Gestern ist Jean-Paul Belmondo im Alter von 88 Jahren in Paris gestorben, wie sein Anwalt Michel Godest mitgeteilt hat: "Er war seit einiger Zeit sehr müde. Er ist ruhig gestorben."
Belmondo war seit Anfang der Sechziger nicht nur ein Star des französischen, sondern des europäischen Kinos. Bekannt geworden mit " ? bout de souffle" ("Außer Atem"), dem Werk der französischen Neuen Welle, der Nouvelle Vague, arbeitete der Schauspieler zunächst mit Regisseuren wie Francois Truffaut und Claude Lelouch, um dann ab den Siebzigern verstärkt in Krimis und Komödien mitzuwirken und sein sympathisches Draufgänger-Image mit Action zu verknüpfen. Ein Schlaganfall im Jahr 2001 schwächte den damals 68-Jährigen, der danach nur noch einmal im Jahr 2008 auf der Leinwand in dem Drama " Un homme et son chien" ("Ein Mann und sein Hund") zu sehen war. Er überwand die Folgen der Krankheit allerdings so weit, dass er in der Öffentlichkeit weiter präsent blieb - besonders 2011, als er auf den Filmfestspielen von Cannes einen Preis für sein Lebenswerk erhielt.
Jean-Paul Belmondo wurde am 9. April 1933 in Neuilly-sur-Seine als Sohn einer Malerin und eines italienischstämmigen Bildhauers geboren. Schon in der Schulzeit entwickelte er eine Leidenschaft für das Boxen und für das Schauspiel. Mit 16 Jahren gab er sein Debut im Amateurboxen, gab es aber nach einem Jahr zu Gunsten des Schauspielens auf und studierte drei Jahre lang am Conservatoire national supérieur d'art dramatique in Paris.
1953 begann seine Schauspielkarriere im Theater in Paris und dann auf Tournee durch die Provinz. 1957 erhielt Jean-Paul seine erste kleine Filmrolle in der Komödie " ? pied, ? cheval et en voiture". Im Jahr darauf war er in der Komödie "Les copains du dimanche" ("Sonntagsfreunde") erstmals in einer Hauptrolle zu sehen. Nun wurden auch Regisseure wie Claude Chabrol, der ihn 1959 in dem Kriminalfilm "? double tour" ("Schritte ohne Spur") besetzte, und Jean-Luc Godard auf den Mimen aufmerksam. Dessen "? bout de souffle" machte Belmondo 1960 international bekannt und bescherte ihm "mehr Anfragen, als ich annehmen konnte". Es begann die produktivste Phase des Mimen - allein von 1960 bis 1964 drehte er 28 Streifen.
Der Akteur arbeitete nun auch in Italien - so 1960 mit Sophia Loren in dem Drama "La ciociara" ("...und dennoch leben sie") und 1961 mit Claudia Cardinale in dem Drama "La viaccia" ("Das Haus in der Via Roma") - und stand im gleichen Jahr auch erneut für Godard in dessen Komödie "Une femme est une femme" ("Eine Frau ist eine Frau") und für Jean-Pierre Melville in "Léon Morin, pr?tre" ("Eva und der Priester") vor der Kamera. Für seine Leistung erhielt er eine Nominierung zum Britischen Filmpreis. 1962 verzeichnete er zwei große Erfolge mit dem Abenteuerfilm "Cartouche" von Philippe de Broca und der Komödie "Un singe en hiver" ("Ein Affe im Winter") mit Jean Gabin. Im folgenden Jahr lief der Kriminalfilm "Peau de banane" ("Heißes Pflaster") mit Jeanne Moreau erfolgreich, und im Jahr 1964 wurde "L'homme de Rio" ("Abenteuer in Rio") von Philippe de Broca zum Riesenhit. Überhaupt dominierte der damals 31-Jährige die Kinokassen im Jahr 1964 mit drei Werken unter den zehn publikumsstärksten des Jahres. 1965 war er wieder mit Godard vereint und erhielt für seine Leistung in dem Drama "Pierrot le Fou" ("Elf Uhr nachts") eine weitere Nominierung für den Britischen Filmpreis.
