"Die Caine war ihr Schicksal", 3sat, 23:50 Uhr
Als das immer erratischere Verhalten eines US-Kapitäns (Humphrey Bogart) das Leben der ganzen Schiffsbesatzung zu gefährden droht, sieht sich der Erste Offizier (Van Johnson) vor die Entscheidung gestellt, ihn seines Amtes zu entheben.
Nach dem Vorspann dieses US-Dramas erscheint eine Texttafel: "Es hat niemals eine Meuterei auf einem Schiff der United States Navy gegeben. Die Wahrheit dieses Films liegt nicht in dessen Begebenheiten, sondern in der Art, wie einige Männer der Krise ihres Lebens begegnen."
Warum Columbia Pictures hier dermaßen Männchen vor dem Militär machen, lässt sich leicht erklären. Ohne die Mitwirkung der Navy wollte kein Studio das Pullitzer-Preis-gekrönten Roman "The Caine Mutiny" von Herman Wouk aus dem Jahr 1951 verfilmen. Nur im Studio ließ sich die gewünschte Authentizität für diese Prestige-Produktion in Augen der Filmindustrie nicht gewährleisten. Man benötigte schon ein reales Kriegsschiff, auf dem man drehen konnte, und die entsprechende Ausstattung drumherum. Doch die Navy wollte sich nicht engagieren, weil ihr die ganze Geschichte eines durchgeknallten Befehlshabers per se missfiel und das Wort "Meuterei" im Titel ein rotes Tuch darstellte.
Die Verhandlungen zwischen Militär und Columbia zogen sich Monate lang hin, bis der Kompromiss gefunden wurde, die eingangs erwähnte Einblendung einzuschieben und im Abspann den ganzen Streifen sogar noch der Navy zu widmen. Diese versorgte dafür die 2 Millionen Dollar teure Produktion mit Schiffen und Flugzeugen und ließ sie in den Häfen von Pearl Harbour und San Francisco und ihrem Stützpunkt in der Bucht von San Francisco drehen. Zusätzlich stellte sie noch einen Technischen Berater.
Das war nicht die einzige Schwierigkeit, welche die Produktion zu meistern hatte. Regisseur Edward Dmytryk war unzufrieden mit dem Drehbuchentwurf von Romanautor Wouk und engagierte statt dessen Stanley Roberts. Dessen Skript wäre auf eine Filmlänge von dreieinhalb Stunden hinausgelaufen, doch Columbia-Boss Harry Cohn bestand auf einer maximal zweistündigen Fassung. Roberts weigerte sich, die Kürzungen vorzunehmen und wurde durch Michael Blankfort ersetzt, der 50 Seiten strich und im Vorspann ironischerweise eine Nennung für "Zusätzliche Dialoge" erhielt.
Im Nachhinein stellte sich Dmytryk auf Roberts' Seite: Um dem Roman und dessen tiefgründigen Charakterisierungen gerecht zu werden, hätte man eine längere Spieldauer aufwenden müssen. Es verwunderte daher, dass umgekehrt eine völlig überflüssige Liebesgeschichte als Nebenhandlung für so wichtig gehalten wurde, um ihr Raum zu geben. Offenkundig wollte man auch dem weiblichen Publikum etwas bieten, aber der Handlungsstrang hält die Haupthandlung nur auf und trägt nichts bei.
Die insgesamt gegenüber der Vorlage sehr gestraffte Handlung überzeugt dennoch als packender Film mit prägnant herausgearbeiteten psychologischen und moralischen Konflikten, getragen von sehr guten Darstellern und einem herausragenden: Humphrey Bogart ist schlichtweg superb als ein geltungssüchtiger Mensch mit brüchiger Selbstbeherrschung.
"The Caine Mutiny" erhielt 1954 gute Kritiken und wurde mit 21 Millionen Dollar Umsatz in den USA ein Riesenerfolg beim Publikum. Bei den Academy Awards gab es sieben Oscar-Nominierungen: Als "Bester Film", für Drehbuchautor Stanley Roberts, Hauptdarsteller Humphrey Bogart, Nebendarsteller Tom Tully, Komponist Max Steiner, die Cutter und Tontechniker John P. Livadary. Nominierungen beim Britischen Filmpreis gab es für den Film und Darsteller José Ferrer.
Ein Zuschauer schwärmt: "Dieser Film zeigt eine der stärksten Leistungen von Humphrey Bogart, brillant als der paranoide Captain Queeg: 'Ah, aber die Erdbeeren, da habe ich sie erwischt. Sie haben gelacht und Witze gerissen, aber ich habe jenseits allen Zweifels und mit geometrischer Logik bewiesen, dass ein Zweitschlüssel zu der Eismaschine in der Offiziersmesse existierte...'. Eine fesselnde Handlung, erstklassige Schauspieler, wunderschön in Technicolor photographiert und produziert. Der einzige Schwachpunkt ist die völlig unnötige Liebesgeschichte zwischen May Wynn und Robert Francis - was wurde überhaupt aus ihnen? Das verlangsamt den ganzen Film und wäre besser rausgeschnitten worden. Ansonsten: Was für ein Film! Was für eine Besetzung!"
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