Gestern, am zweiten Tag des Filmfestes in Cannes, wurde der bis
dato eindeutig zu den Favoriten gezählte Film POLA X aufgeführt -
nicht ohne reichlich folgendem Diskussionsbedarf.
Gestern, am zweiten Tag des Filmfestes in Cannes, wurde der bis
dato eindeutig zu den Favoriten gezählte Film POLA X aufgeführt -
nicht ohne reichlich folgendem Diskussionsbedarf. Der seit acht
Jahren erste Film des französischen Filmemachers Leos Carax,
brachte einige Kontroversen auf den Tisch: Jury-Mitglieder,
Kritiker und Gäste der 52. Internationalen Filmfestspiele von
Cannes debattierten heftig um die darin dargestellten
Hard-Core-Sexszenen.
Catherine Deneuve und Guillaume Depardieu, der Sohn von Frankreichs
Nummer eins Gérard Depardieu, spielen die Hauptrollen in dieser
dunklen und vielschichtigen Geschichte, einer Adaption des
19.Jh.-Romans von Herman Melville.
Guillaume Depardieu tritt hier als erfolgreicher Autor auf, der ein
ruhmreiches und priviligiertes Leben genießt - bis zu dem Tag, an
dem seine Halbschwester aufkreuzt, und ihn aus seinen geregelten
Bahnen wirft. Die skandalösen Szenen des Films folgen dem Weg, der
diese inzestuöse Beziehung nimmt: In klaren, unzweideutigen und
intensiven Bildern stellen Depardieu und seine russische
Filmpartnerin Katerina Golubeva so ihre Körper zur Schau.
Gerade diese Szene soll für Regisseur Carax der Grund gewesen sein,
wieso er den Film überhaupt gedreht habe. "Von Anfang an, seit dem
ich begonnen habe Filme zu drehen, wollte ich eine Liebesszene
zwischen einem Bruder und einer Schwester filmen", so Carax.
Außerdem erklärte er, daß die Schwierigkeit nicht an den Sex-Szenen
an sich läge - im Gegenteil, sie seien für ihn ebenso leicht, wie
eine "Szene im Café oder im Restaurant" zu drehen -, sondern
vielmehr daran, eine intime Atmosphäre in der Menschen mittels
Blicken und Gesten kommunizieren filmisch herzustellen.
Dem würde die Regisseurin und Feministin Catherine Breillat
zustimmen. Ihr ebenfalls in Frankreich auf starke Ressonanz
gestoßener, aber auch genauso kontrovers behandelter Film ROMANCE,
der von den Kritikern als "erster Mainstream-Pornofilm" bezeichnet
wurde, beinhaltet einige reale Sex-Szenen, die von den Akteuren
selbst dargestellt wurden.
Jene sind im allgemeinen zumeist nicht sehr begeistert, wenn es um
solche Inszenierungen geht. So gesteht Depardieu lächelnd: "It was
difficult having to be in the proper position" - vorallem wenn es
dabei um eine Nahaufnahme geht...
Neben diesen heiß-diskutierten Filmen, sind im Wettbewerb unter
anderem auch "Moloch" (ein Film von Regisseur Alexander Sokurow um
die Geschichte von Eva Braun und Adolf Hitler - wahrscheinlich
nicht minder stark kritisiert...) und "Der Barbier von Sibirien"
von Nikita Michalkow, mit dessen Aufführung am Mittwoch abend die
Filmfestspiele offiziell begonnen haben.
Eröffnet wurde der Filmwettbewerb von der britischen Schauspielerin
Kristin Scott-Thomas; zuvor wurden Bilder des Films "2001 - Odyssee
im Weltraum" des kürzlich verstorbenen Regisseurs Stanley Kubrick
gezeigt, um dann daraufhin die 3.000 Gäste zu begrüßen. Unter denen
sich - wie immer - ein großes Staraufgebot befindet: Jeremy Irons,
Liz Taylor, Victoria Abril, Peter Fonda und Rupert Everett werden
erwartet, Carole Bouquet und Gerard Dapardieu haben auch bereits
zugesagt. Letzterer wird sicherlich erst Recht mit Spannung die
Präsentation der Filme mitverfolgen....