"Das Piano", 3sat, 22:45 Uhr
Eine stumme Frau (Holly Hunter) wird Mitte des 19. Jahrhunderts mit ihrer jungen Tochter (Anna Paquin) und ihrem Piano für eine arrangierte Hochzeit mit einem reichen Grundbesitzer (Sam Neill) nach Neuseeland geschickt, wo sie ein heimischer Vorarbeiter (Harvey Keitel) begehrt.
Es kommt nicht allzu häufig vor, dass ein neuseeländischer Film die Welt erobert, aber "The Piano" gelang dies 1993 in überwältigender Art und Weise. Produziert für umgerechnet 7 Millionen Dollar, spielte das Drama weltweit 140 Millionen Dollar ein. Die Kritiker überschlugen sich, bei den Filmfestspielen in Cannes gewann das Werk die Goldene Palme und Holly Hunter als "Beste Darstellerin".
Es folgten acht Oscar-Nominierungen für den Film, die Regie, das Drehbuch, Hauptdarstellerin Holly Hunter, Nebendarstellerin Anna Paquin, Kameramann Stuart Dryburgh, Cutterin Veronika Jenet und Kostümbildnerin Janet Patterson. Drei Goldjungen konnten die Beteiligten mit nach Hause nehmen: Jane Campion für ihr Drehbuch, Hunter und Paquin, die nach Tatum O'Neill die zweitjüngste Preisträgerin wurde. Bei den Golden Globes gewann Hunter ebenso wie bei den Britischen Filmpreisen, wo auch Ausstatter Andrew McAlpine und Kostümbildnerin Patterson ausgezeichnet wurden. Bei den Australischen Filmpreisen gewann "The Piano" nicht weniger als elf Preise.
Die Frau hinter dem Erfolg war Jane Campion, die bereits drei Jahre zuvor mit "An Angel at My Table" international auf sich aufmerksam gemacht hatte. Die damals 38 Jahre alten Filmemacherin schaffte es, ein subtiles und intimes Dreiecksspiel zu kreieren, eine Wahrhaftigkeit suchende Romanze, die mit grandiosen Bildern die Selbstfindung und -befreiung einer Frau schildert. Im Vordergrund steht dabei Holly Hunter's großartige Darstellung, im Hintergrund die fabelhafte Musik von Michael Nyman, die zum einem Bestseller-Soundtrack wurde.
Hunter war auch deshalb eine vorzügliche Wahl, weil sie neben der Gebärdensprache auch das Klavierspielen beherrschte und so vor der Kamera selbst am Piano musizieren konnte. Die Aktrice war aber nicht die erste Wahl gewesen, sondern kam erst zum Zug, nachdem Sigourney Weaver, Jennifer Jason Leigh und Isabelle Huppert aus verschiedenen Gründen abgesagt hatten. Die damals zehn Jahre alte Paquin fanden die Filmemacher durch ein offenes Vorsprechen, an dem sich rund 5000 Mädchen im Alter von neun bis 13 Jahren beteiligten.
Eine Zuschauerin befindet: "Ich kann verstehen, dass viele Männer den Film blöd finden, weil so viel seiner sinnlichen Stärke sich aus dem speist, was untrennbar weiblich ist. Wenn mir jemand erzählt hätte, dass ich Harvey Keitel jemals sexy finden würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt...aber ooooh Baby! Dieser Mann sieht Ada's innere Leidenschaft und ist fasziniert; dann greift er nach ihr mit einer Unverblümtheit, die auch irgendwie zärtlich, fast ehrfürchtig ist. Im Gegensatz zu ihm greift Sam Neill nach ihr wie zu einer Holzpuppe, er erkennt sie überhaupt nicht. Es ist ein delikater Gegensatz, der die Schönheit der wahrhaftigen Verbindung, wie sie zwischen den Liebenden entsteht, verdeutlicht."
"Die Bourne Identität", ZDF, 01:00 Uhr
Ein Mann (Matt Damon), in dessen Körper eine Kugel steckt und der unter Gedächtnisschwund leidet, wird von Fischern aus dem Mittelmeer gefischt. Schnell muss er sich Attentätern erwehren, während er versucht, seine Vergangenheit zu rekonstruieren.
"Wenn ich höre, dass die Leute sagen, die Dreharbeiten seien ein Alptraum gewesen, frage ich mich: Was ist ein Alptraum? Dreharbeiten sind immer hart, aber wir haben es zu Ende gebracht."
