"Die Familie fühlte sich ins Unrecht gesetzt und wollten etwas
tun", begründet der Anwalt der Familie Tyne, Stephen Calvacca aus
Orlando, die ungewöhnliche Klage gegen Time Warner Entertainment
Company.
"Die Familie fühlte sich ins Unrecht gesetzt und wollten etwas
tun", begründet der Anwalt der Familie Tyne, Stephen Calvacca aus
Orlando, die ungewöhnliche Klage gegen Time Warner Entertainment
Company, die er am 24. August im Bezirksgericht von Orlando,
Florida im Namen der Tynes eingereicht hat. In der Klage wird
behauptet, Time Warner habe ein Familienmitglied, den verstorbenen
Frank William "Billy" Tyne Jr, in einem "falschen und wenig
schmeichelhaften Licht" portraitiert, als "gefühlskalt,
rücksichtslos, übertrieben Risiken eingehend, egozentrisch,
entmännlicht, verzagt, besessen und wahnsinnig." Außerdem sei die
Familie von Time Warner gar nicht um ihr Einverständnis gebeten und
ihre Privatsphäre beeinträchtigt worden.
Billy Tyne war Kapitän des aus Gloucester, Massachusetts kommenden
Fischerboots "Andrea Gail", das mit ihm und fünf Mann Besatzung im
Oktober 1991 in einen Sturm auf dem Nordatlantik geriet und sank.
Das Boot und die Leichen wurden nie gefunden. Warner Brothers hat
diese Geschichte, die Sebastian Junger in einem Buch bereits
erzählt hat, mit "Der Sturm" auf die Leinwand gebracht, und Tyne
wird dabei von George Clooney verkörpert. Der scheint, glaubt man
der Klageschrift, ja eine sehr facettenreiche Leistung abgeliefert
zu haben. Oder die Familie verwechselt ihn mit Robert Shaw in "Der
weiße Hai". Aber weiter heißt es in der Klageschrift, es werde im
Film so getan, als habe Tyne "die Andrea Gail in unprofessioneller,
unseemännischer und inkompetenter Weise gesteuert, habe den Tod
freiwillig in Kauf genommen, seine Crew und jede Hoffnung auf
Rettung aufgegeben."
Das wird selbst Sebastian Junger, der am Drehbuch zum Film nicht
beteiligt gewesen ist und den die Klage nicht trifft, zu viel, er
ist über die Kritik der Angehörigen "verblüfft": "Ich habe ehrlich
gesagt keinen Schimmer, wovon die reden. Es gibt da eine Szene, wo
er im Schiff bleibt, als es sinkt, und es klar ist, daß sie sowieso
keine Hoffnung mehr haben. Ich glaube, daß dies keine Anspielung
darauf ist, was Tyne persönlich dachte, sondern eher auf die
maritime Tradition, daß ein Kapitän mit seinem Schiff untergeht.
Für mich kam er als ein sehr guter, sehr sorgsamer Kapitän rüber,
der in eine Situation geriet, die das Boot nicht mehr bewältigen
konnte."
Time Warner veröffentliche vorgestern eine Erklärung, in welcher
sie abstreiten, daß sie die überlebende Ehefrau Jodi und die zwei
Töchter Tynes, Billie-Jo und Erica, um Erlaubnis für die
Realisation des Film hätten fragen müssen, außerdem werde Tyne in
kein negatives Licht gerückt: "Wir sind absolut anderer Meinung,
was die Behauptung der Kläger betrifft, der Film bringe Mr Tyne in
Verruf oder beschädige sein Andenken." Das Studio werde den Ersten
Verfassungszusatz über die Meinungsfreiheit, der hier tangiert
werde, "nachdrücklich verteidigen".
Der Anwalt der Tynes wendet dagegen ein: "Fiktion als Fiktion ist
von der Redefreiheit geschützt. Fiktion, die sich als Fakt
maskiert, ist nicht geschützt." Die Familie verlangt nun eine
Entschädigung in ungenannter Höhe von dem Filmstudio und eine
Einstweilige Verfügung gegen die weitere Aufführung des Films und
den Verkauf von Werbeartikeln. Dazu will man noch, da ist einem das
Geld dann doch nicht zu schäbig, eine Beteiligung am Gewinn des
enorm erfolgreichen Wolfgang Petersen-Films.