"Ein Platz an der Sonne", Arte, 20:15 Uhr
Ein Mann (Montgomery Clift) aus der Unterschicht, dessen Freundin (Shelley Winters) ein Baby erwartet, strebt nach sozialen Aufstieg um jeden Preis, nachdem er sich in eine Frau (Elizabeth Taylor) aus gutem Hause verliebt hat.
Grundlage dieses US-Dramas aus dem Jahr 1951 ist der 1925 erschienene Roman "An American Tragedy" von Theodore Dreiser. Dessen Titel beschreibt die Handlung schon gut - den amerikanischen Traum, der zu einem Alptraum wird. Das fehlgeleitete Streben nach einer gesellschaftlich angesehenen Stellung, nach Vermögen, nach den schönen Dingen - eine attraktive Ehefrau eingeschlossen - führt zu einer Tragödie. Dreiser wollte den Kapitalismus mit dessen inhärenten Antrieb, erwerben und besitzen zu wollen, sozialkritisch hinterfragen. Er nutzte dazu den wahren Fall von Chester Gillette, der 1906 wegen des Mordes an seiner schwangeren Geliebten zum Tode verurteilt worden war.
Nun ist Hollywood vielleicht nicht der Ort für Sozialkritik, der einem als erstes in den Sinn kommt. Paramount Pictures erwarben 1930 die Filmrechte und engagierten den deutschen Regisseur Josef von Sternberg und die Schauspieler Phillips Holmes, Sylvia Sidney und Frances Dee. "An American Tragedy" floppte ein Jahr später beim Publikum und sollte Paramount noch mehr kosten, denn der erboste Dreiser verklagte das Studio auf Schadensersatz, nachdem er sogar vergeblich versucht hatte, die Aufführung untersagen zu lassen. 80 000 Dollar erhielt der Romanautor zugesprochen. Theodore schmeckten die vielen Änderungen an seiner Geschichte nicht, die das Drehbuch vorgenommen hatte, und der Schriftsteller kritisierte vor allem, die Hauptfigur werde "als Trottel dargestellt und nicht als Opfer des kapitalistischen Systems mit seinen materiellen Verlockungen".
Man fragt sich, wie sehr der bereits 1945 gestorbene Dreiser dann wohl angesichts der Neuverfilmung, die Paramount unter dem freundlicheren Titel "A Place in the Sun" für 2,3 Millionen Dollar produzierten, unter die Decke gegangen wäre. Denn auch wenn Regisseur George Stevens ("Shane") 1948 die aufgrund des Reinfalls der ersten Version skeptischen Paramount Pictures zu überzeugen suchte, der Flop sei aufgrund der Werkferne der Kinoadaption entstanden und er werde sich mit seiner Fassung näher an der Romanvorlage orientieren, hätte der Wahrheit nichts ferner liegen können.
Das Drehbuch von Harry Brown und Michael Wilson und die Werbekampagne stellten die Liebesbeziehung zwischen dem Kletterer auf der sozialen Leiter und der Frau aus gutem Hause viel mehr als im Roman in den Vordergrund, so dass die ganze Geschichte eher wie eine tragische Liebesdreieckbeziehung wirkt und weniger wie eine bittere Gesellschaftssatire. Und ganz entscheidend wird aus dem kaltblütig geplanten Mord im Film ein Unfalltod, was die Sympathien für die Haupfigur erhält, aber der ganzen Intention der Geschichte die konsequente Spitze raubt.
Doch am Ende zählt für die Filmindustrie ironischerweise natürlich das kapitalistische Urteil der Zuschauer, und gemessen daran hatte Stevens mit seinem bildgewaltigen, psychologisch schlüssigen und grandios gespieltem Werk alles richtig gemacht. War "An American Tragedy" 20 Jahre zuvor kommerziell gescheitert, wurde "A Place in the Sun", der in den US-Bundesstaaten Kalifornien und Nevada gedreht worden war, ein riesiger Erfolg beim Publikum mit weltweit 7 Millionen Dollar Umsatz.
Dazu kamen gute Kritiken und die Wertschätzung der Industrie mit sechs Academy Awards für die Regie, das Drehbuch, Kameramann William C. Mellor, Komponist Franz Waxman, Cutter William Hornbeck und Kostümbildnerin Edith Head. Nominiert waren zudem der Film, Hauptdarstellerin Shelley Winters und Hauptdarsteller Montgomery Clift. Bei den Golden Globes gewannen der Film; nominiert waren Regisseur Stevens, Hauptdarstellerin Winters und Kameramann Mellor.
1991 nahm die Library of Congress "A Place in the Sun" als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsames Werk" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.
Eine Zuschauerin urteilt: "Die Künstler, die diesen sozial, historisch und künstlerisch bedeutenden Film geschaffen haben, verfügten über eine starke Auffassungsgabe sozialen Unheils, menschlicher Emotionen, Verführbarkeit und der dünnen Schicht, die Gut und Böse voneinander trennen. Der Streifen ist eine bestechende Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Klassensystem und wie es einen schüchternen und bescheidenen jungen Mann zu einigen schrecklichen Entscheidungen verleitet, und stellt die unvermeidbare Frage, wer sich mit dessen Streben nicht identifizieren kann. George Stevens hat ein überzeugendes und beunruhigendes Werk geschaffen, das die Betrachter in seinen verschlingenden und Unheil verheißenden Sog hineinzieht, der nie auch nur durch einen Hauch von Unbeschwertheit unterbrochen wird. Lange Überblendungen und die sich überlappenden Bilder verstärken das Gefühl der Unausweichlichkeit, wenn jede Szene traumgleich in die nächste übergeht."
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