Terry Gilliam bettelt um Geldgeber - und Aufmerksamkeit für sein
surreales Drama "Tideland"
Ausnahme-Regisseur Terry Gilliam ("Brazil", "Twelve Monkeys",
"Brothers Grimm") bettelt um Geldgeber - und Aufmerksamkeit für
sein surreales Drama "Tideland": Gestern Abend erschien er in New
York (Ecke 11th Avenue/51ste Straße) mit einem Plastikbecher für
Geldspenden und einem Pappschild, auf dem zu lesen war "Filmemacher
ohne Studio - Muss Familie unterstützen - Führt Regie für
Essen".
Die Aktion wurde zuvor im Internet angekündigt und so hatten sich
einige hundert Fans versammelt, die auch bereitwillig Dollars in
den Becher stopften. Schließlich präsentierte der Regisseur die
andere Seite des Schilds - ein Poster für "Tideland".
Der Film kämpft seit der Premiere auf dem Filmfestival von Toronto
gegen seinen schlechten Ruf an: Die meisten Kritiker fanden ihn
zutiefst verstörend, die großen Verleiher lehnten ihn ab. THINKFilm
wird ihn nun in den USA herausbringen, allerdings in nur wenigen
Kinos.
Was Gilliam (65) als nächstes dreht, ist noch offen. Sein grandios
gescheitertes Abenteuerprojekt "The Man Who Killed Don Quixote"
will er wieder aufnehmen, sobald die rechtliche Situation geklärt
ist. Immerhin ist Johnny Depp nach wie vor bereit, sofort wieder
mit einzusteigen, sollte Gilliam ein zweites Mal die Finanzen
zusammenbringen - was, wie er vergangene Woche dem Webmagazin
FilmForce.com verriet, in Kürze geschehen könnte.
Zur Zeit hat der Regisseur auch wieder "The Defective Detective" im
Auge: Ein Projekt, das er seit fast fünfzehn Jahren mit dem "König
der Fischer"-Autor Richard LaGravenese entwickelt. Die Story dreht
sich um einen ausgebrannten New Yorker Cop, der in die Fantasywelt
eines Kinderbuches gerät und dort nach einem verschwundenen Mädchen
fahndet. Zunächst, bis Mitte der 90er, war Bruce Willis für die
Hauptrolle vorgesehen. Später bekundete Nicolas Cage Interesse.
Trotz des Erfolgs von "12 Monkeys" bekamen die ursprünglichen
Geldgeber allerdings im letzten Moment kalte Füße, das Projekt
wurde auf Eis gelegt und Cage drehte stattdessen "Snake Eyes"
(1998).
Nun verfolgt Gilliam eine etwas komplizierte Strategie, um die
Finanzierung anzukurbeln: "Shekhar Kapur (der Regisseur von
'Elizabeth') hat in Indien einen Comicbuch-Verlag gegründet und
Richard Branson von Virgin steckt da Geld rein. Shekhar versucht,
mich und John Woo dazu zu bringen, alle Drehbücher, die nicht
weiterkommen, zu nehmen und daraus Comics zu machen. Dann wird
Hollywood ganz aufgeregt und daran interessiert, einen Film aus dem
Comic zu machen. Jemand hat mir geraten, 'Defective Detective' als
ein Comic oder sogar als Zeichentrickfilm zu realisieren und
vielleicht ist es das, was passieren sollte. Bis jetzt liegt es nur
da und kommt nicht weiter."
Ein anderes Projekt, das seit Jahren feststeckt, ist die Verfilmung
von Terry Pratchetts "Good Omens". Gilliam versuchte bereits 2001,
das nötige Geld aufzutreiben, mit Robin Williams und Johnny Depp im
Hintergrund. Zu diesem Zeitpunkt - nach dem 11. September - waren
die Studios jedoch nicht daran interessiert, eine apokalyptische
Komödie zu produzieren. Ob er heute mehr Aussicht auf Erfolg hat,
ist fraglich. "Es ist teuer, das ist das Problem. Was mir jetzt
Sorgen macht, ist, dass die Atmosphäre da draußen so verängstigt
und zaghaft ist. Und wenn man teure Filme macht, will man
anscheinend sehr sichere teuere Filme. Dies ist einfach ein
wundervolles Buch und ich glaube, unser Drehbuch ist auch gut. Ich
will mein eigenes Ding machen. 'Good Omens' und 'Defective
Detective' sind wunderbar und ich kann sie scheinbar nicht in
Bewegung bringen.
Eigentlich versuche ich, den Produzenten meiner Träume zu finden,
der große Macht hat und mag, was ich mache und mir helfen wird! Ich
bin niemals bei einem Produzenten geblieben. Was Produzenten
angeht, bin ich ziemlich herumgekommen - was sehr schlecht ist,
weil ich niemals diese Art Brian Grazer-Ron Howard-Beziehung
aufbauen konnte. (...) Ich wünsche mir, dass ich noch ein paar
Filme mache, bevor ich ins Gras beiße... Wir werden sehen."