Til Schweiger in Personalunion als Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller ist mit einem neuen Werk zurück in die Kinos: Sollte "Klassentreffen 1.0" erfolgreich laufen, winken zwei Fortsetzungen für eine Trilogie. Horror-Maestro Eli Roth überrascht mit "Das Haus der geheimnisvollen Uhren" mit einem familienkompatiblen Film, während sich das deutsche Drama "Wackersdorf" und der norwegische Thriller "Utoya 22. Juli" realen Geschehnissen zuwenden. Was lohnt den Kinobesuch? Und wann lässt man das Portemonnaie besser stecken?
"Klassentreffen 1.0"
Komödie
Deutschland
127 Minuten
FSK 12
Unsere Empfehlung: Spart Euch das Geld!
Deutsche Komödie über drei alte Schulfreunde (Samuel Finzi, Milan Peschel und Til Schweiger), die ein Klassentreffen nutzen wollen, um ihre "wilden Zeiten" noch einmal aufleben zu lassen. Dies führt allerdings zu allerlei Peinlichkeiten und Verwicklungen.
Karten auf den Tisch: Til Schweiger hat Respekt verdient. Seit 20 Jahren macht er als Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Darsteller "sein Ding". Er ist einer der bekanntesten, wenn nicht der bekannteste Star hierzulande. Er hat Triumphe gefeiert mit Filmen wie "Honig im Kopf", an dessen internationaler Neuverfilmung mit Nick Nolte er gerade in der Nachproduktion sitzt. Der 54-Jährige ist also einer der profiliertesten Köpfe des deutschen Kinos. Seine Werke zeigt er allerdings seit zehn Jahren nicht mehr vorab der Presse, seitdem er meinte, dass die Kritiker mit seinem "Keinohrhasen", der 2007 mit 6,3 Millionen Zuschauern ein Riesenerfolg wurde, unfair umgesprungen seien. Schlussendlich kann es Til in der Tat egal sein, was geschrieben wird - die Ergebnisse an der Kinokasse müssen stimmen.
Dem "Filmecho" sagte der Regisseur über seinen "Klassentreffen 1.0", dass "Humor eben Geschmackssache" sei und er sowieso damit rechne, dass "viele wieder schreiben, das wäre der typische Fäkalhumor von Schweiger". Damit hat er recht behalten. Die Warner Brothers Pictures-Produktion ist laut Kritikerkollegin Antje Wessels "eine Ansammlung von platten Witzen über Sackhaare und Hämorrhoiden, herablassenden Gags über Frauen, Schwule und Fettleibige sowie schlecht getimtem Haudrauf-Slapstick". Ob es zu den beiden für nächstes und übernächstes Jahr geplanten Fortsetzungen zu der Wiederverfilmung des dänischen Hits "Klassefesten" von 2002 kommen wird, der seinerseits mehrere Fortsetzungen und eine Fernsehserie nach sich zog, haben jetzt die Zuschauer in der Hand.
Unser Kritiker Björn Schneider hofft, dass die Kinogänger Schweiger keine Carte blanche für Fortsetzungen ausstellen: "Einige der ruppigen Sprüche und rustikalen Gags zünden, alles in allem ergeht sich der Film aber zu sehr in seinem pubertären Witz. Hinzu kommen eine wenig überraschende Dramaturgie und karikaturenhaft überzeichnete, blasse Figuren."
"Das Haus der geheimnisvollen Uhren"
Fantasy
USA
105 Minuten
FSK 6
US-Fantasy-Film über einen Jungen (Owen Vaccaro) in den fünziger Jahren, der nach dem Tod seiner Eltern zu seinem Onkel (Jack Black) kommt. Dieser stellt sich als Zauberer heraus, und in seinem Haus lauert eine Gefahr für die gesamte Menschheit, die der Junge bannen muss.
Das man das nochmal erleben darf: Ein Film vom Horror-Maestro des schlechten Geschmacks, Eli Roth ("Death Wish"), der eine FSK6-Altersfreigabe bekommen hat. Basierend auf dem Roman "The House with a Clock in Its Walls" von John Bellairs aus dem Jahr 1973, überzeugt die Universal Pictures-Produktion als unterhaltsame und tatsächlich familienfreundliche Mischung aus Humor und Horror und einem ansteckenden Sinn für Spaß. Die Kritiker beurteilen "The House with a Clock in Its Walls" - so auch der Originaltitel dieser Verfilmung - gemischt, wie auch die ersten Zuschauer.
Unsere Rezensentin Bianka Piringer hebt den Daumen: "Regisseur Eli Roth verleiht diesem lustig-schaurigen Fantasy-Abenteuer regelrechte Gruselqualitäten. Jack Black ist hervorragend besetzt als exzentrischer Hausbesitzer Jonathan, der eine ähnlich spannende Ambivalenz aus Unberechenbarkeit und Verspieltheit besitzt wie die mit Horrorelementen gespickte Handlung. Die Ausstattung des verwunschenen Hauses mit seinen beweglichen Objekten trägt viel zum Reiz dieser überzeugenden Jugendbuchverfilmung bei."
"Searching"
Krimi
USA
102 Minuten
FSK 12
Unsere Empfehlung: Reingehen!
