"Der unsichtbare Dritte", Arte, 20:15 Uhr
Ein Werbe-Manager (Cary Grant) aus New York City wird mit einem Agenten verwechselt und von einer Gruppe Spione und der Polizei quer durch Amerika gejagt.
Der englische Regisseur Alfred Hitchcock ("Psycho") und der amerikanische Drehbuchautor Ernest Lehman ("Sabrina") saßen an einer Adaption des britischen Romans "The Wreck of the Mary Deare" für Metro-Goldwyn-Mayer, kamen aber nicht voran und verloren die Lust. Statt dessen wollte Lehman den "ultimativen Hitchcock-Film" drehen und ersonn mit dem Filmemacher eine Aneinanderreihung von spektakulären Szenen wie einen Mord bei den Vereinten Nationen, einen Angriff mit einem Flugzeug und eine Verfolgungsjagd auf den Präsidentenköpfen am Mount Rushmore, die sie mit einer Klammer zusammen hielten: Dem auf wahren Begebenheiten aus dem Zweiten Weltkrieg beruhenden Kniff des britischen Geheimdienstes, die Deutschen mit einem erfundenen Agenten auf eine falsche Fährte zu setzen.
Wie in früheren Werken Hitchcocks wie "The 39 Steps" oder "Saboteur" wechselt das Geschehen des US-Thrillers quer durch das Land und bettet einige Denkmäler und Sehenswürdigkeiten in die Handlung ein, diesmal von der Ostküste Richtung Nordwesten, weswegen der Streifen auch den Originaltitel "North by Northwest" trägt. Gedreht wurde für 4,3 Millionen Dollar vor Ort in New York City, Chicago und am Mount Rushmore; die Flugzeugszene, die im US-Bundesstaat Indiana spielt, wurde indes in Kalifornien gedreht.
Alfred gelang einer seiner besten Filme, der die Grundlage für zahllose andere Thriller bilden sollte. Virtuos, überraschend, spannend und voller ikonischer Bilder, die Filmgeschichte geschrieben haben, wurde "North by Northwest" 1959 ein Riesenerfolg bei Kritik und Publikum und spielte weltweit knapp 10 Millionen Dollar ein.
Bei den Academy Awards war das Meisterwerk für Drehbuchautor Ernest Lehman, Cutter George Tomasini und die Ausstattung nominiert. 1995 nahm die US-Library of Congress den Film in das National Film Registry auf, um es als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsames" Werk der Nachwelt zu erhalten.
Eine Zuschauerin schwärmt: "Es gibt Filme, die so frisch und lebendig bleiben wie an dem Tag, an welchem sie Premiere feierten. Dies ist solch ein Film. Cary Grant ist perfekt besetzt als der schlagfertige Werbe-Manager, Eva Marie Saint ist die Hitchcock-übliche Blondine, der wie stets wunderbare James Mason ein öliger Schurke, und Martin Landau verbirgt hinter seinem schiefen Grinsen eine tödliche Bedrohung. Dazu kommen die wundervolle Musik von Bernard Herrmann, ein erstklassiges Drehbuch von Ernest Lehman und die meisterhafte Inszenierung von Alfred Hitchcock - und fertig ist ein Streifen, den man immer und immer wieder sehen kann."
"Sunset Boulevard", 3sat, 00:05 Uhr
Ein Drehbuchautor (William Holden) wird engagiert, um das Skript für einen vergessenen Stummfilm-Star (Gloria Swanson) zu überarbeiten, und findet sich in einer gefährlichen Beziehung wieder.
Für diejenigen, denen "Sunset Boulevard" nur als das Musical von Andrew Lloyd Webber aus dem Jahr 1993 ein Begriff ist, haben hier die Gelegenheit das Meisterwerk zu sehen, auf dem es basiert: Billy Wilder's sarkastische Abrechnung mit Hollywood aus dem Jahr 1950.
Der Sunset Boulevard im Westen von Los Angeles erlangte in den zwanziger Jahren Bekanntheit, als viele Filmstars dort ihre Villen bauen ließen. Für viele der Schauspieler bedeutete der Durchbruch des Tonfilms am Ende des Jahrzehnts indes das abrupte Karriereende. Regisseur und Drehbuchautor Billy Wilder faszinierte Ende der Vierziger der Gedanke, dass in diesen riesigen Anwesen noch immer Darsteller wohnten, deren Stern lang verblasst war und die in Vergessenheit geraten waren. Wie lebten sie nun? Was machten sie den lieben, langen Tag?
Zusammen mit seinem langjährigen Drehbuchschreiber Charles Brackett nahm Wilder diese Überlegungen als Ausgangspunkt für eine bittere Betrachtung der Filmindustrie mit ihrem Jugendwahn und ihrem Erfolgshunger, der diejenigen mitteildslos am Wegesrand zurückließ, die eben nicht mehr jung und erfolgreich waren. Da sich Billy bewusst war, dass seine Sichtweise der Dinge nicht jedermann in Hollywood gefallen würde, ließ er Paramount Pictures, die ihm ein Budget von 1,7 Millionen Dollar zur Verfügung stellten - entspräche heute etwa 17 Millionen Dollar - im Unklaren, wovon das US-Drama nun genau handeln würde. Da Wilder bereits ein gefragter und erfolgreicher Regisseur war, mischte sich das Studio zu seinem Glück nicht ein und ließ ihm freie Hand.