Dennoch widerstand Belmondo der Versuchung, auch in anglo-amerikanischen Produktionen mitzuwirken, und war in "Is Paris Burning?" von 1966 und "Casino Royale" von 1967 nur in kleinen Parts zu sehen. 1969 feierte der Darsteller mit der Komödie "Le cerveau" ("Das Superhirn") von Gérard Oury den erfolgreichsten Film des Jahres und spielte an der Seite von Catherine Deneuve in Francois Truffaut's Kriminalfilm "La sir?ne du Mississipi" ("Das Gehheimnis der falschen Braut").
Die Siebziger eröffnete Jean-Paul mit dem Kriminalfilm "Borsalino" mit Alain Delon im Jahr 1970 erfolgreich. Belmondo gründete seine eigene Produktionsfirma Cerito Films, um auf seine Person zugeschnittene Stoffe zu produzieren - der erste war 1972 die erfolgreiche Komödie "Docteur Popaul" ("Die Bulldogge") von Claude Chabrol an der Seite von Mia Farrow. 1975 mimte er, der er schon so viele Gangster gespielt hatte, in "Peur sur la ville" ("Angst über der Stadt") von Henri Verneuil erstmals einen Polizisten. In dem Kriminalfilm"L'alpagueur" ("Der Greifer") von 1976 jagte er als Privatmann Verbrecher.
Auch als Geheimagent in dem Thriller "Le professionnel" ("Der Profi") im Jahr 1981 und als Pilot in dem Abenteuerfilm "L'as des as" ("Das As der Asse") im Jahr 1982 war er erfolgreich. Erst 1988 musste er mit dem Kriminalfilm "Le solitaire" ("Der Profi 2") einen Flop verschmerzen. Belmondo, der in den Achtzigern und Neunzigern weniger Filme drehte, klagte, dass es zunehmend schwieriger werde, gute Drehbücher zu finden. Inzwischen war er 1987 nach 26 Jahren Pause wieder ans Theater zurück gekehrt. Das Stück "Kean" nach dem Roman von Alexandre Dumas lief für ein Jahr erfolgreich. 1990 gab er im Theater den "Cyrano de Bergerac", wiederum ein großer Erfolg. 1995 war er im Kino mit dem Drama "Les miserables" von Claude Lelouch zu sehen.
Bebél, wie die Franzosen ihren Star nannten, war von 1952 bis 1966 mit Élodie Constantin verheiratet, mit der er drei Kinder Patricia, die 1993 in einem Feuer umkam, Florence und Paul hatte. Als Jean-Paul dann 1965 bei den Dreharbeiten zum Abenteuerfilm "Les tribulations d'un chinois en chine" ("Das Rauhbein") die schweizerische Kollegin Ursula Andress kennen lernte und eine Affaire begann, reichte seine Frau die Scheidung ein. Die Beziehung zu Andress dauerte dann bis 1972, im Anschluss war Jean-Paul bis 1980 mit Laura Antonelli und bis 1987 mit Maria Mayor ein Paar. Von 1989 an lebte er mit Natty Tardivel zusammen, die er 2002 heiratete. Ein Jahr später wurde der damals 70-Jährige nochmals Vater, als sein viertes Kind Stella Eva Angelina geboren wurde. Tardivel und Belmondo ließen sich 2008 scheiden. Es folgte seine letzte Beziehung zu dem 42 Jahre jüngeren Playboy-Model Barbara Gandolfini, die 2012 bei der Trennung unschön endete. Es gab polizeiliche Ermittlungen, weil sie ihn finanziell geschädigt haben soll.
Im Jahr 2016 wurde Jean-Paul's Autobiografie "Mille vies valent mieux qu’une" veröffentlicht, deren deutsche Übersetzung zwei Jahre später unter dem Titel "Meine tausend Leben" erschien.