Als sie am Sonntag in L.A. den Oscar als beste Hauptdarstellerin
in Empfang nahm, gab sie sich vor Freude einer Heulorgie hin.
Inzwischen dürfte Gwyneth Paltrow eher aus Frust einige Tränchen
verdrücken.
Denn so richtig gönnen will ihr (fast) niemand den Oscar. In den
USA wird hartnäckig das Gerücht verbreitet, die Oscars für
"Shakespeare in Love" seien
"erkauft"worden. Die Engländer witzelten über die ach so peinliche
Dankesrede, abgesehen davon daß sie den Oscar viel lieber in den
Händen der Britin Emily
Watson gesehen hätten. Und natürlich sind sie der Meinung,
daß eine amerikanische Schauspielerin in einem Film über den
britischen Nationalbarden William Shakespeare prinzipiell schon
eine Fehlbesetzung ist.
Inzwischen haben sich auch noch die australischen Medien zu Wort
gemeldet, die, wie sollte es anders sein, fest davon überzeugt sind
daß eigentlich Cate Blanchett den Oscar hätte erhalten müssen.
Paltrow habe zwar auch recht gut gespielt, aber die Australierin
Blanchett habe mit ihrer Hauptrolle in "Elizabeth" um Längen
geschlagen. Meint zumindest John Clark und der ist - Überraschung -
Direktor der ehemaligen Schauspielschule Blanchetts. Derweil greift
der australische "Daily Telegraph" die amerikanischen Gerüchte auf
und unterstellt Miramax-Boss Harvey Wenstein, die Academymitglieder
mit freundlichen Einladungen in gute Restaurants geködert zu haben.
Daher hätte der Oscar eigentlich mit einem Preisschild versehen
sein müssen. Einzig John Scott, Pressesprecher für Polygram
Australien, blieb gegenüber der Presse diplomatisch. Er meinte,
schon die Nominierung sei eine große Ehre, außerdem seien die
Australier natürlich extrem stolz auf "ihre" Cate gewesen, und
daher möglicherweise auch ein wenig betriebsblind. Diese Diplomatie
wurde Scott allerdings nicht gerade hoch angerechnet. Die
Schreiberlinge des "Daily Telegraph" unterstellten ihm die
diplomatische Seite nur deswegen herauszukehren, weil er im
Filmgeschäft arbeiten will. Daß der Mann schon einen recht guten
Job und daher gar keinen Grund, sich anzubiedern hat, wurde bei
dieser Behauptung offenbar übersehen.
Zu guter Letzt mußte natürlich auch noch die brasilianische
Schauspielerin Fernanda
Montenegro, für ihre Hauptrolle in "Central Station" nominiert, ihrem Unmut
Luft machen. Denn, wen wundert's, an sich hätte natürlich sie den
Oscar bekommen müssen. In einem Fernsehinterview nöhlte sie,
Paltrow sei "diese romantische Figur, dünn, rein, jungfräulich. Die
haben nicht viele Schauspielerinnen ihres Typs in Amerika." Ihrer
Wut richtig Luft gemacht hatte Fernanda damit allerdings noch
nicht. Denn immerhin wurde "ihrem" Film "Central Station" noch von
einem anderen in die Oscarpläne gepfuscht: Roberto Benigni. Dessen
"Das Leben ist schön" schnappte "Central Station" den Oscar für den
besten fremdsprachigen Film vor der Nase weg. Und auch das kann
nicht mit rechten Dingen vor sich gegangen sein, meint Montenegro:
"Er hat es nicht verdient, zu gewinnen. Ich denke selbst Benigni
hat das gewußt. Der Film war schwach... Ich denke, es war einfach
er (Benigni) der gewonnen hat, nicht der Film selbst."
In dem allgemein aufbrandenden Neid, Gemecker und Genöhle blieb nur
eine der Nominierten friedlich: Meryl Streep. Die zeigte sich nicht
als beleidigte Zicke, sondern als richtig gute Verliererin. Mehr
davon!