"Schwarzer Kies", 3sat, 22:25 Uhr
In der Nähe eines Hunsrück-Dorfs baut die US-Armee einen Militärflugplatz. Die wirtschaftliche und kulturelle Invasion bringt die Einheimischen aus dem Gleichgewicht.
Helmut Käutner ("Der Hauptmann von Köpenick"), einer der profiliertesten Regisseure des westdeutschen Nachkriegskinos, wollte 1960 mit diesem deutschen Drama laut eigenen Angaben "alle deutschen Tabus durchstoßen", einen "harten und direkten Film, mit erotischen und brutalen Realitäten" schaffen und "ein Scheibe Leben" der jungen Bundesrepublik mit ihren Altlasten des Dritten Reichs zeigen - also etwas dezidiert Kontrastierendes zu etwa seiner "Die Zürcher Verlobung" von 1957.
Das entsprechend düstere Sittenspiel fand dann 1961 allerdings wenig Anklang bei Kritik und Publikum und verschwand für Jahrzehnte in den Archiven. Für Wirbel sorgte eine Strafanzeige des Zentralrats der Juden in Deutschland gegen Käutner und die Ufa, weil der Regisseur, der auch zusammen mit Walter Ulbrich das Drehbuch geschrieben hatte, einen ehemaligen KZ-Häftling als Bordellwirt auftreten ließ, der dann als "Saujud" beschimpft wurde. Helmut wehrte sich, er habe mit der Szene ja gerade Antisemitismus brandmarken wollen, und die Staatsanwaltschaft ermittelte nicht gegen ihn, aber die Szene wurde dann trotzdem entfernt. Die ungekürzte Premierenfassung wurde erstmals wieder 2009 im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums und dann als 4K-Fassung auf der Berlinale im vergangenen Jahr aufgeführt.
Das Dorf Sohnen im Film ist fiktiv; gedreht wurde in Lautzenhausen im Hunsrück und auf dem US-Militärflughafen in Hahn. Die Innenaufnahmen entstanden im Ufa-Atelier in Berlin-Tempelhof.
Käutner gelingt mit "Schwarzer Kies" das Kunststück eines deutschen Film Noir, der sich nicht scheut, die Schatten der Vergangenheit zu thematisieren, die ansonsten im westdeutschen Kino vor lauter grüner Heiden und Förstern im Silberwald zugekleistert wurden.
Eine Zuschauerin schreibt: "Der Film offenbart eine moralische Trümmerlandschaft, wo Vorstadthäuser und Neubauten jene Überreste der Kriegsjahre verdeckt haben. Seinerzeit wurde das als klischeehafte Gesellschaftskritik bemängelt. Der Cinephile, mich eingeschlossen, träumt manchmal vom deutschen Kino das "hätte sein können". Helmut Käutner jedenfalls war da, und er verdient unsere Aufmerksamkeit."
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