"Million Dollar Baby", Sat1, 23:05 Uhr
Eine zielstrebige Frau (Hilary Swank) arbeitet mit einem hartgesottenen Trainer (Clint Eastwood) daran, eine Profiboxerin zu werden.
Nach seinem Erfolg mit "Mystic River" legte Regisseur Clint Eastwood ("Gran Torino") mit diesem US-Drama ein Jahr später noch eine Qualitätsschippe drauf und schuf ein tiefempfundenes und bewegendes Meisterwerk - und dies unter widrigen Umständen. Denn kein Studio - auch nicht sein langjähriger Studiopartner Warner Brothers Pictures - hatte Interesse an der Verfilmung einer Kurzgeschichte des Boxtrainers Jerry Boyd, die dieser unter dem Namen F.X. Toole in der Sammlung "Rope Burns: Stories from the Corner" ("Champions. Geschichten aus dem Ring") im Jahr 2000 veröffentlicht hatte. Eastwood konnte Lakeshore Entertainment überzeugen, zum Budget von 30 Millionen Dollar die Hälfte beizusteuern; den Rest brachten Warner Bros. auf.
Für die Hauptrolle besetzte Clint Hilary Swank, die im normalen Leben nicht mal als Fliegengewicht durchgehen würde und die durch konsequentes Training innerhalb von Wochen Muskelmasse aufbaute, um im Part einer Boxerin glaubwürdig zu wirken. Insbesondere ihre und Morgan Freeman's brillante Darstellungen unter Eastwood's sicherer Leitung verhelfen dem von Tom Stern wunderbar photographierten Werk über so manches Klischee im Drehbuch von Paul Haggis hinweg.
"Million Dollar Baby" erhielt 2004 durchweg gute Kritiken, landete auf vielen Bestenlisten und wurde mit weltweit 216 Millionen Dollar auch ein großer Publikumserfolg. Bei den Academy Awards gewannen der Film, Regisseur Clint Eastwood, Hauptdarstellerin Hilary Swank und Nebendarsteller Morgan Freeman Oscars; nominiert waren noch Drehbuchautor Paul Haggis, Nebendarsteller Eastwood und Cutter Joel Cox. Golden Globes gingen an Regisseur Eastwood und Hauptdarstellerin Swank; nominiert waren der Film, Nebendarsteller Morgan Freeman und die Filmmusik, die Eastwood selbst geschrieben hatte. Swank und Freeman gewannen zudem noch den Screen Actors Guild Award.
Kritiker Christopher Orr schrieb in "The Atlantic": "Der Film ist zugleich konventionell und subversiv, zugleich holzschnittartig und nuanciert, zugleich schamlos manipulativ und wahrhaft ergreifend, zugleich ein billiger Schlag in die Magengrube und ein Werk von echtem moralischen Gewicht."
"Psycho", 3sat, 23:15 Uhr
Eine Sekretärin (Janet Leigh) aus Phoenix stiehlt 40 000 Dollar eines Kunden und verschwindet Richtung Kalifornien zu ihrem Freund (John Gavin). In der Nacht muss sie Halt in einem abgelegenen Motel machen, das von einem seltsamen jungen Mann (Anthony Perkins) geführt wird, der unter der Fuchtel seiner Mutter steht.
Möglicherweise Alfred Hitchcock's bekanntester Film, auf jeden Fall sein kommerziell erfolgreichster und für das gesamte Horror-Genre wegweisendster. "Psycho" ist tief im kulturellen Gedächtnis verwurzelt, hat unzählige Anspielungen, Parodien, Quasi-Remakes sowie Fortsetzungen und eine Fernsehserie hervorgebracht. Anthony Perkins' fabulöse Darstellung des Norman Bates hat seine gesamte Karriere überschattet - selbst in "Murder on the Orient Express" erwähnt er seine "Mutter" -, während die Duschszene, das unheimliche Wohnhaus und Bernard Herrmann's nur von Streichern bestrittene, teilweise schrille Filmmusik jedem bekannt sind, sich im Mindesten für das Kino interessiert.
