Nachdem viele der Oscar-Statuetten den Abend über bei den 92. Academy Awards überraschungsfrei an die durch viele Preise in den Monaten der Preisverleihungssaison designierten Favoriten gegangen waren, schien alles auf einen in diesem Stil zu krönenden Engländer Sam Mendes und dessen britischen Abenteuerfilm "1917" zuzulaufen. Und dann kam alles anders.
"Parasite" war kein Außenseiter - der Gewinner der Goldenen Palme von Cannes hat inzwischen rund 200 Preise und Nominierungen aufgehäuft, dabei als "Bester fremdsprachiger Film" den Golden Globe und den Britischen Filmpreis gewonnen. Aber eben nicht die Preise für Regie und "Bester Film". Für eine ausländische, nicht-englischsprachige Produktion schien dies eine unsichtbare Hürde. Eine Industrie, die eine ausländisches Werk wählt, stimmt ja sozusagen auch gegen sich selbst. "Roma" und Alfonso Cuarón konnten vor einem Jahr ein Lied davon singen, auch wenn der BAFTA-Gewinn als "Bester Film" zeigte, dass es möglich ist, in die anglo-amerikanische Dominanz einzubrechen.
Dass jetzt aber auch Hollywood eine südkoreanische Produktion und erstmals einen fremdsprachigen Film mit vier der Haupt-Oscars - Bester Film, Regie, Drehbuch und Bester fremdsprachiger Film, der jetzt Bester internationaler Film heißt - geadelt hat, ist wirklich eine Sensation.
Die inzwischen gezwungen wirkenden Bekenntnisse und Zurschaustellung von Diversität in der gestrigen Show wirken nun mal hohl, wenn doch nur dominant weiße Künstler nominiert werden und gewinnen. Entscheidend ist auf dem Platz, heißt es so schön. Und hier sind die Goldjungen für "Parasite" ein wirkliches Statement, dass sich etwas wandelt in der Filmindustrie. Dass zumal ein Werk ausgezeichnet wird, welches sich mit Problemen der Gegenwart in satirischer Weise auseinander setzt, ist ebenfalls erfrischend. Bei aller technischen Brillanz und emotionaler Wucht von "1917" - braucht es wirklich wieder einen Kriegsfilm, diesmal nicht mal mehr aus dem Zweiten, sondern sogar aus dem Ersten Weltkrieg? Bong Joon-ho's "Gisaengchung" - so der Originaltitel - wirkt wesentlich aktueller, drängender, zeitgemäßer. Ein Film aus dieser Zeit, für diese Zeit.
Es war angemessen, dass Produzentin Kwak Sin-ae von einem "sehr günstigen Moment, der sich gerade in der Geschichte ereignet", sprach. Sie dankte Bong Joon-ho dafür, dass "er nie zögert, uns direkte Meinungen zu zeigen, die uns nie selbstzufrieden werden lassen, und er immer bis an die Grenze geht".
Hier die vollständige Liste der Nominierungen (und Gewinner):
Bester Film:
"Ford v Ferrari"
"The Irishman"
"Jojo Rabbit"
"Joker"
"Little Women"
"Marriage Story"
"1917"
"Once Upon a Time in Hollywood"
"Parasite”
Bester fremdsprachiger Film:
"Boze cialo" (Polen)
"Honeyland" (Mazedonien)
"Les Miserables" (Frankreich)
"Dolor y gloria" (Spanien)
"Parasite" (Südkorea)
Bester Dokumentarfilm:
"American Factory"
"The Cave"
"The Edge of Democracy"
"For Sama"
"Honeyland"
Bester Animationsfilm:
"How to Train Your Dragon: The Hidden World"
"I Lost My Body"
"Klaus"
"Missing Link"
"Toy Story 4"
Beste Regie:
Martin Scorsese ("The Irishman")
Todd Phillips ("Joker")
Sam Mendes ("1917")
Quentin Tarantino ("Once Upon a Time in Hollywood")
Bong Joon-ho ("Parasite")
Bestes Originaldrehbuch:
