Der englische Darsteller Sir Nigel Hawthorne ist gestern Morgen
im Alter von 72 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben
Das Weihnachtsfest 2001 ist das letzte für Sir Nigel Hawthorne
gewesen. Wie sein Agent gestern mitteilte, starb der englische
Schauspieler gestern Morgen gegen etwa halb zehn zu Hause in
Herfordshire an einem Herzinfarkt, der laut Agent Ken McReddie
"durch die Anstrengung dessen allen verursacht worden sein kann. Mr
Hawthorne hat seit zwei Jahren Bauchspeicheldrüsenkrebs bekämpft."
Der 72jährige war deshalb zuletzt im Krankenhaus in
chemotherapeuthischer Behandlung, und im Frühjahr waren ihm Tumore
entfernt worden. McReddie würdigte Nigel als einen "brillanten
Schauspieler und wundervollen Freund."
Der 1999 von der Königin geadelte Mime wurde am 5. April 1929 als
zweites von vier Kindern eines Arztes in Coventry geboren, wuchs
aber in Südafrika auf, nachdem seine Familie 1933 "der Sonne wegen"
dorthin ausgewandert war. In Kapstadt begann er nach schwerer
Kindheit und einem abgebrochenen Studium 1950 seine Karriere auf
der Bühne und ließ sich mit 22 Jahren in London nieder. Nach einer
Rückkehr nach Südafrika 1957 gab er 1962 sein Debut im Londoner
West End. In Film und Fernsehen arbeitete er erst ab Mitte der
Siebziger.
Bekannt wurde er als Darsteller erst relativ spät in seinen
Fünfzigern. Die ab 1980 ausgestrahlte, langlebige Fernsehserie
"Yes, Minister" und die Fortsetzung "Yes, Prime Minister" ab 1986
machte ihn auf der Insel in der Rolle des Sir Humphrey Appleby
populär. Hawthorne wurde mit insgesamt drei British Academy Awards
ausgezeichnet und sogar von Premierministerin Margaret Thatcher in
die Downing Street eingeladen. "Ich bin immer wieder erstaunt, wie
sehr sich die Menschen an diese Serie erinnern. In Amerika kommen
die Leute auf mich zu und sagen: Hi, Sir Humph! Ich kann heut zu
Tage durch Whitehall spazieren und jeder Polizist auf Streife grüßt
mich", meinte Nigel zu seiner bekanntesten Rolle.
International ein Begriff wurde er 1995 durch seine
"Oscar"-nominierte Leistung in der Titelrolle von "King George -
Ein Königreich für mehr Verstand". Für diesen Part war der Akteur
bereits 1992 mit dem Bühnenpreis Olivier Award ausgezeichnet
worden. Ein Jahr zuvor hatte er den Tony Award für seine
Theaterleistung am Broadway als Schriftsteller CS Lewis in
"Shadowlands" erhalten, für die Verfilmung musste Hawthorne 1993
Anthony Hopkins den Vortritt lassen, was ihn schmerzte. So
beschloss er, sich in Hollywood bemerkbarer zu machen und übernahm
1993 einen Part in dem Sylvester Stallone-Kracher "Demolition Man".
Weitere größere Filmrollen in den Neunzigern waren die in "Richard
III" von 1995, in Steven Spielbergs "Amistad" von 1997, "Liebe in
jeder Beziehung" von 1998 und "The Winslow Boy" von 1999.
Zuletzt war Sir Hawthorne zusammen mit Whoopi Goldberg in dem
US-Fernsehfilm "Call Me Claus" aufgetreten, in welchem er Santa
Claus verkörperte. Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit stellte
sich der Mime für die Werbekampagne zur Verfügung, als "Call Me
Claus" auf Video herausgebracht wurde. Auf der Bühne war er Anfang
vergangenen Jahres zum letzten Mal als "King Lear" zu sehen.
Sein Erfolgsrezept als Schauspieler beschrieb Nigel vor zwei Jahren
in einem Interview:"Statt dass ich lustige Nasen aufsetzte,
komische Stimmen machte und schauspielerte, wurde ich um so
erfolgreicher, je mehr ich ich selbst war, je besser ich verstand,
wer ich war, und je mehr ich dieses fehlbare, absurde Wesen, das
wir alle sind, darstellte."
Weniger er selbst wollte der Darsteller allerdings sein, wenn seine
Homosexualität thematisiert wurde. Auf Zeitungsberichte über seine
25 Jahre währende Partnerschaft mit dem Theatermanager Trevor
Bentham reagierte er allergisch. Erst zur "Oscar"-Verleihung 1995
wurde Nigels sexuelle Orientierung bekannt. Sein Standpunkt
war:
"Ian McKellen hat immer gesagt, ich solle mich zu meiner
Homosexualität bekennen. Aber weshalb? Ich finde, dass um
Schwulsein zu viel Tamtam gemacht wird. Ich bin mein ganzes Leben
homosexuell gewesen. Mein Partner und ich wollen nicht aufstehen
und sagen, dass wir schwul sind, weil wir das für falsch halten.
Die beste Art, von Menschen akzeptiert zu werden, ist, sich in der
Gesellschaft zu bewegen und ihnen zu zeigen, dass es nichts gibt,
wovor man Angst haben muss."