"Wild Tales", 23:15 Uhr, 3sat
Sechs Kurzgeschichten über das extreme menschliche Verhalten von Leuten, die unter Stress geraten.
Der argentinische Regisseur und Drehbuchautor Damián Szifron nahm sich 2007 eine Auszeit von seiner Arbeit beim Fernsehen, um Drehbuchideen zu verfolgen. Er schrieb zwölf Geschichten über Gewalt und Rache, die jede für sich einen Spielfilm hätten bilden können und bei denen er teilweise eigene Erlebnisse verarbeitete. Doch Szifron entdeckte den roten Faden, der sich durch alle Skripts zog, und kam zu der Erkenntnis, dass die Geschichten einen noch größeren Effekt entfalten würden, wenn er sie auf das Wesentliche zurück stutzte und kombinierte. Der Filmemacher halbierte die Anzahl der Geschichten auf die sechs "wildesten", die er zu einem Episodenfilm verband.
Mit einem Budget von umgerechnet 4 Millionen Dollar drehte Damián in Buenos Aires, Salta und Jujuy. Die ursprünglich ernsten Geschichten entwickelten dabei einen schwarzen Humor, der später beim Publikum so gut ankommen sollte. Boshaft vergnünglich und köstlich abseitig, hat diese subversive Satire keine Schwachstelle. Szifron wollte sich dabei nicht festlegen, ob es sich bei seinem Meisterwerk nun um ein Drama oder eine Komödie handelte. Der damals 39-Jährige bezeichnete "Relatos salvajes" - "Wilde Geschichten", so der Originaltitel - einfach als "Katastrophenfilm".
Gar nicht katastrophal entwickelte sich die Rezeption des Films im Jahr 2014 durch Industrie, Presse und Zuschauer. In Cannes erhielt der Wettbewerbsfilm eine zehn Minuten lange Stehende Ovation. Der Streifen wurde als "Bester fremdsprachiger Film" für den Academy Award und den Britischen Filmpreis nominiert. Bei den Argentinischen Filmpreisen war er für sagenhafte 21 Preis nominiert und konnt davon zehn gewinnen: Als "Bester Film", für Regisseur Damián Szifron, sein Drehbuch, Hauptdarstellerin Erica Rivas, Hauptdarsteller Oscar Martínez, Nebendarsteller Germán de Silva, Kameramann Javier Julia, Komponist Gustavo Santaolalla, den Schnitt und den Ton. Hinzu kamen Nominierungen und Siege auf Festivals und bei Filmpreisen weltweit. Die Kritiken waren exzellent, und in Argentinien war "Relatos salvajes" der meistgesehene Film des Jahres. Am Ende hatte das Werk 20 Millionen Dollar weltweit eingespielt.
Kritiker Josh Larsen schrieb in "Larsen on Film": "In jeder Episode steigert sich der Wahnsinn langsam, bis sie zu einer visuellen Demonstration von Murphy's Gesetz wird."
"Watchmen", Pro7, 01:30 Uhr
In einem alternativen 1985, in dem Ex-Superhelden existieren, untersucht der noch aktive Selbstjustiz verübende Rorschach (Jackie Earle Haley) den Mord an einem Kollegen. Seine ausgedehnte Untersuchung deckt etwas auf, was den Lauf der Geschichte völlig verändern könnte.
Alan Moore, der britische Autor der "Watchmen"-Comics, hielt sein Werk für "unverfilmbar". Und jahrzehntelang sah es auch so aus, als sollte er damit recht behalten. Die Versuche der Filmindustrie, die graphic novel auf die Leinwand zu bringen, setzten direkt nach der Veröffentlichung 1986 an und blieben sämtlich folgenlos. Zwei Komponenten sprachen gegen eine Kinoversion: Die komplexe Handlung der Comics und die Kosten, deren Fantasy-Welt zum Leben zu erwecken.
Das Projekt flipperte über die kommenden 20 Jahre von einem Studio zum anderen: 20th Century Fox, Warner Brothers Pictures, Revolution Studios, Universal Pictures, Paramount Pictures, erneut Fox und dann schließlich wieder Warner Bros. und Paramount - immer wieder wurde die Produktion auf die Agenda gesetzt und dann aus Kostengründen gestrichen. Als Regisseure waren dabei Terry Gilliam, Darren Aronofsky, Paul Greengrass, Tim Burton und Michael Bay vorgesehen.
2006 schließlich entschieden sich Warner Brothers und Paramount Pictures, den US-Fantasy-Film gemeinsam zu realisieren. Zum Einen brachten Comic-Verfilmung seit dem erfolgreichen "X-Men"-Start im Jahr 2000 inzwischen recht zuverlässig Geld, zum Anderen glaubte man, mit Zack Snyder ("Batman vs. Superman: Dawn of Justice") den richtigen Regisseur gefunden zu haben. Sein Abenteuerfilm "300" hatte sich als visuell wegweisend und vor allem mega-erfolgreich erwiesen.
Snyder gelang es weiterhin nicht, Alan Moore für die Produktion zu gewinnen, aber Zeichner Dave Gibbons arbeitete als Berater mit. Zack wollte sich so eng wie möglich an die DC Comic-Vorlage halten und nahm die Comic-Bilder teilweise als Bild-für-Bild-Vorlage. Dennoch änderte er die Geschichte an einigen Stellen.
Im Gegensatz zu "300" entschied sich der Filmemacher, diesmal nicht alles vor Green Screen-Hintergrund zu drehen und die Filmbilder abseits der Schauspieler dann am Computer zu produzieren, sondern bei dem 130 Millionen Dollar teuren Streifen mit echten Kulissen zu arbeiten, die im kanadischen Vancouver entstanden. Zehn Firmen arbeiteten an den 1100 Spezialeffekten.
Snyder machte keine Kompromisse in der Darstellung von Gewalt und Sex, so dass sein Werk nur die Altersfreigabe "R" erhielt und somit Jugendliche unter 17 Jahren ohne Erwachsenenbegleitung ausschloss. Als künstlerische Integrität musste man ihm dies zugute halten in einer Zeit, in der die meisten Studios bis heute versuchen, die Wischiwaschi-Altersfreigabe "PG-13" zu erhalten, indem sie Gewaltszenen gewalt- und blutlos aussehen lassen.
Auf jeden Fall war "Watchmen" ein knallharter und visuell bemerkenswerter Film, dem aber seine Treue zur Vorlage insofern nicht zum Vorteil gereichte, weil viele Zuschauer, die mit den Comics nicht bekannt waren, nur schwerlich durch die komplexe Erzählstruktur fanden. Die Kritiken und die Zuschauerreaktionen waren bei der Premiere 2009 total polarisiert.
Mit einem weltweiten Einspiel von 185 Millionen Dollar wurde der Film ein solider Erfolg, angesichts der hohen Produktionskosten aber ein Verlustgeschäft, weshalb es keinen weiteren Versuch gab, die Watchmen auf die Leinwand zu bringen.
Kritiker Brian Johnson schrieb in "Maclean's Magazine": "Dieses epische Spektakel wird nicht durch viel Wirrwarr beschwert. Seine intellektuelle Komplexität ist wohlverdient und nicht aufgepfropft. Dazu ist er auch noch visuell erstaunlich."
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