oder
Im Geheimdienst Ihrer Majestät - George Lazenby
Im Geheimdienst Ihrer Majestät - George Lazenby
© United Artists

TV-Tipp für Donnerstag (17.6.): George Lazenby tritt in große Fußstapfen

Vox zeigt "Im Geheimdienst Ihrer Majestät"

"James Bond 007 - Im Geheimdienst Ihrer Majestät", Vox, 20:15 Uhr
James Bond (George Lazenby) begibt sich mit falscher Identität in das Forschungsinstitut des ebenfalls unter falschem Namen operierenden Ernst Stavro Blofeld (Telly Savalas), um herauszufinden, was dieser hinter der Fassade eines angeblichen Feldzuges gegen Allergien wirklich plant.

Mit seiner Meinung stand der "Evangelische Filmbeobachter" 1969 nun wirklich nicht allein: "Der neue Hauptdarsteller George Lazenby kommt schwächer an als früher Sean Connery."

Und diese Sichtweise diktierte die Wahrnehmung des sechsten James Bond-Opus, das bei seiner Premiere bestenfalls durchwachsene Kritiken erhielt und dessen erfolgreiches Abschneiden an den weltweiten Kinokassen mit 82 Millionen Dollar dennoch als gefühlter Misserfolg wahrgenommen wurde - weil eben Ur-Bond Connery für deutlich bessere Umsätze gesorgt hatte. Vorgänger "You Only Live Twice" hatte beispielsweise die Kassen mit 111 Millionen Dollar noch neunstellig klingeln lassen.

Doch die Enttäuschung über den neuen 007-Darsteller - einen damals 29 Jahre alten australischen Debutanten, der bis dahin nur als Werbemodel posiert und gespielt hatte und von den Bond-Produzenten Albert Broccoli und Harry Saltzman entsprechend auch in einem Spot für "Fry's Chocolate Cream" entdeckt worden war - trübte den zeitgenössischen Blick etwas zu sehr für die Qualitäten dieses britischen Thrillers. Drehbuchautor Richard Maibaum fasste es im Nachgang ausgewogener zusammen: "Lazenby war nicht ideal für diese Rolle, aber das Drehbuch war großartig."

Eigenlob mag stinken, aber Maibaum hat absolut recht. Berufene Geister wie Christopher Nolan und Steven Soderbergh untermauern mit ihren Urteilen die über die Jahrzehnte gewachsene Reputation von "On Her Majesty's Secret Service", der heute als einer der besten Bonds - in manchen Umfragen sogar als der beste, was aber des Guten wohl zu viel tut - gilt. Nolan meint: "Mir gefällt an diesem Film die sagenhafte Balance von Action, Größenordnung, Romanze, Tragödie und Gefühl." Soderbergh urteilt: "Für mich ist das aus filmtechnischer Sicht fraglos der beste Bond und der einzige, den es sich lohnt, abseits reinen Unterhaltungszweckes wiederholt anzusehen. Einstellung für Einstellung ist dieser Streifen schön auf eine Weise, die keiner der anderen Bonds erreicht."

In der Tat überzeugt das Werk mit einer endlich mal auch intellektuell reizvollen weiblichen Hauptfigur, den Atem beraubenden Bildern und einigen großartigen Verfolgungsjagden auf Skiern.

Die Produktionsgeschichte war indes eine lange und beschwerliche gewesen. Ursprünglich sollte "On Her Majesty's Secret Service" der vierte 007-Part nach "Goldfinger" werden und im Jahr 1965 anlaufen. Schon damals begann Maibaum mit der Arbeit am Drehbuch, das auf dem gleichnamigen Roman von Ian Fleming aus dem Jahr 1963 basierte. Doch als es wider Erwarten gelang, mit dem rivalisierenden 007-Produzenten Kevin McCarthy eine Übereinkunft über die Produktion von "Thunderball" zu erreichen, zog man diesen vor. Danach sollte dann "On Her Majesty's Secret Service" folgen, doch ein ungewöhnlich warmer Winter 1966/67 mit mangelndem Schnee in den Alpen machten einen Strich durch die Rechnung. Statt dessen begann man mit der Produktion an "You Only Live Twice" in Japan. Ironischerweise sollten zwei Jahre später ähnliche Wetterkapriolen die Dreharbeiten in den Alpen erschweren.

Das war aber noch nichts gegen die Vorproduktion mit der Suche nach einem neuen Hauptdarsteller. Sean Connery hatte schon während der Produktion an "Thunderball" erklärt, aus der Rolle, die ihn 1962 zum Star gemacht hatte, aussteigen zu wollen. Neben der in seinen Augen geringen schauspielerischen Herausforderung und den zu langen Drehzeiten hatte ihn zunehmend der absurde Rummel um 007 verärgert. Für "You Only Live Twice" konnten Broccoli und Saltzman den Schotten noch einmal engagieren, doch dann war tatsächlich Schluss. Die Produzenten hatten gedacht, es sei einfach eine Frage der Gage, doch der Mime machte ernst. Als Connery zu Dreharbeiten an dem Western "Shalako" nach Spanien abreiste, wurde dem Produzentenduo klar, dass sie tatsächlich vor dem Dilemma standen, eine Rolle neu besetzen zu müssen, die wie keine andere mit einem bestimmten Schauspieler identifiziert wurde.