Einige ehemalige Stummfilmstars sagten aus unterschiedlichen Gründen ab, die Rolle der Norma Desmond ("Ich bin groß. Es sind die Filme, die klein geworden sind!") zu spielen. Es war ein kniffliger Part, denn die Rolle würde natürlich mit der Schauspielerin als vergessene, nun erfolglose Aktrice gleich gesetzt werden. Gloria Swanson, deren Karriere tatsächlich mit dem Tonfilm in den Dreißigern ausgelaufen war, scheute nicht davor zurück und gab nach neun Jahren ihr Leinwand-Comeback.
Für die Rolle des Drehbuchautoren und Erzählers hatte bereits Montgomery Clift unterschrieben, der jedoch kurz vor der Dreharbeiten einen Rückzieher machte. Der Verdacht lag nahe, dass ihm die Vergleiche mit der Realität unangenehm waren, befand er sich doch damals in einer Beziehung zu einer 16 Jahre älteren Frau. Als Ersatz fanden die Filmemacher William Holden, der zu einem von Wilder's Lieblingsschauspielern werden sollte. Der Altersunterschied zwischen dem damals 31-jährigen Holden und der 50-Jährigen Swanson betrug also 19 Jahre.
Billy beschäftigte mit Kostümbildnerin Edith Head, Ausstatter Hans Reid und Kameramann John Seitz herausragende Künstler, die es verstanden, Hollywood teilweise wie aus einem gothic horror wirken zu lassen - verstaubt und aus der Zeit gefallen, überkandidelt und abgewirtschaftet.
Mit Buster Keaton, H.B. Warner, Anna Nilsson, dem Regisseur Cecil B. DeMille und der Klatschjournalistin Hedda Hopper traten Personen als sie selbst auf, was zur Authentizität beitrug. In der Rolle von Norma Desmond's Butler und ehemaligem Regisseur wirkte der deutsche Regisseur Erich von Stroheim mit, der in den Zwanzigern tatsächlich einer der bedeutendsten Regisseure gewesen war und auch mit Swanson zusammen gearbeitet hatte. Ihren Film "Queen Kelly" lässt Norma Desmond an einer Stelle vorführen, womit die Grenzen zwischen Realität und Fiktion weiter verschwammen.
Mit "Sunset Boulevard" gelang Billy Wilder eines seiner besten Werke, womöglich der großartigste Streifen, der sich je mit Hollywood beschäftigt hat - eine sagenhaft unterhaltsame Mischung aus einem Film Noir, Schwarzer Komödie und einer Charakterstudie, meisterhaft inszeniert und photographiert und glänzend gespielt.
Tatsächlich waren nicht alle in Hollywood begeistert über die Reflexion ihrer Industrie. MGM-Boss Louis B. Mayer schimpfte nach einer Aufführung: "Dieser Wilder. Entehrt diejenigen, die ihn gemacht und ernährt haben. Er sollte geteert und gefedert und aus Hollywood rausgeworfen werden." Billy, der mitgehört hatte, entgegnete ihm: "Hallo Mr. Mayer, ich bin Billy Wilder. Und warum verschwinden Sie nicht und ficken sich selber?"
Nichts ist so überzeugend wie der Erfolg. Und so feierte Hollywood schließlich die angebliche "Nestbeschmutzung", nachdem "Sunset Boulevard" mit 5 Millionen Dollar Umsatz - entspricht heute etwa 50 Millionen Dollar - allein in den USA ein Riesenerfolg geworden war. Nicht weniger als elf Nominierungen für einen Academy Award gab es: Als "Bester Film", für Regie, das Drehbuch, Hauptdarstellerin Gloria Swanson, Hauptdarsteller William Holden, Nebendarstellerin Nancy Olson, Nebendarsteller Erich von Stroheim, Kameramann John Seitz, Komponist Franz Waxman, Schnitt und Ausstattung. Mit dem Oscar nach Hause gingen schließen Wilder und Brackett für ihr Drehbuch, Komponist Waxman und die Ausstatter um Hans Dreier. Bei den Golden Globes gewannen der Film, Regisseur Wilder, Hauptdarstellerin Swanson und erneut Komponist Waxman.
1989 gehörte "Sunset Boulevard" zu der ersten Gruppe von 25 Filmen, die von der US Library of Congress als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsam" angesehen und ins National Film Registry aufgenommen wurden, um sie der Nachwelt zu erhalten.
Eine Zuschauerin befindet: "Ein großartiger Film auf so vielen Ebenen. Wunderbar photographiert, mit einem witzigen, klugen und extrem gut geschriebenen Drehbuch, mit einigen der besten Figuren und einigen der besten schauspielerischen Leistungen der Filmgeschichte. Die Haupthandlung und die Nebenhandlungen sind mit geschickter Präzision austariert."
Hier geht es zum kompletten TV-Programm