Winona Ryder wurde mit einem Stern auf dem Hollywood Boulevard
geehrt - bevor ihr verlachter neuer Film mit einem Jahr Verspätung
in die Kinos kam
Vierzehn Jahre nach ihrem ersten Spielfilm und zwölf Jahre, nachdem
ihr Name ein Begriff geworden ist, wurde Winona Ryder ("Es begann
im September") am vorletzten Freitag als 2165. Star mit einem Stern
auf dem Hollywood Walk of Fame geehrt, der auf dem Hollywood
Boulevard und der Vine Street zu finden ist.
Trotz Regens hatten sich 500 Fans eingefunden, die die Einweihung
der Bodenplatte beobachteten und einer Laudatio von Anthony Hopkins
("Mission Impossible 2") lauschten.
Miss Ryder meinte zu der Auszeichnung: "Als ich davon hörte, dachte
ich, es sei ein Witz. Das ist so großartig für mich, es gibt mir
die Chance zu sagen: Man kann über mich hinweggehen."
Ein wenig Aufmunterung kann die 28jährige sicher gebrauchen, denn
nachdem "Durchgeknallt", in dem ihr Herzblut steckte und den sie
mit angeleiert hatte, an den Kinokassen floppte, kamen jetzt kurz
hintereinander zwei von den Kritikern verlachte Produktionen mit
ihr in die Kinos. Das Drama "Es begann im September", von den
Zuschauern mäßig angenommen, und seit letztem Wochenende der
Horrorfilm "Lost Souls", den New Line Cinema ein Jahr lang im Regal
verstauben ließ. Ursprünglich sollte die Produktion nämlich schon
im Oktober vergangenen Jahres starten.
Also, was war los? "Lost Souls" war 1997 als Projekt für Meg Ryan
("Aufgelegt") entwickelt worden, die dann aber lieber "Stadt der
Engel" für Warner Brothers drehte. Bevor New Line einen neuen Star
für die Geschichte einer jungen Katholikin, die einen Mann zu
überzeugen versucht, daß der Satan von ihm Besitz ergreifen will,
um die Weltherrschaft an sich zu reißen, gefunden hatte, wurde der
Regiestuhl besetzt. Der polnische Kameramann Janusz Kaminski ("Der
Soldat James Ryan") wollte sein Regiedebut geben. Erfrischend offen
gab er zu: "Das ist kein besonders ideales Projekt, aber niemand
wird mir ein ideales Projekt anvertrauen, ohne gesehen zu haben,
was ich als Regisseur leisten kann."
Mit Kaminski an der Flüstertüte unterzeichneten Winona und Ben
Chaplin ("Der schmale Grat"). Doch es gab Probleme. Die Produzenten
waren mit Janusz´ Arbeit unzufrieden und ließen zwei Versionen des
Finales neu drehen, daß ihnen zu "abrupt" erschien, um dann doch
auf das Original zurückzugreifen. Dazu rief man den "The Sixth
Sense"- Cutter Andrew Mondshein zu Hilfe, um die Schockszenen
"etwas gruseliger zu machen", wie New Line-Produzent Michael De
Luca ("Der Junggeselle") sich ausdrückt.
Doch dann verließen sie sie: Als New Line die Liste der
Gruselkonkurrenz sah, die ebenfalls im zweiten Halbjahr 1999 anlief
- "The Sixth Sense", "Echoes", "Stigmata" und "End of Days" - wagte
man es nicht, "Lost Souls" ins Rennen zu schicken: "Wir hatten
Angst, uns würden die Zuschauer wegbleiben", erklärt Kaminski. Also
wurde der Start auf Februar 2000 verschoben - und wieder verworfen,
als Miramax dort "Scream 3" präsentierte.
Brandon Gray, ein Experte in Sachen Kinostarts und
Einspielergebnisse bei boxofficemojo.com, hat eine Erklärung für
dieses Hase und Igel-Spiel: "Das zeigt, daß der Film in
Schwierigkeiten steckt. Die Produzenten glauben nicht, daß der Film
gut oder vermarktbar ist. Im Grunde haben sie ihn von Termin zu
Termin verschoben, um dann zu entscheiden, was als nächstes zu tun
ist."
Und die Version von der Horrorfilmschwemme vergangenes Jahr? "Alle
apokalyptischen Filme, die von Juli an in die Kinos kamen, machten
bis auf Echoes gute Geschäfte. End of Days holte über 60 Millionen
Dollar und Stigmata 50 Millionen Dollar. Es hätte mehr Sinn
gemacht, Lost Souls letztes Jahr aufzuführen, denn offensichtlich
wollte man aus dem Milleniumsthema Kapital schlagen", erläutert
Gray.
Die vernichtenden Kritiken scheinen der Variante, daß man bei New
Line die bescheidene Qualität des Streifens richtig einschätzte und
sich damit nicht auf die Leinwände traute, rechtzugeben. Regisseur
Janusz Kaminski ist da wieder ganz offenherzig: "Wenn die Leute
sich gruseln, ist das gut, auch wenn Lost Souls nicht so viel Geld
machen sollte. Denn ich finde, der Film ist okay."