Da denkt unsereiner als naiver Kinobesucher, dass sich Regisseure gewiss an die landesinternen Gebote und Verbote halten würden und da stolpert man über ein solches Verbrechen: Jean-Jacques Annaud, Regisseur von "Sieben Jahre in Tibet", gestand nun, dass - nachdem ihm ein Verbot durch die chinesische Regierung verhängt wurde - er heimlich im Himalaya, genauer gesagt in Tibet, gefilmt hat. Unter erheblichen nervösen Anspannungen müssen da wohl die zwei Filmcrews, die sich verstohlenerweise daran gemacht hatten an den verbotenen Orten zu drehen, ihre Mission erfüllt haben. Schließlich dienten sie dem künstlerischen, und damit einem guten Zweck: 20 Minuten des Films, in dem Herzensbrecher Brad Pitt als der reale Bergsteiger Heinrich Harrer zu sehen ist, sind immerhin illegalem Filmmaterial zu verdanken.
In einem Interview mit dem "Figaro Rhone-Alpes" Magazin gab Annaud eine Erklärung zu seiner "kriminellen Tat" ab, in dem er zugleich mit leichtem Augenzwinkern zu verstehen gibt, dass von vornherein klar war, auch ohne schriftliche Einladung dort drehen zu wollen. Der (clevere) Regisseur habe, bevor er seine zwei Filmteams an die Drehorte sendete, zunächst die Umgebung inspiziert und sich auch vergewissert, dass sie keiner großen Gefahr ausgesetzt sind. "Ein Team verbrachte vier Monate zwischen dem heiligen Gebirge, Mount Calache, und dem Potala in Lhasa", schildert er. "Die andere Mannschaft drehte in Nepal." In der Postproduktion wurden die verbotenen Filmszenen entweder ganz in den Film integriert, oder mit den Sequenzen, die in Argentinien und Kanada gefilmt wurden, zusammengesetzt. "Ich konnte dies noch nicht sagen, als der Film herauskam, selbstwenn Brad und ich bereits die Ehre hatten, aus China verbannt zu werden", sagt Annaud - reumütig? Wohl kaum. Denn sein Geständnis erfolgte im Rahmen einer Vorsitzversammlung des "Lumiere du Tibet", einer 10-tägigen Konferzenz mit anschließendem Festival, das vom 18. bis 27. Juni in Lyon stattfinden wird. Und dies hier verlauten zu lassen, zeugt doch ein wenig von Stolz, oder zumindest davon, die Sache im Nachhinein nicht ganz so ernst genommen zu haben. Eine Sache schien ihn jedoch schon etwas aus der Fassung gebracht zu haben: "Es hat mich total umgehauen, als ich lesen musste, dass die Szenen in meinem Film nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem wirklichen Tibet haben."