Vor eineinhalb Jahren erlitt Charles Regnier einen Gehirnschlag, von dem sich der Darsteller noch gut erholte. Doch der zweite Schlaganfall im Herbst letzten Jahres machte ihn arbeitsunfähig, so dass er die Premiere des Theaterstücks "Endspurt" in Berlin absagen musste. Im Alter von 87 Jahren starb Regnier am Donnerstag an der Folgen seiner Krankheit in einer Klinik in Bad Wiessee am Tegernsee. Wie sein Sohn Anatole am Freitag der Presse mitteilte, sei sein Vater "nach einem langen Leiden friedlich eingeschlafen".
Charles wurde am 22. Juli 1914 im schweizerischen Freiburg in ein großbürgerliches, zweisprachiges Milieu geboren. Sein Vater war Arzt, die Großeltern besaßen ein großes Hotel in Badenweiler. Seine Jugend verbrachte er bei den französischsprachigen Großeltern in Montreux am Genfer See. So kam es, dass Regnier fließend französisch sprach, später in einigen französischen Filmen mitwirken konnte und sich auch als Übersetzer französischer Autoren wie Jean Cocteau und Georges Simeon einen Namen machen sollte. Anfang der dreißiger Jahre begann der Schweizer ein Schauspielstudium in Berlin, floh 1933 dann aber vor den Nationalsozialisten ins italienische Portofino. Später kehrte er nach Berlin zurück und beendete sein Studium. Erste Theaterstationen waren noch vor dem Krieg Hannover und Greifswald, wo er Pamela Wedekind, die Tochter des Dichters Frank Wedekind, kennenlernte. Von 1941 bis 1986 bis zu Pamelas Tod führten die beiden eine glückliche Ehe, aus der drei Kinder hervorgingen. 1942 ging Charles an die Münchener Kammerspiele. Danach folgten Engagements in Düsseldorf, Bochum, Wuppertal, Zürich, Hamburg und Wien. Zu seinen besten Rollen gehörten die in Heinar Kipphardts "Oppenheimer", Peter Weiss' "Die Verfolgung und Ermordung Jean-Paul Marats" und Friedrich Dürrenmatts "Die Ehe des Herrn Mississippi".
Mit seiner schnarrenden Stimme und der dezidierten Spielweise gewann der Mime auch in Film und Fernsehen Profil. 1949 hatte er seine erste Filmrolle in dem Drama "Der Ruf", der über 80 weitere folgen sollten. Regnier stellte dabei vom Kommissar bis zu zwielichtigen Gestalten so ziemlich alles dar und war in den Fünfzigern und Sechzigern ein vielbeschäftigter Charakterdarsteller auf der Leinwand in allerdings meist belanglosen Streifen. In den siebziger Jahren spielte er mehr im Fernsehen, wo er mit "Mordkommission" auch seine eigene Serie hatte, die Kinorollen wurden seltener. Zuletzt war er auf der Leinwand in dem Abenteuerfilm "Cascadeur" von 1998 und dem Drama "Die Unberührbare" von 2000 zu sehen. In den letzten 20 Jahren ging Regnier hauptsächlich mit Boulevardstücken auf Tournee, in denen auch Sonja Ziemann, die er 1989 geheiratet hatte, mitwirkte.