"Black Swan", Pro7, 20:15 Uhr
Eine Tänzerin (Natalie Portman) erhält die Hauptrolle im Ballett "Schwanensee". Ihre perfektionistische Ader, der Rolle gerecht zu werden, um ihre Rivalin (Mila Kunis) in Schach zu halten, bedroht ihre geistige Gesundheit.
Die Angst eines Künstlers vor dem Scheitern ist immer wieder Gegenstand der Kunst selbst gewesen. Intensiviert wird sie durch die personifizierte Angst vor einer Rivalin oder einem Rivalen, der oder dem man zutraut, auf der Überholspur die Lorbeeren des Ruhms vor der Nase wegzuschnappen. Im Kino ist "All About Eve" das Paradebeispiel für die Konstellation, von der Zweitbesetzung - dort im Theater - in den Schatten gestellt zu werden.
Für diesen Thriller verlegte Regisseur Darren Aronofsky ("Noah") das von Drehbuchautor Andres Heinz eigentlich ebenfalls im Theater angesiedelte Geschehen in die Welt des Balletts und versetzte sein Werk mit einer paranoiden Dosis Fjodor Dostojewski und dessen Novelle "Der Doppelgänger" aus dem Jahr 1846, die als Mutter aller Doppelgängerneurosen-Geschichten gelten darf, und dem Frühwerk von Roman Polanski, insbesondere dessen Horrorfilm "The Tenant" aus dem Jahr 1976. Zentrales Thema ist dort wie hier der allmähliche Verlust der Identität und damit der eigenen Lebenswelt.
Während Universal Pictures das Projekt in der Schublade hatten verschwinden lassen, griffen Fox Searchlight Pictures zu und statteten die Produktion, die vor Ort in New York City gedreht wurde, mit einem Budget von 13 Millionen Dollar aus. Natalie Portman und Mila Kunis, die beide aus ihrer Kindheit und Jugend über Tanzerfahrung verfügten, trainierten mehrere Monate Ballett für ihre Rollen. Der Hauptteil der Tanzszenen wurde indes von professionellen Tänzerinnen übernommen.
"Black Swan" ist ein äußerst intensives, leidenschaftliches und ungezügelt melodramatisches Werk, von Darren kühn in Szene gesetzt und von einer bravourösen Darstellung Portmans gekrönt.
Noch über die guten Kritiken und die vielen Preise hinweg lässt sich die Klasse des Films an seinem Erfolg an den Kinokassen 2010 ermessen. Wahrlich keine leichte Kost und eigentlich eher ein Programmkinotitel, schaffte es "Black Swan", mit weltweit 329 Millionen Dollar Umsatz ein "kleiner Blockbuster" zu werden.
Für Natalie wurde der Streifen zum Höhepunkt ihrer Karriere: Die damals 28-Jährige gewann die "Großen Vier" für ihre Leistung: Den Academy Award, den Golden Globe, den Britischen Filmpreis und den Screen Actors Guild Award. Bei den Oscars waren zudem der Film selbst, Regisseur Darren Aronofsky, Kameramann Matthew Libatique und Cutter Andrew Weisblum nominiert. Bei den Golden Globes gingen der Film, Regisseur Aronofsky und Nebendarstellerin Mila Kunis ins Rennen. Bei den Britischen Filmpreisen waren der Film, Regisseur Aronofsky, das Drehbuch, Nebendarstellerin Barbara Hershey, Kameramann Libatique, Cutter Weisblum, Ausstattung, Kostümbildnerin Amy Westcott, Maske, Spezialeffekte und Ton nominiert.
Kritiker Dan Jolin urteilte in "Empire": "Ein außergewöhnlicher, berauschender Film. Seine harten, verzerrten Kanten mögen einige Zuschauer verprellen, aber es besteht kein Zweifel an Darren Aronofsky's technischer Meisterschaft oder der makellosen Darstellung von Natalie Portman."
"Life of Pi", Sat1, 21:55 Uhr
Ein junger Mann (Suraj Sharma), der einen Schiffsuntergang überlebt, wird in eine epische Reise von Abenteuer und Entdeckung hineingezogen. Während er in einem Rettungsboot dahintreibt, baut er eine Beziehung mit dem anderen Überlebenden des Unglücks auf: Einem Bengalesischen Tiger.
Dieser Abenteuerfilm von 2012 brachte Ang Lee seinen zweiten Regie-Oscar nach "Brokeback Mountain" ein. Insgesamt war diese Romanverfilmung für elf Academy Awards nominiert, von denen sie vier gewinnen konnte - neben Lee für die Beste Kamera, die Beste Musik und Beste Visuelle Effekte. Letzterer Gewinn warf indes ein Schlaglicht auf die Branche der Visuellen Effekte-Bearbeitung, denn die für die Effekte verantwortliche amerikanische Firma musste just ein paar Wochen vor der Oscar-Verleihung im Februar 2013 Insolvenz anmelden. Die Kinobranche vergab ihre Aufträge inzwischen lieber an Billiglöhner-Firmen in Übersee. Als Visual Effects Supervisor Bill Westenhofer das in seiner Dankesrede ansprechen wollte, wurde ihm das Mikrophon abgedreht...
Zum Film selbst: Lee gelang die Verfilmung eines eigentlich für unverfilmbar gehaltenen Buches des Kanadiers Yann Martel aus dem Jahr 2001. Ein Großteil des Werkes - inklusive dem Tiger - ist dabei am Computer entstanden; diese technische Meisterleistung geht einher mit einer berührenden, kraftvollen und zum Nachdenken anrührenden Geschichte, die sich an einem ungewöhnlichen Ort abspielt: In einem Rettungsboot auf dem Meer. Im Hintergrund stellt Lee die Frage, ob das Leben eines Menschen eine Geschichte ist, die er selbst schreiben kann - und welche Rolle Gott in dieser Geschichte spielt. Und der taiwanesische Filmemacher zeigt, wie persönliches Wachstum durch unüberwindbar scheinende Hindernisse möglich ist.
Die 20th Century-Fox-Produktion war mit einem weltweiten Umsatz von 609 Millionen Dollar bei Kosten von 120 Millionen Dollar ein großer Erfolg an den Kinokassen und erhielt großartige Kritiken. Eine davon schrieb Jim Schembri: "Dieses außergewöhnliche, lyrische, schöne, bewegende, jedem Genre trotzenden Werk kann mit der einfachen und pauschalen Versicherung empfohlen werden, dass man so etwas noch nie gesehen hat."
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