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Der Jude und das Mädchen

Joseph Vilsmaier verfilmt Geschichte aus NS-Zeit

Joseph Vilsmaier erzählt wieder eine Geschichte aus der deutschen Vergangenheit, die mit ihrem Haß, Lügen und Mißgunst zeitlos ist

Joseph Vilsmaier leckt nach dem künstlerischen und kommerziellen Debakel "Marlene" nicht lange seine Wunden, sondern dreht bereits wieder seinen nächsten Kinofilm, der im Herbst nächsten Jahres in die Filmtheater kommen soll.

"Leo und Claire" erzählt die wahre Geschichte des jüdischen Unternehmers Leo Katzenberger und der nicht-jüdischen Photographin Irene Scheffler, die 1942 in Nürnberg vor Gericht gestellt wurden, weil sie angeblich eine Beziehung unterhielten - was im Dritten Reich als "Blutschande" mit der Todesstrafe bedroht wurde. Bis heute ist nicht geklärt, ob der alte Herr und die junge Frau wirklich intim miteinander gewesen waren - Irene gab vor Gericht nichts zu, ließ sich auch durch das Gebrüll des Richters nicht einschüchtern. Klar ist aber, daß ein Gemisch aus Haß, Mißgunst und Lügen die Nachbarn Katzenbergers dazu brachten, die Beiden zu denunzieren. Der Jude wurde hingerichtet, das Mädchen mußte für zwei Jahre ins Gefängnis. Bezeichnend ist übrigens, daß Frau Scheffler nach dem Krieg vergeblich eine Wiedergutmachung an deutschen Gerichten zu erreichen versuchte.

Die SPIEGEL-Reporterin Christiane Kohl hat das Geschehen 1997 in ihrem Sachbuch "Der Jude und das Mädchen" lückenlos dokumentiert - und die menschlichen Abgründe, die sich hier auch jenseits der Politik auftun, scheinen in der Tat für eine Verfilmung bestens geeignet. Produzent Reinhard Klooss ("Asterix und Obelix gegen Cäsar") hat für Vilsmaier das Drehbuch verfaßt, das nun für zehn Millionen Mark vor Ort in Nürnberg realisiert wird, unter anderem auch in dem Gerichtssaal, in dem die Verhandlung stattfand und der später durch die Kriegsverbrecherprozesse weltberühmt wurde.

Der Film wird sich, wie der Titel schon andeutet, auf das Verhältnis der Ehefrau Claire zu ihrem Mann Leo konzentrieren. Claire hatte trotz aller Verleumdungen zu ihrem Mann gestanden. Den Hauptdarstellern Suzanne von Borsody ("Marlene"), Michael Degen ("Manila") und Franziska Petri ("Vergiß Amerika") kommt es darüberhinaus darauf an, das Zeitlose der Geschehnisse zu verdeutlichen. "Es geht um Dinge wie Verleumdung, Neid und Mißgunst - Eigenschaften, die es nicht nur zu NS-Zeiten gab", erklärt Frau von Borsody, während Degen, der als jüdisches Kind die NS-Zeit in Verstecken überlebt und dies in seinem Buch "Nicht alle waren Mörder" dargelegt hat, meint: "Ich spiele diesen Film aus Trotz, denn es gibt keine Chance, vor dieser Zeit und der ewig währenden Mißgunst der Menschen zu fliehen." Franziska Petri, die den Part der Irene übernommen hat, findet: "Das Faszinierende an dem Stoff ist seine absolute Greifbarkeit. Die Summe von sechs Millionen getöteten Juden ist kaum faßbar. Aber die Denunziation unter Nachbarn und Bekannten, die über Jahre die Atmosphäre eines Ehepaares vergiftet und schließlich sogar zum Tode führt, ist furchtbar konkret und somit auch verständlich."

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