Peter Bogdanovich ist gestern im Alter von 82 Jahren an den Folgen seiner Parkinson-Erkrankung in seinem Haus in Los Angeles gestorben, wie seine Tochter Antonia mitgeteilt hat. Der Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler ist für seinen eigenen Beitrag zur Filmgeschichte mit Werken zu Beginn der Siebziger wie "The Last Picture Show" ("Die letzte Vorstellung"), "What's Up, Doc?" ("Is was, Doc?") und "Paper Moon" ebenso bekannt wie als Autor vieler Bücher über ein halbes Jahrhundert und als gefragter Gesprächspartner über Hollywood.
Peter Bogdanovich wurde am 30. Juli 1939 in Kingston im US-Bundesstaat New York als Sohn einer Österreicherin und eines Serben geboren, die gerade mal zwei Monate zuvor in die USA eingereist waren; er selbst konnte Serbisch sprechen. Peter studierte Schauspiel am Stella Adler Conservatory in New York City und arbeitete als Filmprogrammgestalter im Museum of Modern Art in New York City und schrieb Kritiken für "Esquire".
Bevor er hinter die Kamera trat, war er Mitte der Sechziger also bereits ein bekannter und anerkannter Filmhistoriker und -kritiker. 1966 zog Bogdanovich nach Los Angeles, um selbst Filme zu inszenieren. Dabei lernte er den Independent-Produzenten Roger Corman kennen, der ihm zum Einstieg ins Filmgeschäft verhalf. Dieser produzierte den Thriller "Targets" mit Boris Karloff, den Peter schrieb und inszenierte und der 1968 in die Kinos kam.
Mit seiner Schwarzweiß-Adaption des Romans "The Last Picture Show" gelang Peter 1971 der triumphale Durchbruch. Als Regisseur und Drehbuchautor wurde er für den Oscar nominiert; bei den Britischen Filmpreisen war seine Regie nominiert, und sein Drehbuch gewann; als Regisseur war er zudem bei den Golden Globes genannt.
Die darauf folgende Komödie "What's Up, Doc?" - seine Liebeserklärung an die klassischen screwball comedies der Dreißiger und Vierziger - wurde 1972 ein Riesenerfolg, ebenso wie im nächsten Jahr sein wieder in Schwarzweiß und erneut mit Ryan O'Neal inszeniertes Drama "Paper Moon", in dem auch dessen junge Tochter Tatum mitwirkte, die mit zehn Jahren den Oscar als Nebendarstellerin gewinnen sollte. Peter selbst wurde wieder als Regisseur für den Golden Globe nominiert.
An dieses Triumphtrio konnte der Filmemacher nie wieder richtig anknüpfen. Mit seiner Adaption einer Henry James-Novelle "Daisy Miller" versuchte er sich 1974 im Kostümfilm und mit "At Long Last Love" an einem Cole Porter-Musical. In beiden besetzte er Cybill Shepherd, die bereits in "The Last Picture Show" mitgewirkt hatte; ihre Liebesaffaire, für die sich Bogdanovich 1971 von Polly Platt, der Mutter seiner beiden Töchter, hatte scheiden lassen, machte viel Presse und führte nach Ansicht von Hauptdarsteller Burt Reynolds zu einer unfairen Bewertung des Musicals. Die Kritiken waren so mies, dass Peter Anzeigen mit Entschuldigungen schaltete. Die Produktion floppte schwer und erhielt in Deutschland nicht mal eine Kinopremiere; erst 2013 sollte mit einer Blu-ray erstmals im Home Entertainment-Bereich veröffentlicht werden.
Mit "Nickelodeon" folgte der dritte künstlerische und kommerzielle Misserfolg in Serie. Wieder besetzt mit Tatum und Ryan O'Neill sowie Burt Reynolds, widmete sich Bogdanovich hier der Stummfilmzeit. Nach desaströsen Testvorführungen zwangen Columbia Pictures den Regisseur, den Film umzuschneiden, um mehr eine Komödie à la "What's Up, Doc?" und weniger ein Drama zu erhalten - was überhaupt nicht funktionierte. Nach diesem erneuten Flop legte der Künstler erstmals eine Pause ein.