Rian Johnson ("Knives Out")
Noah Baumbach ("Marriage Story")
Sam Mendes und Krysty Wilson-Cairns ("1917")
Quentin Tarantino ("Once Upon a Time in Hollywood")
Bong Joon-ho und Jin Won Han ("Parasite")
Bestes adaptiertes Drehbuch:
Steven Zaillian ("The Irishman")
Taika Waititi ("Jojo Rabbit")
Todd Phillips und Scott Silver ("Joker")
Greta Gerwig ("Little Women")
Anthony McCarten ("The Two Popes")
Beste Hauptdarstellerin:
Cynthia Erivo ("Harriet")
Scarlett Johansson ("Marriage Story")
Saoirse Ronan ("Little Women")
Charlize Theron ("Bombshell")
Renée Zellweger ("Judy")
Bester Hauptdarsteller:
Antonio Banderas ("Dolor y gloria")
Leonardo DiCaprio ("Once Upon a Time in Hollywood")
Adam Driver ("Marriage Story")
Joaquin Phoenix ("Joker")
Jonathan Pryce ("The Two Popes")
Beste Nebendarstellerin:
Kathy Bates ("Richard Jewell")
Laura Dern ("Marriage Story")
Scarlett Johansson ("Jojo Rabbit")
Florence Pugh ("Little Women")
Margot Robbie ("Bombshell")
Bester Nebendarsteller:
Tom Hanks ("A Beautiful Day in the Neighborhood")
Anthony Hopkins ("The Two Popes”)
Al Pacino ("The Irishman")
Joe Pesci ("The Irishman")
Brad Pitt ("Once Upon a Time in Hollywood")
Beste Kamera:
Rodrigo Prieto ("The Irishman")
Lawrence Sher ("Joker")
Jarin Blaschke ("The Lighthouse")
Roger Deakins ("1917")
Robert Richardson ("Once Upon a Time in Hollywood")
Beste Musik:
Hildur Guðnadóttir ("Joker")
Alexandre Desplat ("Little Women")
Randy Newman ("Marriage Story")
Thomas Newman ("1917")
John Williams ("Star Wars: The Rise of Skywalker")
Bester Song:
"I Can’t Let You Throw Yourself Away" ("Toy Story 4")
"I'm Gonna Love Me Again" ("Rocketman")
"I'm Standing With You" ("Breakthrough")
"Into the Unknown" ("Frozen 2")
"Stand Up" ("Harriet")
Bester Schnitt:
Michael McCusker und Andrew Buckland ("Ford v Ferrari")
Thelma Schoonmaker ("The Irishman")
Tom Eagles ("Jojo Rabbit")
Jeff Groth ("Joker")
Jinmo Yang ("Parasite")
Beste Ausstattung:
Bob Shaw and Regina Graves ("The Irishman")
Ra Vincent und Nora Sopkova ("Jojo Rabbit")
Dennis Gassner and Lee Sandales ("1917")
Barbara Ling and Nancy Haigh ("Once Upon a Time in Hollywood")
Lee Ha-Jun and Cho Won Woo, Han Ga Ram, and Cho Hee ("Parasite")
Beste Kostüme:
Sandy Powell und Christopher Peterson ("The Irishman")
Mayes C. Rubeo ("Jojo Rabbit")
Mark Bridges ("Joker")
Jacqueline Durran ("Little Women")
Arianne Phillips ("Once Upon a Time in Hollywood")
Beste Maske:
"Bombshell"
"Joker"
"Judy"
"Maleficent: Mistress of Evil"
"1917”
Beste Visuelle Effekte:
"Avengers Endgame"
The Irishman"
"1917"
"The Lion King"
"Star Wars: The Rise of Skywalker"
Bester Tonschnitt:
Don Sylvester ("Ford v Ferrari")
Alan Robert Murray ("Joker")
Oliver Tarney und Rachel Tate ("1917")
Wylie Stateman ("Once Upon a Time in Hollywood")
Matthew Wood und David Acord ("Star Wars: The Rise of Skywalker")
Beste Tonmischung:
"Ad Astra"
"Ford v Ferrari"
"Joker"
"1917"
"Once Upon a Time in Hollywood"
Bester Kurzfilm:
"Brotherhood"
"Nefta Football Club"
"The Neighbors' Window"
"Saria"
"A Sister”
Bester Dokumentarkurzfilm:
"In the Absence"
"Learning to Skateboard in a Warzone (If You're a Girl)"
"Life Overtakes Me"
"St. Louis Superman"
"Walk Run Cha-Cha"
Bester Animationskurzfilm:
"Dcera"
"Hair Love"
"Kitbull"
"Memorable"
"Sister"