje Ehmann seine zweite Frau und, wie Lefkes, eine häufige Mitarbeiterin an seinen Filmen. Am 30. Juli 2014 starb Harun Farocki im Alter von 70 Jahren in seinem Haus in der Nähe von Berlin.