Die großen Studios wollten nun keine seiner Produktionen mehr finanzieren, so dass Peter quasi zu seinen Wurzeln zurückkehrte und sein Drama "Saint Jack" mit Ben Gazzara von Roger Corman produzieren ließ. Der Film brachte ihm 1979 die Anerkennung der Kritiker zurück, fand aber ebenfalls keine Resonanz beim Publikum. Die wieder mit Gazzarra und mit Audrey Hepburn gedrehte Komödie "They All Laughed" versuchte Bogdanovich 1981 selbst in die Kinos zu verleihen, was zu einem finanziellen Alptraum wurde und schließlich in seiner Insolvenz 1985 mündete. Die ganze Produktion stand im Schatten seiner Liebesbeziehung zu dem "Playboy"-Model und Nebendarstellerin Dorothy Stratten, die kurz nach Ende der Dreharbeiten von ihrem getrennt lebenden Gatten ermordet wurde.
1985 kam endlich wieder der Erfolg an den Kinokassen mit dem Drama "Mask" zurück, für das Cher als "Beste Darstellerin" bei den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichnet wurde und dessen Maskenbildner einen Oscar erhielten.
Diesem Hit folgte leider ein Karrieretiefpunkt: Die völlig verpfuschte Komödie "Illegally Yours" mit Rob Lowe, mit der Peter wieder an die screwball comedies anknüpfen wollte, sah Bogdanovich selbst als seinen schlechtesten Film überhaupt an. Vielleicht als Verzweiflungstat ließ er 1990 die Fortsetzung zu seinem opus magnum "The Last Picture Show" folgen. Auch das funktionierte nicht: "Texasville", wieder mit Cybill Shepherd und Jeff Bridges, enttäuschte Kritiker und an den Kinokassen.
Das galt auch für die beiden folgenden Produktionen, die Caroll Burnett-Komödie "Noises Off" von 1992 und das Samantha Mantis-Drama "That Thing Called Love", in das Paramount Pictures durch den Tod von Hauptdarsteller River Phoenix das Vertrauen verloren und das Werk 1993 in nur wenige Kinos verliehen.
Nach dieser erneuten Enttäuschung arbeitete Bogdanovich hauptsächlich für das Fernsehen; es folgten mit dem kritisch anerkannten Kirsten Dunst-Drama "The Cat's Meow" im Jahr 2001 und der Imogen Poots-Komödie "She's Funny That Way" ("Broadway Therapy") nur noch zwei Kinofilme, die auch kein Publikum fanden.
Als Schauspieler trat Bogdanovich über die Jahre immer wieder in Erscheinung, so in den nuller Jahren als Therapeut in "The Sopranos" oder in "How I Met Your Mother". Er inszenierte Dokumentarfilme über John Ford, Howard Hawks und zuletzt 2018 über Buster Keaton. Peter half auch dabei mit, den 1976 unvollendeten "The Other Side of the Wind" von Orson Welles, mit dem er befreundet gewesen war, zu vollenden und ebenfalls 2018 auf die Leinwände der Internationalen Filmfestspiele von Venedig zu bringen.
Guillermo del Toro preist Peter auf Twitter als "Meister des Kinos, der allein das Leben und das Werk von mehr Filmemachern durch seine Interviews bewahrt hat als jeder andere in seiner Generation". Seine Tochter Antonia bekundet: "Er hatte eine Leidenschaft für das Kino wie niemand sonst, den ich je getroffen habe - und ich habe viele Regisseure kennen gelernt. Er war mit Schauspielern einfach magisch. Er filmte eine Einstellung, und wenn er eine Veränderung benötigte, ging er zu dem Schauspieler, flüsterte ihm etwas ins Ohr, und bei der nächsten Einstellung tat dieser etwas Brillantes."
Neben seiner Tochter Antonia hinterlässt Peter Bogdanovich deren Schwester Sashy.