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Äußerst freizügig: Britische Zensoren lassen "Intimacy" passieren

Britische Zensoren lassen "Intimacy" passieren

Bisher drohte das Übel ja vom Kontinent, namentlich aus Frankreich, aber jetzt kommt ein britischer Film in die Kinos des United Kingdom, der wegen seiner drastischen Sexszenen ebenso für eine Kontroverse sorgt wie vor ihm die französischen Streifen "Romance" und "Fick mich". Die britische Zensurbehörde British Board of Film Classification hat das Drama "Intimacy" nun ohne Schnitte passieren lassen und ihm im vergangenen Monat das Zertifikat "Ab 18 Jahren" gegeben. Damit setzt das BBFC seine seit letztem Jahr eingeschlagene liberale Linie in Sachen Zensur von Sexszenen fort. Denn derer gibt es in "Intimacy" nicht nur reichlich, der ganze Film besteht praktisch nur daraus, und das in bisher ungeahnter Deutlichkeit. Wenn "Intimacy" im kommenden Monat in den britischen Filmtheatern startet, dann werden die Zuschauer zum Beispiel Zeuge des ersten unzensierten Oralverkehrs. Das BBFC bewertet dies als "äußerst freizügig". Die Zensoren sind sich der Umstrittenheit ihrer Entscheidung bewußt. Sue Clark, die Sprecherin der BBFC, erläutert den Standpunkt der Behörde: "Das Publikum mag an freizügige Sexszenen in fremdsprachigen Filmen wie dem dänischen Idioten oder dem japanischen Im Reich der Sinne gewöhnt sein, aber dies ist das erste Mal, daß viele solche Szenen in einem englischsprachigen Film sehen werden. Es gibt darin eine sehr explizite Szene, in der Geschlechtsverkehr vorkommt, was man bis jetzt noch nicht zu sehen bekommen hat. Einige werden das für zu heftig halten, besonders wenn es sich hier um Schauspieler handelt, die sie kennen, aber wir haben den Film ohne Schnitte freigegeben, weil keine Gewalt vorkommt. Die zwei Menschen sind gleichermaßen in ihre Beziehung involviert, es gibt keinen Zwang, und es verstößt nicht gegen unsere Richtlinien. Ernsthaften Kinobesuchern wird der Film gefallen."
Weniger Gefallen findet diese Entscheidung natürlich bei den einschlägigen konservativen Gruppen, die sich unter dem Namen "Media Watch UK" zusammengeschlossen haben, um Auswüchsen in Sachen Sex und Gewalt in den Medien entgegenzutreten. Auch der Gewinn des Goldenen Bären auf der Berlinale im März mindert das Mißtrauen von John Milton Whatmore, dem Vorsitzenden von "Media Watch UK" nicht: "Ich habe Imtimacy nicht gesehen, aber wenn er so freizügig ist, wie es Berichte nahelegen, dann reicht es nicht, ihn ab 18 Jahren freizugeben. Es gibt 18jährige, die mit Sex und Sexualität zurechtkommen, und es gibt solche, die damit nicht zurechtkommen. Junge, beeinflußbare Menschen werden von dem beeinflußt, was sie auf der Leinwand sehen, und wenn man zu viele explizite Informationen zu früh auf sie losläßt, kann man sie verwirren oder verängstigen. Ich gebe den Filmemachern nicht die Schuld, daß sie einen Film gemacht haben, von dem sie meinen, daß er künstlerischen Wert habe. Es liegt an den Zensoren, die Öffentlichkeit zu schützen, und indem sie diesen Film freigeben, werden sie ihrer Aufgabe nicht gerecht."
Jede Aufregung um "Intimacy" kann den Produzenten indes nur recht sein, denn es erhöht das Interesse an einem Film, dessen Publikumswirksamkeit eher begrenzt sein dürfte. Anna Butler, die Marketing-Chefin des Verleihers Pathé, wehrt sich dennoch gegen die Vorwürfe von "Media Watch UK": "Intimacy ist ein seriöser und intelligenter Film. Es gibt Sexszenen, die aber nicht ausgeschlachtet werden. Sie stehen im Kontext der Beziehung. Sie sind nicht anstößig und werden von großartigen Schauspielern gespielt, inszeniert von einem namhaften Regisseur."

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