Die Preisverleihungssaison wird um einen Termin angereichert:
Das American Film Institute will im Januar erstmals eigene Preise
für die Jahresbesten stiften - dabei stöhnten bereits in diesem
Jahr alle über den Galamarathon
Die relativ schwachen Einschaltquoten der diesjährigen
"Oscar"-Verleihung lagen für manche Beobachter auch darin
begründet, dass die amerikanische Öffentlichkeit bis zu der
Mega-Veranstaltung Ende März bereits allzu gesättigt mit
Preisverleihungen gewesen sei. Immer mehr Bestenlisten und Galas
würden die Besten eines Jahres küren, so dass man im schlimmsten
Fall ständig dieselben Sieger die gleichen Dankesreden habe
schwingen hören.
Doch der Kalender scheint für die nächste Preisverleihungssaison
noch um einen weiteren Termin verstopft zu werden, denn das
American Film Institute kündigte gestern an, es werde am 5. Januar
seine eigenen Preise für Leistungen in Film und Fernsehen in einer
dreistündigen Fernsehsendung überreichen. Das AFI setzt sich damit
noch vor die Golden Globes, Directors Guild Awards und Screen
Actors Guild Awards, welche als die wichtigsten Gradmesser auf dem
Weg zu den Academy Awards gelten.
Zur Begründung des Vorhabens erklärte die AFI-Vorsitzende Jean
Picker Firstenberg: "Amerikaner lieben ihre Filme, und sie lieben
ihre Filmemacher. Wir meinten, dass wir in diesem zweiten
Jahrhundert des Kinos ein Jahrbuch veröffentlichen sollten, statt
bis zum Ende der nächsten hundert Jahre abzuwarten."
Innerhalb der AFI Awards soll es einen Countdown der zehn
"herausragendsten amerikanischen Filme des Jahres" geben. Dabei
sollen keine Individuen, sondern jeweils das gesamte Team der zehn
besten Filme geehrt werden. Außerdem sollen bis zu sechs
"bedeutende Momente" des jeweils letzten Jahres hervorgehoben
werden, die den Einfluss von Politik, Kultur und Technik auf die
Filmindustrie symbolisieren. Ansonsten werden, wie bei den anderen
Preisverleihungen auch, der "Beste Film", die "Beste
Hauptdarstellerin" und so weiter ausgezeichnet.
Das American Film Institute ist eine gemeinnützige Organisation,
die 1967 mit dem Ziel gegründet wurde, "die Kunst der bewegten
Bilder voranzutreiben und zu bewahren", und für ihre Bestenlisten
bekannt ist. Laut der AFI-Vorsitzenden sind die AFI Awards kein
Versuch, die "Oscar"-Verleihung vorwegzunehmen: "Die Academy ist
eine bedeutende Organisation. Das American Film Institute ist eine
Bildungs- und Kultureinrichtung. Wir nehmen unseren Platz neben
unserer Schwester mit großem Respekt ein."
Diese reagierte mit Spott auf die Ankündigung einer neuen
Preisverleihungsshow: "Ich denke, das AFI befriedigt einen
dringenden Bedarf", ätzt Bruce Davis, ein Manager der Academy of
Motion Picture Arts and Sciences, welche die "Oscars" auslobt. "In
den letzten Jahren hat es im Januar bis zu drei Tage hintereinander
gegeben, in denen niemand eine Filmpreisshow veranstaltete, und ich
glaube, diese Lücke wird jetzt sehr schön geschlossen."
Einen griffigen Namen oder einen Gastgeber hat das AFI für seine
Preise noch nicht gefunden; es wird auch noch an einem Design
gearbeitet. Ein 13köpfiges Komitee entscheidet über Nominierungen
in zwölf Kategorien. Eine Jury von 100 AFI-Experten wählt dann die
Sieger. Diese Jury setzt sich aus AFI-Mitgliedern, Kritikern,
Künstlern und Filmhistorikern zusammen. Miss Firstenberg erklärt
dazu: "Es ist keine Berufsgruppenpreis, es ist kein Künstlerpreis,
es ist kein Kritikerpreis, es ist kein Filmhistorikerpreis. Es ist
eine Kombination aus all diesen Berufsgruppen, die ihr Leben der
Kunst der bewegten Bilder gewidmet haben und um ihr kollektives
Urteil über die besten Filme des Jahres gebeten werden."