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TV-Tipps für Ostersonntag (12.4.): Stanley Kubrick zündet die Kerzen an

Arte zeigt Meisterwerk "Barry Lyndon"

Am Ostersonntagabend trumpfen die Öffentlich-Rechtlichen mit zwei Klassikern zur besten Sendezeit auf: Arte strahlt das Stanley Kubrick-Meisterwerk "Barry Lyndon" im Hauptprogramm aus, während parallel 3sat österlich-religiöse Filmgrüße mit "Die zehn Gebote" sendet.

"Barry Lyndon", Arte, 20:15 Uhr
Ein irischer Hochstapler (Ryan O'Neal) heiratet im England des 18. Jahrhunderts eine reiche Witwe (Marisa Berenson), um in die höchsten Gesellschaftskreise aufzusteigen.

Für Kritikerpapst Roger Ebert ist dieses britische Drama "einer der schönsten Filme, die je gedreht worden sind", und Martin Scorsese nennt ihn als seinen Lieblingsfilm von Regisseur und Drehbuchautor Stanley Kubrick. Gerade in den letzten Jahren ist "Barry Lyndon" in der Gunst von Cineasten und Kritikern aufgestiegen, nachdem er bei seiner Premiere 1975 kühler aufgenommen worden war - bewundert, aber nicht gemocht. Mit Sicherheit gehört die 11 Millionen Dollar teure Produktion noch heute zu den unbekannteren Werken Kubricks neben Giganten wie "The Shining", "2001" oder "A Clockwork Orange", zählt aber wie diese zu den Meisterwerken des Kinos.

"Barry Lyndon" ist eine zynische, ironische und komplexe Mischung aus Zeitporträt und Charakterstudie, in der sich private und gesellschaftliche Dimensionen nahtlos verbinden und die mit ungeheurer, für Stanley typischer Detailversessenheit und historischer Akkuratheit in Szene gesetzt ist.

Wie zuvor bei "2001" mit seinen revolutionären Spezialeffekten und später bei "The Shining" mit dem Einsatz der Steadicam-Kamera setzte der Amerikaner auch bei diesem Werk modernste Technik ein, um in diesem Fall Bilder zu erreichen, die Gemälden aus dem 18. Jahrhundert gleichen, in dem es noch kein elektrisches Licht gab. Um die Stimmung des Rokoko authentisch widerzugeben, drehte Kameramann John Alcott einige Szenen ohne künstliches Licht alleine bei Kerzenschein, was bis dahin noch nie gelungen oder vielleicht auch nur angestrebt worden war. Dies gelang durch die Verwendung eines extrem lichtstarken Objektivs, das von Carl Zeiss für die NASA für die Mondlandung produziert worden war. Es sind diese Bilder, für die "Barry Lyndon" bis heute am bekanntesten ist.

Ursprünglich hatte Kubrick nach "2001" einen Streifen über Napoleon drehen wollen, gab diese Idee nach dem Flop von "Waterloo" im Jahr 1970 aber vorerst auf und inszenierte statt dessen "A Clockwork Orange". Nach der britischen Pressekampagne gegen dieses vermeintlich Verbrechen und Gewalt inspirierende Werk, die Stanley veranlasste, die Literaturverfilmung sogar aus den Kinos zurückziehen zu lassen, wählte er wohl bewusst als nächste Produktion mit "Barry Lyndon" seinen unkontroversesten Stoff aus. Dazu adaptierte er den Roman "The Luck of Barry Lyndon" von William Thackeray aus dem Jahr 1844, reduzierte dessen Humor und betonte statt dessen den tragischen Gehalt der Geschichte vom Aufstieg und Fall eines Mannes, der in der georgianischen Gesellschaft seinen Platz nicht findet.

Die Warner Brothers Pictures-Produktion enstand hauptsächlich an vielen verschiedenen Drehorten von Schlössern, Herrenhäusern und Palais in Irland, England und Schottland sowie auch in West- wie Ostdeutschland im Residenzschloss Ludwigsburg und im Neuen Palais im Park Sanssouci in Potsdam.

Mit einem weltweiten Einspiel von 31 Millionen Dollar wurde "Barry Lyndon" auch ein kommerzieller Erfolg, wenn auch nicht in den Dimensionen, die man von Kubrick gewohnt war. Bei den Academy Awards erhielt der Film vier Oscars: Für Kameramann John Alcott, Komponist Leonard Rosenman, die Bühnenbildner und die Kostümbildner. Nominiert waren noch der Film selbst, Regisseur Stanley Kubrick und sein Drehbuch. Bei den Golden Globes waren der Film und Regisseur Kubrick nominiert. Bei den Britischen Filmpreisen wurden Regisseur Kubrick und Kameramann Alcott ausgezeichnet; nominiert waren noch der Film, die Bühnenbildner und die Kostumbildner.

