Die Kontroversen um den neuen Mel Gibson-Film "The Patriot"
reißen nicht ab.
Die Kontroversen um den neuen Mel Gibson-Film "The Patriot" reißen
nicht ab. Nachdem der Film bereits für seine Geschichtsschönung des
vermeintlichen Helden, den Gibson ("The Million Dollar Hotel") im
Film darstellt, kritisiert wurde, und es Probleme mit der
Altersfreigabe gab, weil in dem Epos Kinder einen Soldaten
ermorden, melden sich jetzt weitere aus- wie inländische Mäkler zu
Wort. "The Patriot" erzählt die Geschichte von Benjamin Martin, der
in den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1776 bis 1781 gegen die
Briten eingreift, nachdem die Rotröcke sein Haus niedergebrannt
haben. Während die in der Historie wurzelnde Figur geschönt worden
sein soll, werden die Briten umgekehrt allzu sehr zu Bösewichtern
stilisiert. Zumindest meint das der Stadtrat von Liverpool, der von
den Machern des Abenteuerfilms eine öffentliche Entschuldigung
verlangt. Die britische Stadt erregt sich über die Zeichnung eines
historischen Zeitgenossens, der im Film als Schlächter und
Kindermörder dargestellt wird. Banastre Tarleton - im Film unter
dem Rollennamen William Tavington und von Jason Isaacs (Bild/"Das
Ende einer Affäre") gespielt - sei in Wirklichkeit aber 1782 bei
seiner Rückkehr von der amerikanischen Ostküste von Kirchenglocken
und einer begeisterten Menge empfangen worden. Dann habe er
Liverpool noch für 20 Jahre im Parlament vertreten. Das mag kein
Beweis dafür sein, dass er kein Schlächter gewesen ist, aber
Liverpools Bürgermeister Edwin Clein weist darauf hin, "dass die
Experten sich einig sind, dass es keine echten Beweise gibt, um
diesen Charakteranschlag an jemandem zu rechtfertigen, der so viel
zu Liverpools großer Geschichte beigetragen hat." Für die Briten
handelt es sich bei "The Patriot" wieder einmal schlicht um eine
Uminterpretierung der Geschichte durch die Amerikaner, um besser
auszusehen. Der gleiche Vorwurf traf auch schon den gerade mit
Erfolg auf der Insel angelaufenen Zweite Weltkrieg-Film "U-571", in
dem die Amerikaner die Helden sind, während es in der Wirklichkeit
die Briten waren. Und seit "Braveheart" sind die Briten sowieso Mel
Gibson gegenüber skeptisch, weil sie dort als Schweine in Uniform
dargestellt wurden. In den USA ist eine ebenfalls altbekannte
Geschichtsklitterung Thema, die der Regisseur Spike Lee ("Spiel des
Lebens") jetzt in einem offenen Brief angeprangert hat:
"Am Unabhängigkeitstagswochenende sind meine Frau und ich zusammen
mit Millionen anderen Amerikanern in The Patriot gewesen. Beide
waren wir stinksauer, als wir wieder aus dem Kino kamen. Drei
Stunden lang wich The Patriot Sklaverei aus, umging sie oder
ignorierte sie völlig. Wie gelegen kam es Drehbuchautor Robert
Rodat, aus Mel Gibsons Charakter keinen Sklavenhalter zu machen? Es
sollte nicht vergessen werden, dass zwei der Gründungsväter, George
Washington und Thomas Jefferson, zahlreiche Sklaven hielten. The
Patriot ist reine, offenkundige amerikanische Hollywood-Propaganda.
Eine vollkommene Beschönigung der Geschichte, revisionistische
Geschichte. Während ich mich zurückhalten musste, nicht zur
Leinwand zu brüllen, fragte ich mich, wo die Sklaven seien. Wer
pflückte die Baumwolle? Hatte Rodat, ein Absolvent der Colgate
University in Geschichte, die Daten verwechselt? Die
Emanzipationsproklamation war noch 100 Jahre entfernt. Haben die
beiden Johns - Ford und Wayne - die Schwarzen schon ausgerottet?
Warum haben die Filmkritiker dies in ihren Besprechungen so
unterschlagen?"
Mel Gibson wird sich um diesen Aspekt seines Werks gar nicht weiter
gekümmert haben, musste er doch an der Front kämpfen, die schon
viele Filmemacher unter Beschuss sah. Der Akteur wehrte sich gegen
die Vorwürfe, der Streifen sei zu brutal. Gibson betonte, Gewalt in
Filmen könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, soziale
Probleme zu verursachen und sie sei auch ansonsten nichts
Verwerfliches. Als Kind habe er brutale Filme geliebt: "Das ist
etwas, womit wir aufgewachsen sind. Als ich ein kleines Kind war,
wollte ich keine Geschichten über eine Fee hören, sondern über den
Menschen fressenden Drachen, der einem die Eingeweide rausreißt.
Das ist in uns drin, wir müssen dem begegnen und tun das, zum
Glück, in der Fiktion. Ich denke, in manchen Filmen gibt es
exzessive, grundlose und schädliche Gewalt. Ich hoffe, dass ich nie
in so ein Zeug verwickelt gewesen bin. Aber ich glaube auch nicht,
dass es Übel in der Gesellschaft verursacht."