"Weißer Terror", Arte, 21:55 Uhr
Ein Mann (William Shatner) in einem weißen Anzug kommt in eine Stadt in den Südstaaten der USA, um gegen die bevorstehende Integration afro-amerikanischer Schüler auf Schulen der Weißen zu hetzen.
Regisseur und Produzent Roger Corman ("The Little Shop of Horrors") gilt als einer der Exponenten des exploitation cinema: Schnell und billig, aber einfallsreiche gedrehte Filme mit Monstern oder Gothic Horror nach Geschichten von Edgar Allen Poe, die in den Fünfzigern und Sechzigern zuverlässig Geld einbrachten. Es ist eine Ironie der Filmgeschichte, dass ausgerechnet und wahrscheinlich folgerichtig der Streifen, mit dem Corman 1962 eine politische Position bezog und ein gesellschaftlich heißes Eisen der Zeit anpackte, ein finanzieller Misserfolg wurde. Werden musste, weil kaum ein Kino ihn spielen wollte.
Es war Corman bewusst, dass er ein finanzielles Risiko einging. Die Schwierigkeiten begannen bereits, als er das Geld für sein US-Drama über die Rassenintegration zusammen klauben musste. United Artists, Allied Pictures und American International Pictures winkten allesamt ab, weil sie keine kommerziellen Erwartungen hegten. Also finanzierten Roger und sein Bruder und Mitproduzent Gene das Budget von 100 000 Dollar zum Großteil aus eigenen Taschen. Gene erklärte: "Wir haben unsere Herzen, unsere Seelen und - was wenige tun - unser Geld in diesen Film gesteckt. Wir wurden gefragt, warum wir diesen Streifen drehen, als ob man sagen wollte, warum etwas filmen, woran man glaubt, wenn alles andere doch profitabel ist? Offensichtlich weil wir es wollten, und ich denke, dass wir einen verdammt guten Job gemacht haben."
Das stimmt - und sie machten es unter widrigen Umständen. Wegen des schmalen Budgets konnte nicht mit Stars - die angedachten Tony Randall oder Ray Milland waren zu teuer - und nicht im Studio, sondern nur vor Ort im Südosten des US-Bundesstaats Missouri mit vielen Laiendarstellern gedreht werden. Weil sie Behinderungen fürchteten, ließen Corman und sein Stab die Bewohner über die Handlung ihres Werks im Ungefähren. Dennoch gab es Drohungen des Ku Klux Klan und die Polizei verwies die Filmcrew des öfteren von ihren Drehorten.
Corman verfilmte mit "The Intruder" - so der Originaltitel - einen Roman von Charles Beaumont aus dem Jahr 1958, der auch das Drehbuch schrieb. Das Thema der Aufhebung der Rassentrennung im Schulsystem hatte ein Jahr zuvor seinen unrühmlichen Höhepunkt gefunden, als US-Präsident Dwight Eisenhower die Nationalgarde nach Little Rock im US-Bundesstaat Arkansas schicken musste, um neun Schülern als ersten afro-amerikanischen Jugendlichen den Schulbesuch an der Little Rock Central High School zu ermöglichen. Aus dieser Ausgangslage machte der Filmemacher einen wirklichkeitsnahen, packenden und kompromisslosen Streifen, der es vermeidet, in einen predigthaften Ton abzugleiten.
Die Zensurbehörde der Motion Picture Association of America wollte "The Intruder" zunächst keine Freigabe erteilen, weil das Wort "Nigger" vorkam - eine recht fadenscheinige Begründung, wie Roger mit Verweis auf andere Produktionen, in denen das Wort geäußert wurde und welche die Freigabe dennoch erhalten hatten, zeigen konnte. Die MPAA lenkte schließlich ein, aber nur wenige Kinos zeigten den Film schließlich.
Ein Zuschauer lobt: "Ich habe den Film vor ein paar Tagen gesehen und war sprachlos. Als ich zwölf Jahre alt war, sah ich Anfang der Sechziger im Fernsehen die Rassenunruhen in den Südstaaten, und jetzt war es so, als sähe ich alles noch einmal, das ganze Böse kam wieder auf. Inzwischen bin ich 71 Jahre alt und halte diesen Streifen für eine zutreffende Schilderung des wahnwitzigen und finsteren Verhaltens, dessen Menschen fähig sind. Die Schauspieler spielen ihre Rollen sehr gut, und William Shatner verkörpert perfekt den Demagogen, von denen ich einige während meines Lebens hören musste. Manche Zuschauer dürften glauben, dass das alles übertrieben ist, aber ich habe diesen Film in anderer Form in den Fernsehnachrichten gesehen, als ich ein Kind war."
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