Ein Zuschauer urteilt: "Ausgesprochene visuelle Schönheit durch seine Bildkompositionen und die fragile Beleuchtung, gepaart mit einem Gefühl der Einsamkeit, ergeben eine Leidenschaft, die sich subtil und himmlisch während des Films steigert und steigert. Wer ein Freund wahrer Kunst ist, ist ein Fan dieses Films. Stanley Kubrick war ein Photograph, bevor er Regie führte. Er hat einen visuellen Stil und vor allem ein Gefühl für Bildkomposition. Manche Filme erregen uns, aber mit dieser hohen Kunstfertigkeit wird ein Streifen zu einem Erlebnis. Das ist der Unterschied zwischen einem guten Film und einem Meisterwerk."



"Die zehn Gebote", 3sat, 20:15 Uhr

Der ägyptische Prinz Moses (Charlton Heston) erfährt von seinem wahren Herkunft als Hebräer und seiner göttlichen Mission, sein Volk aus Ägypten zurück nach Palästina zu führen.

Was "Der kleine Lord" hierzulande für das Fernsehen zu Weihnachten ist, ist "The Ten Commandments" für das US-Fernsehen zur Osterzeit: Seit 1973 zeigt ABC den US-Abenteuerfilm jedes Jahr. Dieses bombastische, teilweise auch absurde, aufwendig unterhaltsame Bibel-Epos ist auch nach 60 Jahren immer noch ein Publikumsrenner.

Zu ihrer Zeit galt die Paramount Pictures-Produktion mit 13 Millionen Dollar Herstellungskosten - das entspräche heute etwa 120 Millionen Dollar - als die teuerste ihrer Zeit, verfilmt mit ungeheurem Aufwand: 14 000 Statisten und 15 000 Tiere wirkten mit, und für die Rollen neben Charlton Heston besetzte Regisseur Cecil B. DeMille Stars wie Yul Brynner, Anne Baxter und Edward G. Robinson.

Das Werk ist dabei Cecil's Neuverfilmung seines eigenen "The Ten Commandments" von 1923. Das Kalkül des Filmemachers und von Paramount war einfach: Statt in Schwarzweiß und als Stummfilm sollte die Geschichte in Farbe, mit Ton, im Breitbildformat und mit nie gesehenen Spezialeffekten die Zuschauer vom Fernseher weg vor die großen Leinwände zurückholen.

Der Plan ging auf: Für DeMille wurde "The Ten Commandments" 1956 sein letzter und zugleich kommerziell erfolgreichster Film und ein gigantischer Erfolg. Mit 65 Millionen Dollar - das entspricht heute knapp 1,2 Milliarden Dollar - wurde der Streifen der mit Abstand erfolgreichste des Jahres. Nach Zuschauerzahlen ist er aktuell noch immer der sechsterfolgreichste aller Zeiten in den USA.

Einige Szenen waren tatsächlich auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel gefilmt worden, der Großteil allerdings in den Studios in Hollywood und in Kalifornien. Die Ankunft der Juden am Roten Meer entstand beispielsweise an der US-Westküste. Einige Kulissen, Kostüme und Requisiten kauften Paramount 20th Century Fox ab, die zwei Jahre zuvor den ebenfalls im antiken Ägypten spielenden "The Egyptian" produziert hatten.

Die Arbeit an den Spezialeffekten nahm besonders großen Raum ein, insbesondere die Teilung des Roten Meeres galt als der komplizierteste Effekt bis zum damaligen Zeitpunkt, dessen Realisierung allein sechs Monate in Anspruch nahm. Unter anderem wurden dabei ein riesiger Wassertank und ein selbst gebauter Wasserfall auf dem Paramount-Studiogelände genutzt.

Die Kritiken waren positiv, die Zuschauerschlangen lang, und auch die Industrie erkannte die künstlerische und vor allem technische Meisterschaft des Werkes an. Sieben Oscar-Nominierungen erhielt "The Ten Commandments": Als "Bester Film", für Kameramann Loyal Griggs, Cutterin Anne Bauchens, die Bühnenbildner, die Kostümbildner, den Ton und die Spezialeffekte. Nur für Letztere gab es den Goldjungen. Bei den Golden Globes war Hauptdarsteller Charlton Heston nominiert. 1999 nahm die US-Library of Congress den Film als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsames Werk" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.

Ein Zuschauer befindet: "Das mag nicht die subtilste und anspruchsvollste Unterhaltung sein, die je zusammen gestellt worden ist, aber der Film erzählt seine Handlung mit einer Klarheit und Lebendigkeit, die wenige haben kopieren können. Mit seiner Spielzeit von fast vier Stunden ist es ein ausschweifendes Epos voller Absurditäten und Vulgaritäten, aber langweilt für keine Minute. Zugleich ist es der größte, spektakulärste, übertriebenste und grellste, aber verschwenderisch unterhaltsamste Film von Cecil B. DeMille, der ihn ganz als den Showman zeigt, der er zeitlebens war."



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