Vorhang auf, Bühne frei! Heute Abend beginnen im südfranzösischen Cannes die wichtigsten Filmfestspiele der Welt. Bis zum 21. Mai werden 21 Filme im Wettbewerb um die Goldene Palme von der Jury unter ihrer Vorsitzenden Cate Blanchett beurteilt werden, abseits davon wird es Premieren von Hollywood-Blockbustern wie "Solo: A Star Wars Story" und mit Spannung erwartete Preziosen wie Terry Gilliam's fast schon nicht mehr für möglich gehaltenen "The Man Who Killed Don Quixote" geben. Dazu viele Stars, Sternchen, Horden von Journalisten, noch mehr Polizei und Sicherheitspersonal und den ein oder anderen Geschäftsabschluss.
Eröffnet wird das Festival mit dem spanischen Wettbewerbsbeitrag "Todos lo saben" ("Alle wissen es"). Der Iraner Asghar Farhadi ("The Salesman") hat diesen auf Spanisch mit Penelope Cruz und Javier Bardem gedreht. Der Filmemacher, der gestern seinen 46. Geburtstag gefeiert hat, hat bisher mit jedem seiner acht Werke überzeugen können - vielleicht gelingt ihm mit seinem neunten Streifen eine Fortsetzung dieser beeindruckenden Qualitätsreihe, die ihm 2012 sogar eine Oscar-Nominierung für das "Beste Drehbuch" für sein Drama "Jodaeiye Nader az Simin" ("Nader und Simin - Eine Trennung") einbrachte, was für einen fremdsprachigen Film außergewöhnlich ist.
Um ein Zeichen in Zeiten von #metoo zu setzen, sind diesmal drei Regisseurinnen in den Wettbewerb eingeladen. Deutsche Beiträge sind indes im Wettbewerb nicht vertreten. Ulrich Köhler ("Schlafkrankheit") konnte sein Drama "In My Room" in der Nebensektion Un Certain Regard unterbringen. Wim Wenders ("Das Salz der Erde") zeigt in einer Sonderaufführung seinen Dokumentarfilm "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes". Ebenfalls außerhalb des Wettbewerbs ist "The House That Jack Built", das neue Werk von Lars von Trier ("Nymphomaniac"), zu sehen. Der Däne kehrt damit nach sieben Jahren an die Croisette zurück, von der damals wegen idiotischer Nazi-Äußerungen vermeintlich auf Lebenszeit verbannt worden war.
Die Kontroversen hat sich Cannes vielleicht in diesem Jahr schon vorab genehmigt. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als Netflix-Produktionen im Wettbewerb liefen, was herbe Kritik von Filmschaffenden, Journalisten und nicht zuletzt der französischen Filmindustrie selbst hervorrief, die erklärten, Netflix produzierten keine Werke für das Kino und hätten daher auf einem Filmfestival nichts zu suchen, ist die US-Internet-Firma diesmal nicht dabei. Nach viel Hin und Her zogen Netflix ihre Produktionen zurück, weil sie nicht bereit waren, diese im Vorfeld in Kinos aufzuführen - was Festival-Chef Thierry Frémaux zur Bedingung gemacht hatte.
Ebenso umstritten ist das angekündigte Selfie-Verbot auf dem Roten Teppich. Frémaux meint, der Tanz ums goldene Selbstbild sei seiner Filmfestspiele nicht würdig und habe zudem schon zu Verspätungen auf dem Roten Teppich geführt. Dass es keine Vorab-Pressevorführungen mehr geben wird, um zu verhindern, dass ein Film schon im Internet vorverurteilt der Jury zu Gesicht kommt, hat ebenfalls zu Widerspruch geführt.