Obwohl nur ein 25minütiger Zusammenschnitt aus allen drei Teilen
von "Herr der Ringe" gezeigt wurde, war die Vorführung das
Tagesgespräch beim Filmfestival in Cannes
Mit großer Spannung erwarten nicht nur JRR Tolkien-Fans die Ankunft
des ersten Teils von Peter Jacksons Leinwandtrilogie "Der Herr der
Ringe". Auch die allgemeine Reporterschar, die am Freitag
anlässlich der Filmfestspiele von Cannes zu einer ersten
Exklusivvorführung eingeladen worden war, konnte sich dem
Faszinosum der Romanverfilmungen nicht entziehen, und schon bald
drängte "Der Herr der Ringe" als Gesprächsthema alle anderen Filme
in den Hintergrund.
Wieder mal machte der Satz "Der beste Film ist nicht im Wettbewerb"
die Runde, was, angesichts der lauen bis ablehnenden Reaktionen auf
das meiste bisher Gezeigte bei den 54. Filmfestspielen an der Cote
d´Azur nicht weiter verwunderlich wäre. Aber von "Der Herr der
Ringe" bekam die Presse lediglich einige Szenen aus allen drei
Teilen als 25 Minuten langen Zusammenschnitt zu sehen. Robert
Shaye, der Vorsitzende der Produktionsgesellschaft New Line Cinema,
die das Mega-Projekt für 270 Millionen Dollar stemmt, leitete die
Vorführung mit den Worten ein: "Sie sind buchstäblich das erste
Publikum, das den Zusammenschnitt eines Werkes, das noch in Arbeit
ist, zu sehen bekommt, aber dieser bietet schon einen Vorgeschmack.
Um es mit einem Ausdruck aus der Juristensprache zu sagen: Ich
glaube, die Sache spricht für sich."
Regisseur Peter Jackson, der nach Shaye sprach, meinte: "Es ist ein
wenig seltsam, etwas sechs Monate, bevor es in die Kinos kommt, zu
zeigen, und wir haben lange und gründlich nachgedacht, was wir
zeigen können. Der Film kam noch nass am Flughafen an, und unser
Team hat gepustet, um ihn zu trocknen. Das ist ein Werk in Arbeit.
Bitte berücksichtigen Sie das bei ihrem Urteil!".
Der 25minütige Zusammenschnitt setzte sich passenderweise aus drei
Teilen zusammen: Als erstes wurde ein siebenminütiger Ausschnitt
gezeigt, in dem die Handlung umrissen wurde und viele der
Hauptfiguren, darunter Ian McKellans Gandalf, Ian Holms Bilbo
Baggins und Elijah Woods Frodo Baggins, eingeführt wurden. Als
zweites gab es eine 14 Minuten lange atemberaubende Sequenz, in der
sich die neunköpfige Bruderschaft des Ringes in von Zwergen
geschaffene Minen begibt, die einer großen steinernen Kathedrale
ähneln. Zum Schluss folgten vier Minuten, in denen Bilder aus dem
zweiten und dritten Film zusammengeschnitten waren, um "Ihnen eine
Vorstellung vom Ganzen zu vermitteln", wie Jackson
erläuterte.
Laut eines Reporters ist Jacksons Vision von Mittelerde in seinem
magischen Stil mit mittelalterlichen Legenden vergleichbar, und der
Gebrauch von Digitaleffekten, Action, Charakteren und dem
Produktionsdesign habe auf diesen ersten Blick keinen einzigen
Misston erkennen lassen. Er war offensichtlich nicht der Einzige,
der dieser Meinung war, denn am Ende der Vorführung wurde
applaudiert.
Auch wenn es nicht unüblich ist, dass in Cannes Filme gezeigt
werden, die noch nicht fertig sind, so ist der Medienrummel, den
New Line Cinema um die paar Minuten Zelluloid macht, bisher noch
nicht dagewesen. Das ganze Wochenende lang wurde die "Herr der
Ringe"-Aufführung von Presse- und Interviewterminen flankiert. Zu
diesem Zweck waren neben Jackson, Wood und McKellen auch Liv Tyler
alias Arwen, Viggo Mortensen alias Aragorn, Sean Bean alias
Boromir, Sean Astin alias Samwise Gamgee und Christopher Lee alias
Saruman am Freitag nach Südfrankreich gereist.
Der erste Teil, "The Fellowship of the Ring", kommt im Dezember in
die Kinos, die beiden weiteren Teile folgen dann jeweils im
einjährigen Abstand.