Terry Gilliam (84)
Wissenswertes
Geboren: ✹ 22. November 1940 in Minneapolis, Minnesota, USAName: Terence Vance Gilliam
Größe: 175 cm
War J. K. Rowlings Wunschkandidat für den ersten "Harry Potter"-Film - Warner Bros. war er allerdings nicht kommerziell genug
Lehnte die Regie von "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" (1988), "Enemy Mine - Geliebter Feind" (1985), "Forrest Gump" (1994), "Braveheart" (1995), "Alien - Die Wiedergeburt" (1997) und "Troja" (2004) ab
"Ich wollte nie naturalistische Filme machen. Ich mochte immer die Idee, dass der Film ein Kunstwerk ist, und dass das von Anfang an zugegeben wird. So kreieren wir eine Welt, die nicht der realistischen naturalistischen Welt entspricht, aber wahrhaftig ist... das ist die Hauptsache." [Interview mit Salman Rushdie, März 2003]
Bildergalerie
Biographie
Gilliam kam in Minneapolis, Minnesota, zur Welt und verbrachte seine erste Lebensjahre auf dem Land, am Medicine Lake (vor der Stadt), wo er - wie er selbst sagt - eine "Tom Sawyer-esque" Kindheit erlebte. Sein Vater, James Hall Gilliam, war zu nächst ein Vertreter für Folgers und arbeitete später als Tischler. Seine Mutter Beatrice war Hausfrau. Gilliam hat eine zwei Jahre jüngere Schwester und einen zehn Jahre jüngeren Bruder. Als Terry elf Jahre alt war, zog die Familie dem Klima wegen nach Panorama City in Kalifornien um, nachdem seine Schwester mehrere Lungenentzündungen erlitt.An der High School erntete Terry fast ausschließlich Einser, wurde zum Prom King gewählt und im Jahrbuch als "der mit der größten Aussicht auf Erfolg" beschrieben. Nach der Schule besuchte er das Occidental College in Los Angeles, wo er zunächst Physik und Kunst und schließlich Politikwissenschaften studierte. Parallel zum Studium arbeitete er für das Satiremagazin "Fang". Sein Held war zu diesem Zeitpunkt Harvey Kurtzman, ein Cartoonist für das "Mad"-Magazin. Gilliam schickte ihm einige Ausgaben von Fang zu und landete nach dem College einen Job als Illustrator bei Kurtzmans neuem Projekt "Help!". Dabei traf er John Cleese, mit dem er eine Fotostory produzierte - über einen Mann, der sich in die Barbiepuppe seiner Tochter verliebt.
Gegen Ende der 60er, zur Zeit der ersten massiven Polizeieinsätze gegen politische Demonstrationen, wurde Gilliam zunehmend unzufriedener mit dem Leben in den Staaten. "Ich hatte Angst, dass ich ein Vollzeit-bombenwerfender Terrorist werde, wenn ich in den USA bleibe, weil es eine wirklich schlimme Zeit in Amerika war. Das war '66–'67, es gab die erste Polizeiausschreitung in Los Angeles. Und am College war mein Hauptfach Politik, also arbeitete mein Gehirn dementsprechend. (...) Und ich wurde immer ärgerlicher und hatte einfach das Gefühl, dass ich da rausmuss - Ich bin ein besserer Cartoonist als Bombenbauer. Deshalb steht noch so viel von den U.S.A." [aus einem Interview mit Salman Rushdie, 2003]
Gilliam trampte zunächst sechs Monate lang quer durch Europa, bis er in Paris bei "Pilote", einem Magazin vom "Astérix und Obelix"-Schöpfer René Goscinny Arbeit fand. Nach einem kurzen Zwischenspiel bei der US-Armee - aus der er dank einiger Tricks in Ehren entlassen wurde - ließ Gilliam sich schließlich in London nieder und nahm 1968 die britische Staatsbürgerschaft (als zweite) an. 2006 gab er die amerikanische Staatsbürgerschaft auf, als Reaktion auf die Politik von George W. Bush und immense Steuerforderungen der USA (obwohl Gilliam bis heute fast ausschließlich in Europa arbeitet und Geld verdient).
Seine erste Animation bei der BBC schuf er für die Comedy-Kinderserie "Do not adjust your set", die unter anderem von seinen späteren Co-Pythons Terry Jones, Michael Palin und Eric Idle geschrieben und gespielt wurde. 1969 starteten die vier zusammen mit John Cleese und Graham Chapman die BBC-Serie "Monty Python's Flying Circus", für die Gilliam überwiegend Sketch-übergreifende Cartoons beisteuerte. Die Serie entwickelte sich ziemlich schnell zum Hit und zog mehrere Filme nach sich. 1973 heiratete Gilliam Maggie Weston, eine Kostüm-und Make up-Designerin für "Flying Circus". Die beiden haben drei gemeinsame Kinder, Amy (*1978), Holly (*1980) und Harry (*1988).
