"Nordwand", 3sat, 23:10 Uhr
Zwei erfahrene Bergsteiger (Benno Fürmann und Florian Lukas) wagen sich im Juli 1936 an die Erstbesteigung der Eiger-Nordwand, wobei ihre Großtat vom NS-Reich propagandistisch ausgeschlachtet werden soll.
Regisseur und Drehbuchautor Philipp Stölzl ("Ich war noch niemals in New York") ließ seinen deutschen Abenteuerfilm von 2008 auf den wahren Begebenheiten rund um den dramatischen Erstbesteigungsversuch der Eiger-Nordwand im Jahr 1936 basieren, wobei nicht alles historisch korrekt wiedergegeben wurde. Gedreht wurde an verschiedenen Originalschauplätzen in der Schweiz und in Österreich.
Daneben entstanden einige Nahaufnahmen der Schauspieler in einer zum Filmstudio umfunktionierten Lagerhalle für Tiefkühlware in Graz. Stölzl war durch den schottischen Regisseur Kevin Macdonald auf diese Idee gebracht worden, dessen grandioser "Touching the Void" ("Sturz ins Leere") von 2003 neue Maßstäbe in der realistischen Darstellung von Bergsteigeraufnahmen gesetzt hatte. Die Minusgrade in der Halle sorgten vor einem nachgebauten Stück Felswand in Kombination mit Wind- und Schneemaschinen und computergenerierten Bildern auch in Stölzl's Werk für eine realistische Darstellung.
Diese ist das große Plus des spannenden, packenden, perfekt ausgestatteten, emotional aufgeheizten Werkes mit seinen Atem beraubenden und spektakulären Aufnahmen. Kameramann Kolja Brandt gewann folgerichtig für seine Arbeit den Deutschen Filmpreis, ebenso wie das Team, das für den Ton zuständig war. Nominiert war dazu noch die Ausstattung. Mit 462 000 Zuschauern war die deutsche Produktion an den heimischen Kassen auch ein solider Erfolg.
Kritiker Tom Long schrieb in der "Detroit News": "Der Film hat etwas von einem altmodischen Epos mit moderner Weisheit und Technik. Ein 'Mensch versus die Natur'-Streifen, der auch die Bedeutung des Individuums versus die Gesellschaft betont und zugleich die schlimmen Kosten von stellvertretend ausgelebtem Nervenkitzel bloßlegt."
"Kill Me Today, Tomorrow I'm Sick!", ARD, 23:35 Uhr
Eine engagierte Medienbeauftragte (Karin Hanczewski) wird 1999 in den Kosovo entsandt, um beim Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg gegen Serbien zu helfen. Dort wird sie jedoch mit zynischen Verwaltungsbeamten konfrontiert, während sich ein gefeierter Freiheitsheld als Gangster und seine rechte Hand als Serienmörder erweisen.
Das Regieduo Joachim Schroeder und Tobias Streck hatte bis zu dieser deutschen Komödie ausschließlich Dokumentationen für das Fernsehen und das Kino gedreht - für ihr Spielfilmregiedebut sicherlich keine schlechte Voraussetzung, stürzen sich die beiden Filmemacher doch mit Verve in ein Stück Zeitgeschichte. Im Mittelpunkt ihrer rabenschwarzen Satire, deren Titel bereits den Sarkasmus, wenn nicht Zynismus des Geschehens auf der Leinwand andeutet, steht die Stabilisierung des aus dem Bürgerkrieg 1999 hervorgegangenen Kosovo.
Den Anstoß zu der Preview Enterprises-Produktion kam von Jochen's Schwester Henriette, die von 1999 bis 2001 für die OSZE im Kosovo für den Aufbau unabhängiger Medien zuständig war - in etwa also die Rolle hatte, die auf der Leinwand Karin Hanczewski ausfüllt. Schroeder und Streck schrieben auch das Drehbuch und drehten im Südtiroler Bozen und Meran.
Das Duo nimmt keine Rücksicht auf Verluste und inszeniert rasant eine Mischung aus Erschrecken und Gelächter über mitleidlose OSZE-Vorgesetzte, naiv-idealistische Aufbauhelfer ohne interkulturellen Sachverstand, Freiheitskämpfer, die zu Gangstern geworden sind oder nie etwas Anderes waren, und bauernschlaue Einheimische. Das Lachen bleibt dem Betrachter hier oft im Halse stecken.
"Kill Me Today, Tomorrow I'm Sick" erhielt 2018 durchweg gute Kritiken, kam aber über den Filmfestivalrahmen nicht heraus. Die ARD zeigt das Werk heute Abend als FreeTV-Premiere.
Kritiker Oliver Armknecht schrieb in "Film Rezensionen": "Sicherlich eine der ungewöhnlichsten deutschen Produktionen, die zuletzt in unsere Kinos gekommen ist. Ein Film, der ebenso schwer zu fassen ist wie die damalige Situation, ein Phantom, mal unterhaltsam, dann wieder erschreckend, fest in seiner Zeit verortet und doch ein universeller Blick auf die menschliche Natur, zwischen Hoffnung und Hässlichkeit."
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