US-Kriminalfilm über einen Vater (John Cho) der sich nach dem plötzlichen und mysteriösen Verschwinden seiner Tochter (Michelle La) anhand ihrer umfangreichen Online-Spuren in sozialen Netzwerken auf die schwierige Suche nach ihr macht.
Bisher hatte der indische Regisseur und Drehbuchautor Aneesh Chaganty nur Kurzfilme gedreht; mit seinem Spielfilmdebut gibt der Filmemacher eine ganz starke Visitenkarte in Hollywood ab. Die Sony Pictures-Produktion, die von Kritikern und Zuschauern sehr positiv beurteilt wird, behandelt mit den Sozialen Medien das Thema unserer Zeit, setzt es einfallsreich um und profitiert von den vielschichtig gezeichneten Figuren, die von den talentierten Schauspielern überzeugend zum Leben erweckt werden.
Unseren Kollege Björn Schneider hat der Film ebenfalls überzeugt: "Zeitgemäßer, in seiner Umsetzung innovativer und geistreicher, multimedialer Entführungsthriller, der uns vor Augen führt, wie sehr digitalen Medien, moderne Techniken und die sozialen Netzwerke mittlerweile unser Leben bestimmen."
"Wackersdorf"
Drama
Deutschland
122 Minuten
FSK 6
Unsere Empfehlung: Reingehen!
Deutsches Drama, das auf wahren Begebenheiten in den Achtzigern beruht. Die Bayerische Landesregierung plant den Bau einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage in der Oberpfalz. Doch der zuständige Landrat (Johannes Zeiler) wandelt sich vom anfänglichen Befürworter zum größten Gegner des Projekts.
Der in München aufgewachsene Regisseur und Drehbuchautor Oliver Haffner ("Ein Geschenk der Götter") ist ein Fan des sozialkritischen britischen Kinos, wie es Mike Leigh und Ken Loach erschaffen. Da ist es nur folgerichtig, dass sich der 44-Jährige einem der polarisierendsten Themen der westdeutschen Nachkriegsgeschichte widmet, das angesichts der aktuellen Auseinandersetzungen im Hambacher Forst gar nicht zeitgemäßer wirken könnte. Haffner gelingt es, die bedrückende Atmosphäre jener Zeit erlebbar zu machen und dabei nie die Tatsachen zu verdrehen. Differenziert und facettenreich und mit einer vielschichtigen Figurenzeichnung, erzählt die Alamode-Produktion klug und spannend von Widerstand und Zivilcourage gegenüber der Staatsmacht und der Wirtschaft. Die Kritiken sind durch die Bank hervorragend
Unser Kritiker Björn Schneider setzt noch einen drauf: Er vergibt die Höchstwertung - fünf von fünf Sternen! Er schreibt: "Mit hohem Aktualitätsbezug sowie realistischem Lokal- und Zeitkolorit ausgestattetes Drama über zivilen Ungehorsam, bürgerliches Engagement und politische Verantwortungslosigkeit."
"Utoya 22. Juli"
Drama
Norwegen
97 Minuten
FSK 12
Unsere Empfehlung: Reingehen!
Norwegischer Thriller über den Terroranschlag eines Rechtsradikalen auf die norwegische Insel Utoya am 22. Juli 2011, bei dem dieser 69 Menschen tötete. Der beinahe dokumentarisch wirkende Film ist vollständig aus der Perspektive einer 19-Jährigen (Andrea Berntzen) erzählt, die gemeinsam mit anderen versucht, sich vor dem Attentäter zu verstecken.
Ob es dieses Films benötigte? Ist es statthaft, aus einem realen Horror Unterhaltungskino zu machen? Regisseur Erik Poppe ("The King's Choice") will all jenen eine Stimme geben, die über das Grauen des Mordfeldzugs nicht sprechen können, wie sie in Interviews mitteliten. In jedem Fall ist ihm ein beklemmender Streifen gelungen, der die Zuschauer in Bann hält. Die fiktionalisierte Version mit erfundenen Charakteren basiert auf den Schilderungen junger Teilnehmer des Sommercamps, die über eine Stunde lang um ihr Leben rannten und auf die Ankunft der Polizei warteten. Die Kritiken wie die Zuschauerreaktionen sind sehr positiv. Hauptdarstellerin Andrea Berntzen und Nebendarstellerin Solveig Koloen Birkeland wurden mit dem Norwegischen Filmpreis ausgezeichnet.
Unsere Rezensentin Bianka Piringer ist begeistert und vergibt die Höchstwertung: Fünf von fünf Sternen! Sie schreibt: "Der erschütternde Film vertieft sich praktisch in Echtzeit in das Massaker, das am 22. Juli 2011 auf der norwegischen Insel Utøya stattfand. Die Zuschauer werden hautnah und schonungslos in die Panik und Verzweiflung im Angesicht des Todes hineingezogen. Es beeindruckt, wie der Film den Opfern mit der heldenhaften Figur der 19-jährigen Kaja ein würdiges Denkmal setzt und dem Massenmörder fast durchgehend eine Gestalt verweigert."
Hier geht es zu den kompletten Filmstarts