1975 führte Gilliam erstmals Regie bei einem Life Action-Film: Zusammen mit Terry Jones inszenierte er Monty Python's "Die Ritter der Kokosnuß". Die Zusammenarbeit der beiden Terrys war nicht ganz einfach - Jones konzentrierte sich vor allem auf die schauspielerischen Leistungen, während Gilliam sich auf Look und Effekte des Films fokussierte. Auch die Alkoholabhängigkeit des Hauptdarstellers (Chapman) vergiftete zeitweise das Klima innerhalb der Comedytruppe. Der Film entpuppte sich dennoch als Erfolg - ganz anders als Gilliams erste eigenständige Regiearbeit "Jabberwocky" (1977), ein weiteres satirisches Mittelalterspektakel, das bei Kritik und Publikum durchfiel. 1981 schrieb er zusammen mit Michael Palin das Drehbuch zu "Time Bandits", einem Fantasyabenteuer, für das Gilliam unter anderem Sean Connery gewinnen konnte. Der Film war ein großer Erfolg und etablierte Gilliams ausschweifenden, detailversessenen visuellen Stil. Der SciFi-Film "Brazil" (1985) etablierte Gilliams Ruf als "schwieriger" Regisseur - er stritt im Universal um den Endschnitt. Das Studio wollte ein Happy End durchsetzenund kreierte eine alternative Version zu Gilliams Werk. Schließlich erreichte er mit einer einseitigen Anzeige im Branchenmagazin Variety, mit der er die Öffentlichkeit auf die Situation aufmerksam machte, das der Film seiner Vision entsprechend in die Kinos kam. Heute gilt er als wegweisender SciFi-Klassiker und einer der besten Filme der 80er. Gilliam erntete außerdem eine Oscar-Nominierung für das beste Originaldrehbuch.
Gilliams Fantasyepos "Die Abenteuer des Baron Münchhausen" (1988) konnte mit dem Erfolg nicht mithalten, lief aber keineswegs so schlecht, wie die Medien seinerzeit behaupteten. Laut Gilliam lagen die Probleme bei einem wackeligen Budget, schwachem Marketing und bewusst negativer Presse. Mit "König der Fischer" (1991) drehte Gilliam erstmals einen in der realen Welt angesiedelten Film - wenn auch mit fantastischen Elementen. Das Drama um Schuld und Vergebung erhielt vier Oscar-Nominierungen - eine davon wurde wahr: Mercedes Ruehl konnte 1992 die Statue für die beste Nebendarstellerin entgegennehmen.
1995 folgte Gilliams bisher kommerziell erfolgreichster, Star-besetzter Film, das SciFi-Epos "Twelve Monkeys", mit Bruce Willis und Brad Pitt. Gilliam wollte ursprünglich Nick Nolte und Jeff Bridges für die Hauptrollen, kam damit aber beim Studio Universal nicht durch.
Mit "Fear and Loathing in Las Vegas" brachte Gilliam 1998 Hunter S. Thompsons Buch "Angst und Schrecken in Las Vegas" auf die Leinwand. Obwohl - oder gerade weil - der Film ebenso surreal wie die Vorlage geriet, konnte er trotz Johnny Depp in der Hauptrolle die Massen nicht begeistern. Depp war zwei Jahre später trotzdem bei "The Man Who Killed Don Quixotte"mit dabei - zumindest ein paar Tage lang, denn dann musste Gilliam das Projekt aufgeben. Sintflutartiger Regen, Hagel und Verletzungen des französischen Hauptdarstellers Jean Rochefort ließen eine Fortsetzung der Dreharbeiten unmöglich werden. Immerhin gibt es einen unterhaltsamen, eigentlich als Making-Of geplanten Dokumentarfilm über das Desaster, mit dem Titel "Lost in La Mancha". Nach einem langen Kampf um Versicherungszahlungen und die Rechte nahm Gilliam das Projekt 2010 wieder in Angriff.
2005 inszenierte Gilliam das Märchen "Brothers Grimm", mit Heath Ledger und Matt Damon in den Hauptrollen. Der wie üblich opulent ausgestattete Film geriet für Gilliam wieder mal zum Kriegsschauplatz - während der Dreharbeiten lieferte er sich erbitterte Kämpfe mit den Gebrüdern Weinstein, die das Projekt finanzierten. Im selben Jahr brachte Gilliam auch den Low Budget-Film "Tideland" auf die Leinwand, ein düsteres Drama mit Fantasyelementen, über die verlorene Tochter eines Junkies. Der Film erntete sehr gemischte Kritiken und floppte kommerziell. 2008 wandte Gilliam sich wieder reiner Fantasy zu, mit "Das Kabinett des Dr. Parnassus". Doch ähnlich wie bei "Don Quixote" wurden die Dreharbeiten von einer Katastrophe heimgesucht: Der Hauptdarsteller Heath Ledger verstarb. Für ihn sprangen schließlich Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell ein.