Dabei wäre das Werk, das hinter "Ben Hur" der zweiterfolgreichste Film des Jahres 1960 wurde, vier Oscar-Nominierungen für Regisseur Alfred Hitchcock, Nebendarstellerin Janet Leigh, Kameramann John L. Russell und die Bühnenbildner sowie einen Golden Globe für Nebendarstellerin Leigh erhielt, niemals gedreht worden, wenn es nach Paramount Pictures gegangen wäre.
Dem Studio schuldete Hitchcock vertraglich noch eine Produktion. Diese sollte "No Bail for the Judge" mit Audrey Hepburn sein, doch als die Schauspielerin schwanger wurde, verfolgte der Regisseur das Projekt nicht weiter. Statt dessen wollte er den Roman "Psycho" von Robert Bloch verfilmen, der 1959 veröffentlicht worden war. Die Paramount-Manager waren entsetzt: Die Buchvorlage, in ihren Augen ein "Groschenroman", war ihnen wegen Themen wie Pornographie, Transvestitismus, Sexualität und der brutalen Gewaltdarstellungen im wahrsten Wortsinn ein Horror. Sie forderten statt dessen einen Hochglanz-Thriller wie Alfred's aktuell sehr erfolgreich laufenden "North by Northwest" ("Der unsichtbare Dritte").
Doch die Ablehnung des Projekts ließ es Hitchcock nur noch hartnäckiger verfolgen: Er bot an, zu verminderten Honorar und mit so geringen Kosten wie möglich zu arbeiten. Als auch das nicht fruchtete, entschied er, den gesamten Film selbst auf eigene Kosten zu produzieren und dabei auf viele Mitarbeiter seiner Fernsehserie "Alfred Hitchcock Presents" zurückzugreifen, um ebenfalls kostengünstiger zu arbeiten. Paramount würden den Film dann lediglich in die Kinos bringen.
So wurde es gemacht, und Hitchcock drehte nicht mal bei Paramount, sondern bei Universal Studios, an die Paramount später gänzlich die Rechte verkaufen sollten, und die so bis heute Bates Motel und das unheimliche viktorianische Wohnhaus als eine der Attraktionen auf ihrer Studio-Tour bieten können.
Mit Komponist Herrmann, Cutter George Tomasini und Vorspanngestalter Saul Bass kamen bewährte Künstler an Bord, mit Leigh und Perkins konnten - die Darsteller verzichteten auf einen Teil ihrer Gage - auch namhafte Schauspieler für die kleine, nur 800 000 Dollar teure Produktion gewonnen werden. Der teuerste Posten war dabei der Aufbau der Hauskulisse. Das Drehbuch schrieb Joseph Stephano, der den Roman an einer entscheidenden Stelle veränderte: Aus dem übergewichtigen, mittelalten, unsympathischen Trinker Norman Bates im Roman wurde der junge, unsichere, nicht unsympathische Mann, dem Perkins so unverwechselbar Gestalt verlieh.
Den größten Teil der Dreharbeiten nahm die Duschszene ein, die im Film gerade mal drei Minuten dauert, aber aus 77 verschiedenen Einstellungen besteht. Eine Woche lang drehte das Team diese ikonische Szene, der Janet Leigh 1995 ein ganzes Buch "Psycho: Behind the Scenes of the Classic Thriller" widmen sollte.
Hitchcock war von Anfang an darauf bedacht, nichts über die Dreharbeiten und den Handlungsverlauf nach außen dringen zu lassen. Obwohl der Roman bereits erschienen war, konnte er davon ausgehen, dass die meisten Kinobesucher diesen nicht kannten, und wollte das Publikum mit seiner Version so weit wie möglich überraschen und verunsichern. Daher fanden auch keine Kritikeraufführungen im Vorfeld statt, und einer der Werbesprüche für den US-Horrorfilm lautete: "Pünktlich kommen...nichts verraten!"
