"Die Welle", RTL2, 20:15 Uhr
Ein Lehrer (Jürgen Vogel) versucht seinen Schülern mit Hilfe eines Sozialexperiments zu demonstrieren, wie die Anziehungskraft totalitärer Systeme funktioniert. Doch das Ganze gerät außer Kontrolle, als die neu gegründete und gefundene Gemeinschaft ein Eigenleben entwickelt.
Nachdem die Bundesrepublik gut zwei Jahrzehnte nach Ende des Zweiten Weltkriegs die eigene Vergangenheit mit dem Drittem Reich tot geschwiegen hatte, sorgte der 68er-Generationenwechsel dafür, dass das Thema Nationalsozialismus Eingang in die Lehrpläne fand. Während die deutsche Gesellschaft erst durch die US-Fernsehserie "Holocaust" 1979 eine Diskussion über die schuldhafte Verstrickung der Deutschen in Ausgrenzung, Deportationen und Ermordung ganzer Bevölkerungsgruppen begann, war es in den Schulen der US-Roman "The Wave" von Todd Strasser aus dem Jahr 1981, der einen populären Zugang zu dem Thema Totalitarismus schuf. Unter dem deutschen Titel "Die Welle" gehört das Buch seitdem zum Repertoire der Schulbuchlektüre.
Der Roman nutzte wahre Begebenheiten, die sich 1967 an einer High School im kalifornischen Palo Alto zugetragen hatten. Weil die Schüler seines Geschichtsunterrichts Unverständnis darüber gezeigt hatten, wie überhaupt eine Bewegung wie der Nationalsozialismus entstehen und dann auch noch eine Mittäterschaft beim Massenmord an Menschen jüdischen Glaubens initiieren konnte, konzipierte Geschichtslehrer Ron Jones ein auf fünf Tage angelegtes Sozialexperiment. Er gründete die Bewegung The Third Wave, deren Gemeinschaftserleben viele Schüler anzog und begeisterte. Die Dynamik des Geschehens nutzte der Lehrer, um den Jugendlichen einen Spiegel vorzuhalten, wie sie sich wohl in einer Gesellschaft wie der des Dritten Reichs verhalten hätten.
Bis auf einen US-Fernsehfilm, der 1981 zusammen mit dem Roman erschien, hatten sich die visuellen Medien des Stoffs noch nicht angenommen. In diese Lücke stieß der deutsche Regisseur und Drehbuchautor Dennis Gansel ("Mechanic: Resurrection"), der das Phänomen der Übersättigung von Schülern mit der Behandlung der deutschen Geschichte im Schulunterricht - der Satz "Och, bitte nicht wieder KZ!" aus "Fack ju Göhte" ist eine Anspielung darauf - aus eigener Erfahrung kannte. Da er die Totalitarismusverführung zu wichtig fand, um sie dem Schulunterricht zu überlassen, nahm sich Gansel der Geschichte an und adaptierte sie für deutsche Zuschauer. Die Handlung spielt nun in einer ungenannten deutschen Stadt, und der Filmemacher orientierte sich mehr an dem tatsächlichen Experiment als an der Romanvorlage.
Mit einem Budget von 5 Millionen Euro entstand die Constantin-Produktion im Neubau des Marie-Curie-Gymnasiums im brandenburgischen Dallgow-Döberitz und in Potsdam. Die Wasserballszenen wurden im Paracelsus-Bad in Berlin-Reinickendorf gefilmt.
"Die Welle" erhielt gemischte Kritiken, wurde vom Publikum aber positiv aufgenommen und war 2008 mit 2,7 Millionen verkauften Karten ein großer Erfolg an den Kinokassen. Weltweit spielte das Werk umgerechnet 32 Millionen Dollar ein.
Der interessante und spannende Streifen diskutiert das Für und Wider der Geisteshaltung der Unterordnung unter Autoritäten anschaulich, liefert keine Antworten, sondern fordert die Zuschauer auf, sich ihr eigenes Urteil zu bilden. Die Handlung ist dabei indes nicht immer glaubwürdig entwickelt.
Bei den Europäischen Filmpreisen war Jürgen Vogel als "Bester Hauptdarsteller" nominiert. Bei den Deutschen Filmpreisen erhielt "Die Welle" das Filmband in Bronze als als drittbester Film des Jahres hinter "Auf der anderen Seite" und "Kirschblüten - Hanami". Frederick Lau gewann den Preis als "Bester Nebendarsteller", während Cutter Ueli Christen nominiert war.
Kritiker Trevor Johnston schrieb in "Time Out": "Der Film ist mit seinem wieselflinken Schnitt und der wummernden Musik flott in Szene gesetzt, und die unleugbare Absicht, ein jugendliches Publikum für sich zu gewinnen, ist bewundernswert inklusiv."
"Vicky Cristina Barcelona", Arte, 20:15 Uhr
Zwei Freundinnen (Rebecca Hall und Scarlett Johansson) verlieben sich während ihres Urlaubs in Barcelona in einen spanischen Maler (Javier Bardem), der immer noch nicht ganz von seiner leidenschaftlichen Ex-Frau (Penelope Cruz) loskommt.
Irrungen und Wirrungen der Liebe auf Spanisch und Woody Allen-Art. Der US-Regisseur und Drehbuchautor ("Blue Jasmine") setzte mit dieser vor Ort in Barcelona, Oviedo, Avilés sowie in New York City gedrehten US-Komödie sein europäisches Exil fort, und dieses Werk sollte einer der Höhepunkte werden. Der betörende und zugleich spritzige Streifen gewinnt die Zuschauer mit seinen wunderschön photographierten Ansichten der katalanischen Metropole und seiner fabelhaft zusammen gestellten Besetzung von Hochkarätern in Hochform.
Die MGM-Produktion erhielt 2008 hervorragende Kritiken und landete auf vielen Jahresbestenlisten. Die Zuschauer waren weniger enthusiastisch, mit weltweit 96 Millionen Dollar wurde der 15 Millionen Dollar teure "Vicky Cristina Barcelona" dennoch zu einem von Allen's kommerziell erfolgreichsten Werken.
Penelope Cruz erhielt den Oscar als "Beste Nebendarstellerin" und war als solche auch für den Golden Globe und den Britischen Filmpreis nominiert. Bei den Globes gewann der Film; nominiert waren zudem die Hauptdarsteller Rebecca Hall und Javier Bardem.
Kritikerin Ali Gray befand in "The Shiznit": "Wieder einmal ein Woody Allen-Film über Liebe und Sex und diejenigen, die danach streben, aber diesmal an einem Sonne getränkten und Wein bespritzen Liebesdreieck exerziert, das reizvoller und erotischer ist als alles, was Allen bisher inszeniert hat."
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