Man entschied sich für ein "frisches Gesicht", wie es sieben Jahre zuvor Sean gewesen war. Zum Vorsprechen und -spielen wurden die Engländer John Richardson und Anthony Rogers, der Niederländer Hans De Vries und die Australier Robert Campbell und George Lazenby gebeten. Letzterer überzeugte am meisten; für ihn sprach wohl aber hauptsächlich, dass er in seiner Erscheinung Connery am nächsten kam.

Wie so oft in der Bond-Historie wagte man mit "On Her Majesty's Secret Service" einen tonalen Neustart in Richtung Ernsthaftigkeit nach Exzess. Nach dem vielen Gadgets, Weltraumraketen und einer Abschussrampe in einem Vulkan von "You Only Live Twice" sollte der Nachfolger realistischer werden. Zum Einen wurde es keine Tour durch die Welt, sondern die Handlung spielte ausschließlich in Europa, zum Anderen legte man mehr Wert auf Charakterentwicklung und einen - Nolan sprach es oben an - durchaus auch menschlich-tragischen Tonfall. Dazu passten die von Diana Rigg gespielte gleichberechtigte weibliche Hauptfigur und die Tatsache, dass sie und James Bond sogar heiraten. Vor allem aber hielt man sich so eng wie wohl nie zuvor und danach an die literarische Vorlage, weshalb James Bond-Fans den Film nochmal mehr schätzen.

Während mit Richard Maibaum, der bis auf "You Only Live Twice" alle bisherigen 007-Abenteuer geschrieben hatte, ein bekannter Künstler da weitermachte, wo er Jahre zuvor angefangen hatte, nahm auf dem Regiestühlchen ein neuer Filmemacher Platz. Ein halbwegs neuer. Peter Hunt, der hier sein Debut gab, hatte schon erst als Cutter und dann als Regisseur des zweiten Stabes an allen bisherigen 007-Filmen gearbeitet. Seine Beförderung bekam der Reihe gut.

Weniger gut, wie erwähnt, gestalteten sich die Dreharbeiten wegen des mangelnden Schnees und wechselhaften Wetters im Kanton Bern in der Schweiz. Am Schluss der Arbeiten dort hinkte man dem Drehplan satte 56 Tage hinterher. Für die Ski-Aufnahmen engagierten die Produzenten ehemalige und aktuelle Profi-Skifahrer wie Willy Bogner. Als Blofeld's Quartier nutzte die umgerechnet 7 Millionen Dollar teure United Artists-Produktion das gerade fertig gestellte Drehrestaurant Piz Gloria auf dem Schilthorn. Weitere Außenaufnahmen entstanden in Portugal und die Innenaufnahmen wie immer in den Pinewood Studios nahe London.

Am Schluss geriet "On Her Majesty's Secret Service" mit 142 Minuten zum bis dahin längsten James Bond-Opus. Für die Zuschauer, die sich des Wechsels in der Titelrolle sehr bewusst waren, bauten die Filmemacher selbstironisch einiges Augenzwinkern ein: So wendet sich George Lazenby in der Vortitelspannsequenz direkt an das Publikum, als er meint: "Das wäre dem Anderen nie passiert." In seinem Schreibtisch findet er Utensilien aus den bisherigen Bond-Abenteuern, die jeweils kurz mit der entsprechenden Musik von John Barry unterlegt werden. An anderer Stelle pfeift ein Hausmeister die "Goldfinger"-Melodie.

Einen Titelsong, der inzwischen Usus geworden war, gab es diesmal nicht. Komponist Barry wusste beim besten Willen nicht, wie er in einer Liedzeile den Titel "On Her Majesty's Secret Service" unterbringen sollte. So komponierte er nur ein starkes orchestrales Stück für den Vorspann und brachte zwei andere Songs - Louis Armstrong singt "We Have All the Time in the World" und Nina (in der deutschen Synchronisation Katja Ebstein) "Do You Know How Christmas Trees Are Grown?" - während des Films unter.

Ein Zuschauer schwärmt: "Nachdem der Verstand mit 'You Only Live Twice' aus dem Fenster geflogen war, war es nach den Exzessen dieses Films notwendig, den Glamour und die Gadgets zurückzuschneiden und herauszufinden, was den Mann antrieb. Und so wählten die Produzenten einen von Ian Fleming's unterhaltsamsten Romen. Zu sagen, dass das Ergebnis perfekt und wunderschön ist, ist eine Untertreibung. Kombiniert man eine starke Besetzung mit dem besten Fleming-Roman, fügt umwerfende Photographie und die brillante Musik hinzu, packt großartige Kulissen wie Blofeld's Quartier Piz Gloria drauf und rundet mit hervorragenden Action-Sequenzen und einem emotionalen Schluss ab, dann bekommt man den ultimativen Bond-Film. Der Grund, warum viele diesen Film ignorieren, liegt an George Lazenby's Leistung. Aber da liegen sie falsch. Lazenby gibt eine äußerst glaubwürdige und superbe Darstellung, sei es während der schnellen Action oder den bewegenderen, traurigeren Szenen. Er stellt James Bond wieder vom Kopf auf die Füße."



Hier geht es zum kompletten TV-Programm

Hier streamen



Spielfilm.de-Mitglied werden oder einloggen.