"Der Medicus", 3sat, 20:15 Uhr
Im Persien des 11. Jahrhunderts verkleidet sich der Lehrling (Tom Payne) eines Chirurgen (Stellan Skarsgard) als Jude, um an einer Schule zu studieren, die Christen nicht zulässt.
Dieser deutsche, aber auf Englisch als "The Phsysician" gedrehte Abenteuerfilm existiert auch als rund 30 Minuten längere Fernsehminiserie, was durch die Produktionsgesellschaften zu erklären ist: Neben der in Babelsberg ansässigen UFA Cinema und Beta Cinema war auch die Produktiongesellschaft Degeto der ARD beteiligt. Als der Streifen von Philipp Stölzl 2013 in die Kinos kam, dauerte er 150 Minuten; die ARD strahlte ihn dann noch einmal in zwei Teilen a la 90 Minuten aus. Heute Abend kommt die fast dreistündige Langfassung an einem Stück.
Den Produzenten Wolf Bauer und Nico Hofmann schwebte vor, eine Bestseller-Verfilmung à la "Der Name der Rose", "Das Geisterhaus" oder "Das Parfüm" auf die Leinwand zu bringen. Immerhin wartete der gleichnamige Bestseller von Noah Gordon bereits seit 1986 als schlafender Riese als Stoff für das Kino. Es gelang den Produzenten, eine internationale Besetzung zu gewinnen - unter anderem wirken neben Tom Payne und Stellan Skarsgard auch Ben Kingsley und Olivier Martinez mit -, die dann für 60 Tage in Kölner Studios, in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Marokko drehte. Die Kosten beliefen sich auf 26 Millionen Euro.
Stölzl gelang der Beweis, dass auch die deutschen Filmschaffenden bildgewaltige Historienfilme, die den Hollywood-Vorbildern in nichts nachstehen, drehen können. Dabei sollten Fans des Romans gewarnt sein, dass sich Drehbuchautor Jan Berger mit seiner Adaption teilweise weit von den Vorlage entfernt.
In Deutschland wurde das Werk mit 3,6 Millionen Besuchern ein Riesenerfolg. Weltweit spielte "Der Medius" umgerechnet rund 80 Milllionen Dollar ein und war für fünf Deutsche Filmpreise nominiert: Beste Kamera, Beste Ausstattung, Beste Kostüme, Beste Maske und Bester Ton.
Kritiker Roger Moore schrieb für "Tribune News Service": "Altmodisch, absurd zu lang, aber eine liebevolle Nachstellung des Mittelalters und ein unterhaltsamer Film, dank der guten schauspielerischen Leistungen von Ben Kingsley, Stellan Skarsgard und Tom Payne."
"Almanya - Willkommen in Deutschland", RTL2, 22:25 Uhr
Die Geschichte einer türkischen Einwandererfamilie in Deutschland über drei Generationen.
Nur mit viel Mühe über viele Jahre gelang es den Schwestern Yasemin und Nesrin Samdereli, das Budget für ihre deutsche Komödie zusammen zu kratzen. Die Integrationsgeschichte schien den meisten Geldgebern als kommerziell wenig aussichtsreiches Unterfangen. Zum Glück gelang es den Samderelis, die 4 Millionen Euro aufzutreiben, denn ansonsten wäre dem Kino ein Kleinod entgangen.
Regiedebutantin und Drehbuchautorin Yasemin und ihre Co-Autorin Nasrin ließen viele eigene Erlebnisse und Anekdoten aus dem Freundes- und Bekanntenkreis in ihren Streifen einfließen. Sie zeigen melancholisch und ironisch, wie es ist, in ein fremdes Land zu kommen, dessen Sprache man nicht versteht - am Anfang sprechen die deutschen Darsteller tatsächlich ein deutschklingendes Kauderwelsch. Vorurteile und Klischees der deutschen und der türkischen Mitbürger werden dabei köstlich und flott aufs Korn genommen.
Der politisch so erfrischend inkorrekte Film zeigt dabei nichts von gewalttätigen Männern, geknechteten Frauen, Kopftuchdebatte und Ehrenmorden, was dem Werk von einigen Kritikern angekreidet wurde, die zu viel Wunschdenken und Zuckerguss in der Integrationsdebatte konstatierten. Manche Beobachter sahen "Almanya" als bewusstes Gegenstück zu der Ethno-Debatte, die nicht erst seit 2010 stattfand, aber unmittelbar nach den Dreharbeiten durch das Erscheinen des Sachbuches "Deutschland schafft sich ab" von Thilo Sarrazin stark befeuert wurde.
Die Dreharbeiten fanden im und um das türkische Izmir, in München und in Augsburg statt. 2011 wurde der Streifen in den Wettbewerb der Berlinale eingeladen, wo er allerdings außer Konkurrenz lief. Bei überwiegend guten Kritiken entwickelte sich "Almanya" über Wochen zu einem Publikumserfolg, der 1,5 Millionen Karten absetzte. Bei den Deutschen Filmpreisen gewannen die Samdereli-Schwestern für ihr Drehbuch, und der Film gewann den Deutschen Filmpreis in Silber hinter "Vincent will Meer".
Kritiker Harald Martenstein schrieb im "Tagesspiegel": "Die politische Komödie wird für das Verhältnis zwischen Deutschdeutschen und Deutschtürken ungefähr das leisten, was 'Good Bye, Lenin!' für Ostdeutsche und Westdeutsche geschafft hat. Man wird gemeinsam lachen."
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