Jodie Foster mußte mit Widerspruch rechnen, wenn sie eine so
kontroverse Figur wie Leni Riefenstahl zum Thema eines Films
macht
Für Jodie Foster ("Anna und der König") ist das Projekt "die größte
Herausforderung meines Lebens, aber etwas, was ich schon lange
machen wollte. Es gibt keine andere Frau im 20. Jahrhundert, die
gleichzeitig so bewundert und geschmäht worden ist."
Die Frau, um die es geht, ist niemand anders als Leni Riefenstahl,
die deutsche Filmemacherin und Photographin, die inzwischen das
stolze Alter von 98 Jahren erreicht hat. Was sie zu einer so
umstrittenen Persönlichkeit werden läßt, ist, daß niemand
bestreiten wird, daß sie eine große Künstlerin ist, die aber ihr
Talent allzu bereitwillig in der Zeit des Nationalsozialismus in
den Dienst der deutschen Propaganda gestellt hat. Ihre Filme
"Triumph des Willens" von 1934 und "Olympia" von 1936 sind
praktisch bis heute verboten und durften in den ersten
Nachkriegsjahren gar nicht gezeigt werden, da man fürchtete, sie
könnten durch ihre kraftvollen Bilder eine Nazi-Renaissance
auslösen.
Wegen ihrer Rolle im Dritten Reich wurde Frau Riefenstahl nach dem
Zweiten Weltkrieg erst von den Amerikanern und dann von den
Franzosen inhaftiert und saß insgesamt vier Jahre im Gefängnis.
Schließlich wurde sie von einem westdeutschen Gericht aber von der
Kollaboration mit dem Regime des Dritten Reiches freigesprochen.
Danach begann sie eine zweite Karriere als Photographin in Afrika,
die Bilder vom Nuba-Stamm im Sudan schoß, die weltberühmt geworden
sind.
In ihren Memoiren, die 1993 erschienen, stellte sich die Künstlerin
selbst einen Persilschein aus, indem sie sich als in ihren jungen
Jahren naiv und unwissend darstellte, nicht aber als Anhängerin von
Hitler und seiner Ideologie. Der im selben Jahr herausgekommene
Dokumentarfilm "Die Macht der Bilder" von Ray Müller brachte diese
Version allerdings ins Wanken. Bis heute halten sich auch Gerüchte,
daß Leni Zigeuner aus einem Konzentrationslager als Statisten für
ihren letzten Film "Tiefland" von 1943 beschäftigte.
Für Miss Foster werden die Beziehungspunkte von Frau Riefenstahl
mit den Nationalsozialisten überbetont und dabei vergessen, daß sie
einfach eine bemerkenswerte Frau sei: "Sie verkörpert eine der
großartigen Geschichten des 20. Jahrhunderts, eine außergewöhnliche
Frau, scharfsinnig und so schön, wie sie stets gewesen ist, mit
einem unglaublichen Körper."
Für den Regisseur Arnold Schwartzman, der 1981 den "Oscar" für
seinen Dokumentarfilm "Genocide" über den Holocaust erhielt, liegen
die Dinge nicht so einfach und lassen sich die Verbindungen zum
Nationalsozialismus nicht so ohne weiteres kappen: "Viele Leute in
Hollywood sind entsetzt über diese Produktion. Es wird viel
Widerstand geben. Leni Riefenstahl war möglicherweise das beste
Propagandainstrument, das Hitler hatte, und viele fürchterliche
Dinge, die geschahen, waren die Folgen aus dem, was sie getan
hatte."