Sidney Poitier ist gestern im Alter von 94 Jahren in seinem Haus auf den Bahamas gestorben. Der Schauspieler und Regisseur war einer der gefragtesten Stars der Sechziger und ermutigte durch seinen Erfolg viele afro-amerikanische Darsteller, ihm nachzueifern und die Rassenschranke in Hollywood einzureißen. Für rund 40 Jahre war der Akteur das bekannteste Gesicht des schwarzen Hollywood, bevor er sich 2001 in den Ruhestand verabschiedete.
Sidney Poitier wurde am 20. Februar 1927 in Miami im US-Bundesstaat Florida als Sohn von bahamischen Farmern geboren. Er wuchs auf den Bahamas auf, die damals noch eine britische Kronkolonie waren. Durch seine ungeplante und verfrühte Geburt in Miami erhielt er auch automatisch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Mit 16 Jahren zog er nach New York City, wo er als Tellerwäscher arbeitete. Nach einem erfolgreichen Vorsprechen bekam er 1946 eine Rolle in einer Produktion des American Negro Theatre.
Von nun an stand er auf der Theaterbühne und erhielt 1949 gleich eine Hauptrolle in dem Drama "No Way Out" ("Der Hass ist blind"). Bei den Produktion, so Sidney später, seien die einzigen anderen Farbigen, die er in den 20th Century Fox-Studios sah, Küchengehilfen und Hausmeister gewesen. Der Erfolg des Films und seine anerkannt gute Leistung führten ab da zu steten Engagements auch im Fernsehen und ab Mitte der Fünfziger dann ausschließlich im Kino.
Mit seiner Nebenrolle in dem Drama "Blackboard Jungle" ("Die Saat der Gewalt") mit Glenn Ford wurde er noch bekannter, und für das Drama "Edge of the City" ("Ein Mann besiegt die Angst") an der Seite von John Cassavetes von 1957 erhielt der Akteur eine Nominierung für den Britischen Filmpreis. 1958 folgte dann dank seiner Hauptrolle neben Tony Curtis in dem Thriller "The Defiant Ones" ("Flucht in Ketten") der endgültige Durchbruch zum Star. Poitier wurde für den Oscar nominiert - als erster Afro-Amerikaner in der Hauptdarstellerkategorie. Für seine Leistung gewann er den Britischen Filmpreis und den Silbernen Bären auf den Internationalen Filmfestspielen von Berlin; dazu kam eine Golden Globe-Nominierung.
Auch im Theater schrieb Sidney 1959 als Teil des Ensembles von "A Raisin in the Sun" am Broadway Geschichte. Erstmals sah das weiße Publikum eine realistische Darstellung schwarzen Lebens in den USA, und zum ersten Mal zog ein Stück auch viele afro-amerikanische Zuschauer vor die Bühne. Im gleichen Jahr war der Mime zusammen mit Dorothy Dandridge auf der Leinwand in dem Musical "Porgy and Bess" zu sehen, für das er für den Golden Globe nominiert wurde. Eine solche gab es auch 1961 für seine Darstellung in der Kinoadaption von "A Raisin in the Sun" mit Ruby Dee.
Im selben Jahr war er mit Paul Newman auf der Leinwand in "Paris Blues" zu sehen. Das Drama setzte sich mit Rassismus auseinander. 1963 spielte Poitier die Hauptrolle in dem Drama "Lilies on the Field", für den er im Jahr darauf den Golden Globe, erneut den Silbernen Bären und als erster Afro-Amerikaner den Oscar als Hauptdarsteller gewann. Zudem gab es Nominierungen für den Britischen Filmpreis. Für seine Darstellung in "A Patch of Blue" ("Träumende Lippen") mit Shelley Winters von 1965 wurde er erneut für den Britischen Filmpreis und den Golden Globe nominiert.
James Earl Jones erklärte: "Als er zum Star wurde, waren sich alle - Weiße wie Schwarze - einig: 'Den Typen finde ich gut'." Und als einzigem großen afro-amerikanischen Star wollte Hollywood ihn gerne als Vermittler zwischen den Rassen einsetzen. Dem entgegnete der damals 40-Jährige in seinem erfolgreichsten Jahr 1967 mit einem Trio von drei Filmen, die einen selbstbewussten Afro-Amerikaner in Geschichten um Rassismus zeigten. In dem Drama "To Sir, with Love" spielt er einen Lehrer an einer weiterführenden Schule im Londoner East End mit all dessen sozialen und rassistischen Problemen. In dem Kriminalfilm "In the Heat of the Night" ohrfeigte er einen Weißen - ein unerhörtes, noch nie gesehenes Bild für das Publikum. Poitier erhielt Nominierungen für den Golden Globe und den Britischen Filmpreis. Das Drama "Guess Who's Coming to Dinner" thematisierte eine gemischte Ehe zwischen Sidney und Katharine Houghton auf eine positive Weise - zu einer Zeit, in der in 17 Bundesstaaten solche Ehen noch verboten waren...
Der große Erfolg von "In the Heat of the Night" sorgte dafür, dass Poitier die Rolle als Polizist Virgil Tibbs in zwei Fortsetzungen "They Call Me Mister Tibbs!" von 1970 und "The Organization" von 1971 erneut übernahm.
1972 stand er bei dem Western "Buck and the Preacher" ("Der Weg der Verdammten") nicht nur vor, sondern auch erstmals hinter der Kamera . Bis 1990 sollten acht weitere - viele davon mit Bill Cosby - Inszenierungen folgen, wobei die erfolgreichste die Richard Pryor-Komödie "Stir Crazy" ("Zwei wahnsinnig starke Typen") wurde.
In den Neunzigern war Poitier unter anderem in dem Thriller "Sneakers" mit Robert Redford von 1992 und dem Thriller "The Jackal" mit Bruce Willis von 1997 und in einigen TV-Miniserien und TV-Filmen wie "Mandela and de Klerk" zu sehen. Letztmals trat er 2001 in dem Fernsehfilm "The Last Brickmaker of America" auf. Im folgenden Jahr erhielt er den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk.
Für seine Heimat setzte sich Sidney von 1997 bis 2007 als Botschafter der Bahamas für Japan und von 2002 bis 2007 als Botschafter der Bahamas für die UNESCO ein.
Der Mime war zweimal verheiratet: Von 1950 bis zur Scheidung 1965 mit Juanita Hardy und ab 1976 mit der kanadischen Schauspielerin Joanna Shimkus. Von 1959 bis 1968 lebte er in einer Beziehung mit der amerikanischen Darstellerin Diahann Carroll. Mit seiner ersten Frau hatte er die vier Töchter Beverly, Pamela, Sherri und Gina; mit seiner zweiten die zwei Töchter Anika und Sydney.