"Florence Foster Jenkins", Sat1, 20:15 Uhr
Eine New Yorker Gesellschaftsdame (Meryl Streep) hat es sich während des Zweiten Weltkriegs in den Kopf gesetzt, als Sopranistin zu brillieren, obwohl sie überhaupt nicht singen kann.
Ein weiteres Kapitel aus der Rubrik "Kaum zu glauben, aber wahr" - und wer es nach diesem ergreifenden britischen Drama mit einer einmal mehr brillanten Meryl Streep in der Titelrolle nicht glauben mag, sollte sich auf Youtube die Aufnahmen der echten Florence Foster Jenkins anhören, die sich unter anderem ausgerechnet an einigen der schwierigsten Stücke der Musikgeschichte wie der Arie "Der Hölle Rache" der Königin der Nacht aus "Die Zauberflöte" versuchte.
Einer, der Zugang zu der angeblich "schlechtesten Sängerin aller Zeiten" ebenfalls über diese Clips im Internet fand, war der englische Regisseur Stephan Frears, der - bevor er das Drehbuch von Spielfilmdebutant Nicholas Martin las - nicht viel über die Amerikanerin wusste, die von 1941 bis 1944 fünf Schallplatten auf eigene Rechnung besang. "Man lacht, und gleichzeitig berührt sie einen", beschrieb Frears seine Reaktion auf die Aufnahmen. "Es ist gleichzeitig lächerlich und mutig."
Genau den Spagat, diese Tonlage sozusagen, musste der Filmemacher mit seiner umgerechnet 29 Millionen Dollar teuren BBC-Produktion treffen. Selbst wenn sich die Zuschauer wegen der gräulichen Gesangsdarbietungen auf der Leinwand fremdschämen, so sollte Florence Foster Jenkins doch nicht der Lächerlichkeit preis gegeben werden - dass die Hauptfigur trotz allem ihre Würde nicht verlor, war das erklärte Ziel von Stephen und Meryl. Insbesondere dank der tollen Leistung der Hauptdarstellerin, die eigens Gesangstunden nahm, um zu lernen, wie man falsch singt - "Man muss gut singen können, um falsch singen zu können", so Frears -, gelang das dem gefälligen Werk und wurde seiner Titelfigur in all ihrer tragikomischen Tragweite gerecht.
Der in New York City spielende Streifen wurde in London und Liverpool gedreht. Mit weltweit lediglich 44 Millionen Dollar Umsatz lief "Florence Foster Jenkins", der den Kritikern wesentlich besser gefiel als den Zuschauern, 2016 mäßig erfolgreich an den Kinokassen.
Meryl Streep schaffte mit Nennungen bei den Oscars, den Golden Globes, dem Britischhen Filmpreisen und den Screen Actors Guild Awards zumindest den Nominierungs-"Grand Slam". Ebenfalls für einen Academy Award vorgeschlagen war Kostümbildnerin Consolata Boyle. Bei den Golden Globes waren neben Streep noch der Film selbst, Hauptdarsteller Hugh Grant und Nebendarsteller Simon Helberg nominiert. Bei den Britischen Filmpreisen gewannen die Maskenbildner; nominiert waren erneut Grant und Kostümbildnerin Boyle. Grant wurde wie Streep für den Screen Actors Guild Award nominiert; hier allerdings als Nebendarsteller.
Kritiker John Lui schrieb in "The Straits Times": "Das vorherrschende Gefühl in diesem warmherzig in Szene gesetzten und oft lustigen Film ist das der Zuneigung - für die Titelfigur und ihre eigentümlich kindgleiche Art, die Welt zu sehen."
"Exodus", Arte, 20:15 Uhr
Die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 mündet in den Krieg mit den arabischen Nachbarstaaten.
Kunst kann einen großen Einfluss darauf nehmen, wie breite Bevölkerungsschichten Geschichte erinnern, deren Teil sie nicht waren. So wie zum Beispiel "Schindler's List" die Ansicht des Holocausts beeinflusst hat, so hat dieser US-Abenteuerfilm die Sicht der US-Bevölkerung auf den arabisch-israelischen Konflikt entscheidend geprägt.
Die gleichnamige Romanvorlage des US-Autoren Leon Uris war 1958 zum Bestseller geworden. Uris hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass seine Sympathien bei den Israelis lagen. Als der österreichische Produzent und Regisseur Otto Preminger ("Anatomy of a Murder") die Kinoadaption anging, behielten er und Drehbuchautor Dalton Trumbo den pro-zionistischen Blickwinkel bei - so dass auch vor Ort in Israel und auf Zypern gedreht werden konnte -, schwächten die gröbsten Antipathien der Romanvorlage gegenüber den Arabern und Briten allerdings ab.
Preminger setzte bei seinem Werk auf Action und Spannung, was fast zwangläufig dazu führt, dass die historischen und politischen Hintergründe sehr vereinfacht werden. Im Rahmen eines Hollywood-Films, der ja hauptsächlich unterhalten will und muss und keine Geschichtslektion erteilen kann und will, hat Trumbo allerdings die Handlungsstränge des Romans recht geschickt gestrafft, und Otto einige mitreißende Szenen inszeniert.
Die 5 Millionen Dollar teure United Artists-Produktion erhielt 1960 gute Kritiken und wurde mit weltweit 20 Millionen Dollar Umsatz ein Riesenerfolg, in den USA der dritterfolgreichste Film des Jahres hinter "Spartacus" und "Psycho".
Bei den Academy Awards gewann Komponist Ernest Gold den Oscar; nominiert waren Nebendarsteller Sal Mineo und Kameramann Sam Leavitt. Nebendarsteller Mineo gewann den Golden Globe; Komponist Gold war hier nominiert.
Ein Zuschauer findet: "Ein Film, der mit Sicherheit Gefühle wecken wird - Leidenschaft, Hass, Liebe, Wut - und seine Botschaft beredsam und deutlich äußert, aber etwas Raum für den Betrachter lässt, wie er das Ganze aufnimmt. Er zeigt Argumente für Richtig und Falsch und hat die Fähigkeit, die Meinung des Zuschauers zu ändern. Schlussendlich bringt er zum Nachdenken darüber, was er und was die Charaktere zu sagen haben. Cineastisch ist er auch von hoher Qualität. Paul Newman und Lee J. Cobb sind großartig, zeigen reale Menschen in realen Situationen. Die Kameraführung ist exzellent, die Einstellungen bringen einem die Gefühle und die Denkweisen der Figuren nahe. Die epische Musik übertrifft dann alles - sie ist der Schlüssel zur Wirkung des Werks, lässt alles fließen und passt, abhängig von ihrer Variation, zur Gefühlswelt jeder Szene."
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