Bevor das Werk in die Kinos kam, focht der Filmemacher den Kampf mit den Zensoren aus, die zahlreiche Schnitte verlangten. Dass sich Hitchcock letztendlich durchsetzen konnte, hatte einen großen Einfluss auf die weitere Filmgeschichte: Nun konnten Regisseure das zeigen, was vorher verpönt gewesen war: Außerehelichen, wenn auch nur angedeuteten Sex, abweichendes sexuelles Verhalten und explizitere Gewaltdarstellungen - und erstmals auch eine Toilettenspülung. Man könnte positiv sagen, dass das Kino realitätsnäher wurde. Kritiker würden einwenden, dass die Geschmacksmesslatte nach unten wanderte.
Heute bestreitet niemand mehr, dass Hitchcock das perfekte Zusammenspiel von Montage, Musik und Atmosphäre zur Erzeugung beklemmenden Schreckens gelang. Weil er diesen mit Taktgefühl, Anmut und Kunst in Szene setzte, gelang ihm nicht nur der moderne Horrorfilm - er erfand ihn hier praktisch.
Der Filmemacher, der wie stets eine prominente Rolle bei der Promotion seines Werks einnahm - im Trailer ist nur er zu sehen, wie er durch die Kulissen führt - verfügte, dass nach Beginn des Films niemand mehr in die Kinosäle eingelassen werden durfte, um die Konzentration auf den Streifen nicht durch die Zuspätkommer stören zu lassen. Die Kinobesitzer protestierten erst und fürchteten Umsatzeinbußen, aber diese Maßnahme erwies sich als einer der cleversten Werbeschachzüge, der die Neugier auf den Streifen nur noch erhöhte. In den Foyers zählten teilweise sogar Uhren einen Countdown bis zum Beginn der Vorstellung hinunter.
Die ersten Kritiken waren lediglich gemischt, und manche Rezensenten zeigten sich nahezu entsetzt, dass ein renommierter Regisseur einen solchen Streifen in Szene gesetzt hatte. Doch das Klingeln der Kinokassen überdröhnte schnell alles: Die Zuschauer standen bis auf die Straße Schlange - besonders in den USA, in Kanada, Großbritannien, Frankreich und Japan wurden lokale Rekorde gebrochen. Am Ende kamen weltweit 50 Millionen Dollar zusammen - und Hitchcock wurde über Nacht steinreich. Seine Gewinnbeteiligung summierte sich auf 15 Millionen Dollar - das entspricht heute etwa 130 Millionen Dollar.
1992 nahm die US-Library of Congress "Psycho" als ein "historisch, künstlerisch oder ästhetisch bedeutsames Werk" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.
Ein Zuschauer aus dem US-Bundesstaat Connecticut schwärmt: "Was kann man noch über einen Film sagen, der schon zu Tode analysiert worden ist? Nur das: Wenn Ihr ihn noch nicht gesehen habt, dann ist man es sich schuldig, dies nachzuholen. Nicht nur, um einem der wahren Meister des Films seine Aufwartung zu machen, sondern weil es so viel Spaß macht, diesen Streifen zu sehen. Man kann förmlich spüren, wie das Jahrzehnt von den Fünfzigern in die Sechziger kippt. Die Menschen sind noch alle fein und brav angezogen, aber ihre Gespräche und Blicke verraten etwas von einer Gesellschaft, in der eine Zeitbombe auf ihre Explosion wartet. Es ist spannend zu sehen, wie sich Hitchcock so wirkungsvoll außerhalb seines normalen Elements bewegt und die Dinge mit solch klinischer Distanziertheit und technischer Finesse vorantreibt. Häufig imitiert, parodiert und angespielt, hat 'Psycho' auch 60 Jahre nach seiner Uraufführung noch nicht ausgespielt. Ihr solltet dem Bates Motel einen Besuch abstatten - Norman hat noch ein Zimmer frei!"
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