"Boat People", Arte, 22:45 Uhr
Ein japanischer Bildjournalist (George Lam) kehrt nach dem Ende des Vietnam-Kriegs in das Land zurück und erfährt allmählich die bittere Wahrheit über das Regime und seine Politik.
Der Originaltitel "Tau ban no hoi" dieses Dramas aus Hongkong lässt sich mit "Der wütenden See entgegen" übersetzen und deutet den Inhalt des Films besser an als der internationale Verleihtitel "Boat People". Denn Regisseurin Ann Hui und Drehbuchautor Kang Chien Chiu schilderten 1982 hier, was der Flucht vieler Vietnamesen Ende der Siebziger vorausging, was die Menschen überhaupt erst bewog, "Boat People" zu werden. In seiner Schilderung der Zustände in Vietnam ist er spezifisch, besieht man sich die aktuellen Zustände in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong - "Tau ban no hoi" reflektiert auch bereits die Ängste vor der Rückgabe der Stadt an das wie Vietnam kommunistische China, die damals verhandelt wurde - und die Migrationsbewegungen von Afrika nach Europa, ist der Streifen zeitlos.
Ann Hui ist bis zum heutigen Tag eine profilierte und produktive Filmemacherin in Hongkong. "Tan ban no hoi" wird zu ihren besten Werken gezählt, und auch sie selbst bezeichnet ihn als einen ihrer Favoriten. Mit ihm wurde sie international bekannt, auch wenn der Film es aufgrund politischen Drucks der französischen Regierung nicht in den Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes schaffte. Die Franzosen wollten die gerade aufgenommenen politischen Beziehungen zum neuen Regime in Vietnam nicht eintrüben.
Denn eines macht der Film deutlich: Er hegt keinerlei Sympathien für die neuen Machthaber. Kritiker und Linksintellektuelle warfen Hui vor, sie stelle die Kommunisten demagogisch böse dar, unter anderem weil China, das kurz zuvor im Kriegszustand mit Vietnam lag, die Produktion unterstützt hatte. Die Regisseurin verwehrte sich dagegen und verwies auf die vielen Interviews, die sie für den TV-Dokumentarfilm "A Boy from Vietnam" im Jahr 1979 mit vietnamesischen Fllüchtlingen geführt hatte. Diese machte sie bereits 1981 zur Grundlage ihres Dramas "Woo Yuet dik goo si" mit Chow Yun-Fat.
Dieser sollte auch in "Tau ban no hoi" mitwirken, aber der Schauspieler entschied sich aus Angst, in Taiwan auf eine Schwarze Liste gesetzt zu werden, dagegen. Da die Produktion auch auf der chinesischen Insel Hainan gedreht wurde, Taiwan aber Schauspieler, die in China drehten, ablehnte, stand diese Gefahr für den damals 26-Jährigen im Raum.
"Tan ban no hoi" lief monatelang vor ausverkauften Häusern in Hongkong und wurde für zwölf Hongkong-Filmpreise nominiert. Ausgezeichnet wurde er als "Bester Film", für Regisseurin Ann Hui, für Drehbuchautor Kang Chien Chiu, für Neuentdeckung Season Ma und für Ausstatter Tony Au. Das stimmige, dynamisch inszenierte Drama überzeugt in seiner Verdammung eines totalitären Systems.
Eine Zuschauerin schreibt: "Einer der Stärken des Streifen ist es, dass er mit einigen wohl bekannten Filmgrammatiken wie Drama, Dokumentarfilm und Romanze spielt, er sich nie auf eine einzige zurück zieht. Er funktioniert auf allen diesen Ebenen gut und erzählt seine Geschichte mit exzellentem Tempo und bis zum Abspann packend. Auf der anderen Seite ist er die vielleicht kühnste und unerschrockendste Kritik an der Brutalität und Heuchelei eines kommunistischen Staates. Trotz kleiner Schwächen vermag das Werk, das dazustellen, ohne zu predigen, sich herabzulassen oder das Thema gar zu ästhetisieren."
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