Zehn Jahre nach ihrem Tod wurde Marlene Dietrich gestern posthum
zur Ehrenbürgerin Berlins ernannt
1960: Marlene Dietrich, inzwischen US-Bürgerin und seit Beginn der
dreißiger Jahre in den Vereinigten Staaten lebend, kehrt für eine
Tournee unter anderem in ihre Heimatstadt Berlin zurück. Dort
empfangen sie neben Begeisterung auch Plakate von Demonstranten,
auf denen "Marlene, go home!" und "Ami-Hure" zu lesen ist. Die
Diva, die sich nicht vom Dritten Reich hatte vereinnahmen lassen
und Hitler öffentlich als "Idioten" beschimpfte, beschließt, nie
wieder in ihr geliebtes Berlin zurückzukehren.
2002: Reichlich lange hat es gedauert, bis sich die deutsche
Hauptstadt dazu durchringen konnte, Marlene Dietrich zur
Ehrenbürgerin zu erklären. Der Weltstar selbst kann es jedenfalls
nicht mehr erleben, er starb vor zehn Jahren in Paris und wurde in
Berlin beerdigt. Kein Lokalpolitiker fand sich damals am Grab ein.
Gestern hielt Bürgermeister Klaus Wowereit die Laudatio.
Stellvertretend nahm Marlenes Enkel Peter Riva im Roten Rathaus die
Urkunde entgegen. "Ich glaube, dass Marlene Dietrich vom Himmel
herunterguckt und sich freut", meinte der wie seine Oma in den USA
lebende 52jährige in seiner Dankesrede.
Wowereit nannte den Prozess der Annäherung von Berlin an seine
berühmteste Tochter eine "Geschichte voller Peinlichkeiten". Wie
wahr: Vor Jahren gab es den Vorschlag, eine Straße nach Marlene zu
benennen - eine von Schrottplätzen umgebene im Bezirk Tempelhof.
Selbst das scheiterte am Widerstand der Anwohner. Auch in ihrem
Geburtsbezirk Schöneberg wollte man keinen Platz nach ihr benennen.
Inzwischen schmückt sich wenigstens am Potsdamer Platz ein Platz
mit ihrem Namen.
Jetzt ist der Star die fünfte Frau, die zur Ehrenbürgerin Berlins
ernannt worden ist. "Sie war eine weltläufige Frau, die trotz
großer Anfeindungen ihre Berliner Wurzeln nie vergaß und sich stets
zu ihrer Heimatstadt bekannte", meinte Wowereit. Was sich 1960
abgespielt hatte, sei beschämend gewesen: "Dafür kann es kein
Verständnis geben." Klare Worte. Aber wie der Bürgermeister selbst
eingestand, kommen sie "spät, vielleicht sogar zu spät."