So sprach Matt Damon über die Produktion dieses US-Thrillers, der zum Startpunkt einer sehr erfolgreichen Reihe werden sollte. So weit konnten der Hauptdarsteller und sein Regisseur Doug Liman ("Barry Seal: Only in America") während der Dreharbeiten im Herbst 2000 noch nicht sehen - sie waren vollauf damit beschäftigt, sich mit den Managern von Universal Pictures auseinander zu setzten, oder die neuesten Drehbuchseiten von Tony Gilroy ("Star Wars: Rogue One") aus dem Faxgerät ziehen, die während der Dreharbeiten eintrafen.
Die grundsätzliche Meinungsverschiedenheit zwischen Liman und dem Studio bestand im Tonfall des Films. Der Regisseur wollte einen zurückhaltenden Streifen, relativ realistisch, während es Universal Pictures im Stil eines James Bond-Opus krachen lassen wollten. Ihnen schien der Film zu langsam im Tempo und mit zu vielen kleinen Action-Sequenzen. Besonders bezüglich des Finales auf einem einsamen Bauernhof gab es Differenzen, die durch ständiges Umschreiben des Skripts behoben werden sollten. Diese Drehbuchneufassungen und einige Nachdrehs führten dazu, dass der Premierentermin um ein halbes Jahr verschoben werden musste und das Werk 8 Millionen Dollar teurer wurde als veranschlagt. Letztlich kostete "The Bourne Identity" 60 Millionen Dollar.
Streit gab es auch über die Drehorte. Universal wollten aus Kostengründen in Montreal oder Prag drehen, die dann Paris "gedoubelt" hätten, doch Doug bestand auf der französischen Hauptstadt und konnte sich auch damit durchsetzen. Dagegen wurden die meisten in Zürich spielenden Szenen in Prag gedreht; dazu kamen Aufnahmen auf der griechischen Insel Mykonos und in Rom.
Für Liman war der ständige Streit mit dem Studio - der sich auch in die Nachproduktion erstreckte, als er mit der Musik von Carter Burwell unzufrieden war und eine neue Komposition bei John Powell in Auftrag gab - besonders misslich, denn "The Bourne Identity" war ein Wunschprojekt des damals 35-Jährigen. Der Amerikaner war ein Fan der Bücher von Robert Ludlum und bemühte sich um die Verfilmungsrechte, die bei Warner Brothers Pictures lagen. Diese hatten 1988 einen Fernsehfilm gleichen Titels als werkgetreue Version des Buches aus dem Jahr 1980 ausgestrahlt, in welchem Richard Chamberlain die Titelrolle übernommen hatte. Schließlich griffen Universal Pictures in Liman's Namen zu - keine Ehe im Himmel, wie sich dann ja herausstellen sollte.
Der Filmemacher wollte Brad Pitt für die Hauptrolle, der statt dessen aber "Spy Game" drehen wollte. So fiel die Wahl auf den damals 30 Jahre alten Damon, mit dem eine Verjüngung des Charakters einherging, der im Roman wesentlich älter ist. Liman entschied sich auch, nur noch die Ausgangssituation des Romans zu verwenden; die Verbindungen zu dem Terroristen Carlos spielen auf der Leinwand keine Rolle.
Die Schwierigkeiten der Entstehung merkt man "The Bourne Identity" nicht an. Der sorgfältig inszenierte und spannende Streifen verbindet Genre-Elemente inklusiver rasanter Action-Szenen perfekt mit unerwartetem Witz und kann sich auf die Chemie zwischen den sympathischen Hauptdarstellern Matt Damon und Franka Potente verlassen. Kritiker und Publikum waren begeistert, und mit einem weltweiten Einspiel von 214 Millionen Dollar wurde der Film 2002 ein Erfolg.
Zwei Jahre später folgte mit "The Bourne Supremacy" eine noch erfolgreichere Fortsetzung, bei der wie zu erwarten Doug Liman nicht mehr das Megaphon schwingen durfte oder wohl auch nicht wollte.
Ein Zuschauer schreibt: "Ich habe die Schema X-Spionagefilme wie James Bond oder die kindische Zurschaustellung von Stunts in Filmen wie 'Triple X' ziemlich über. 'The Bourne Identity' ist einer der wenigen Filme, die ich kenne, in der der Held nicht fallschirmspringend oder skifahrend einen Haufen Bösewichter erschießt, es Laser-Kugelschreiber, Autos mit Schleudersitzen oder silikonbrüstige Frauen gibt. Dieser Film ist konsequent und fokussiert. Die meiste Action ist glaubhaft, es gibt keine Super-Gadgets, keine unglaublich lieblichen Models, die sofort mit Bourne ins Bett steigen, und der Held zeigt Anzeichen physischer Verwundbarkeit trotz seiner hervorragenden Ausbildung und Kompetenzen. Die Kampfszenen sind schnell, böse und sehr realistisch."
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