"Das Mädchen Insiang", Arte, 22:50 Uhr
Das Leben einer jungen Frau (Hilda Koronel), die mit ihrer Mutter (Mona Lisa) in den Slums von Manila lebt, wird unerträglich, als deren junger Liebhaber (Ruel Vernal) bei ihnen einzieht.
"Insiang" aus dem Jahr 1976 war die erste philippinische Produktion, die zu den Internationalen Filmfestspielen von Cannes, wenn auch nicht in den Wettbewerb, eingeladen wurde. Dem Drama war damit eine weltweite Aufmerksamkeit gewiss, zumal es von den Kritikern gefeiert wurde. In seinem Heimatland sah das anders aus: Imelda, die Frau des Diktators Ferdinand Marcos, kritisierte den Streifen, weil er "kein schönes Bild der Philippinen" zeige, und dementsprechend wurde das Werk von der Zensurbehörde beschnitten. Nach Protesten aus der Öffentlichkeit wurde er dann zwar freigegeben, floppte aber.
Das muss nicht verwundern, zeigt "Insiang" doch ungeschminkt das Elend in Tondo, einem armen Stadtteil der Hauptstadt Manila. Die Produktion war die erste, die dort überhaupt drehte. Regisseur Lino Brocka zeigt die Armut und erforscht Themen wie Verrat, Rache und Verzweiflung - nicht gerade ein Publikumsmagnet. Der Filmemacher verschmelzt seine heftige und wütende Handlung mit einer Aufrichtigkeit, die eines Dokumentarfilms würdig wäre.
Seinen Ursprung hatte der Kinofilm in einer Folge der TV-Serie "Hilda", die 1974 mit der damals 17 Jahre alten Hilda Koronel, einem Star des philippinischen Kinos, ausgestrahlt worden war. Drehbuchautor Mario O'Hara verarbeitete dort die wahre Geschichte einer ihm bekannten Familie und weitete dies für die Spielfilmfassung aus.
Bei den Philippinischen Filmpreisen wurde Mona Lisa als "Beste Nebendarstellerin" prämiert; nominiert waren der Film, Regisseur Lino Brocka, Hauptdarstellerin Hilda Koronel und Nebendarsteller Ruel Vernal.
In Deutschland kam "Insiang" nicht in die Kinos, sondern feierte seine Premiere erst 1981 im Fernsehen. 2015 wurde auf den Filmfestspielen von Cannes eine durch Martin Scorsese's The Film Foundation und durch das Film Development Council of the Philippines restaurierte Fassung gezeigt.
Eine Zuschauerin lobt: "Gedreht in den Slums von Tondo mit einem neorealistischen Blick, schwingt sich dieses Familiendrama zu einer griechischen Tragödie auf. Es ist Lina Brocka's straffester und bestkomponierter Film, bei dem er wie stets der Abscheulichkeit der Armut durch Details Leichtigkeit verleiht. Seine Streifen sind immer durch starke schauspielerische Leistungen geprägt, nicht nur von den Hauptdarstellern, sondern der gesamten Besetzung. Es gibt immer das Gefühl einer Ensemble-Leistung."
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