Die größte Überraschung der 75. Academy Awards war wohl Roman
Polanskis Auszeichnung als Bester Regisseur. Der 69jährige war
nicht nur kein Favorit, sondern auch nicht anwesend - in den USA
erwartet ihn eine Gefängnisstrafe von 50 Jahren
Die größte Überraschung der 75. Oscar-Verleihung war wohl Roman
Polanskis Auszeichnung als Bester Regisseur (für "Der Pianist").
Der 69jährige Pole war nicht nur kein Favorit, sondern auch nicht
anwesend.
Seit 1977 ist Polanski den Vereinigten Staaten ferngeblieben - denn
dort erwartet ihn eine Gefängnisstrafe von 50 Jahren. Er war für
schuldig befunden worden, Sex mit einer 13jährigen gehabt zu haben.
Der verantwortliche Richter verhinderte damals eine
außergerichtliche Einigung und Polanski floh nach Frankreich. Auch
in England und Kanada kann der Regisseur seither nicht mehr drehen
- er fürchtet, ausgeliefert zu werden.
Gestern wurde Polanskis Dankesrede veröffentlicht:"Ich bin tief
gerührt für eine Arbeit ausgezeichnet zu werden, die Ereignisse aus
meinem eigenen Leben sehr nahe berühren; Ereignisse, die mir zu
verstehen gaben, dass Kunst Schmerz umwandeln kann."
In "Der Pianist" verarbeitete Roman Polanski eigene
Kindheitserinnerungen: Als Kind entkam er aus dem jüdischen Ghetto
in Krakau (während der Nazi-Besetzung), war danach lange Zeit dem
Wohlwollen von Fremden ausgeliefert und traf seinen Vater erst
Jahre später wieder. Seine Mutter wurde in Auschwitz ermordet. 1969
wurde auch seine hochschwangere Frau, die Schauspielerin Sharon
Tate, umgebracht - von Anhängern des wahnsinnigen Hippies Charles
Manson.
Vielleicht geht es für Polanski jetzt wieder aufwärts. Sein Agent
Jeff Berg verriet, es gäbe derzeit "gewaltiges Interesse" an dem
Regisseur im Exil. Durch den Oscar-Ruhm erinnert man sich wieder
seiner früheren Meisterwerke wie "Rosemaries Baby", "Chinatown" und
des Kultklassikers "Tanz der Vampire".
Drehbuchautor Ronald Harwood - ebenfalls für "Der Pianist" mit
einem Oscar ausgezeichnet - hofft, dass sich nun die Aufmerksamkeit
der Medien von Polanskis Flüchtlingsstatus auf seine Filme
verlagern werde. Seiner Meinung nach wolle die Presse Roman
Polanski "nicht als Künstler behandeln. Sie wollen ihn als
Berühmtheit behandeln, die einen Skandal im Hintergrund hat."