"Die fetten Jahre sind vorbei", 3sat, 22:35 Uhr
Drei Aktivisiten (Julia Jentsch, Daniel Brühl und Stipe Erceg), die als politische Botschaft in die Villen reicher Mitbürger eindringen, um dort die Möbel umzustellen, entführen ungeplant einen Geschäftsmann (Burghart Klaußner), der sie dabei erwischt hat.
Für den österreichischen Regisseur und Drehbuchautor Hans Weingartner ("303") war sein zweiter Film eine Herzensangelegenheit. Er trieb das schmale Budget von 250 000 Euro auf, indem er das Haus seiner Eltern belieh, und wartete mit dem Drehstart monatelang auf Julia Jentsch, die noch in einem anderen Projekt involviert war, weil er sie für die ideale Besetzung hielt.
Weingartner ist selbst ein Aktivist gewesen. "Da ist etwas von mir in diesem Film", erklärte der damals 26-Jährige. Der von Daniel Brühl gespielte Jan käme ihm recht nahe. Wichtig war es dem Filmemacher, gewaltlosen Protest zu zeigen, denn die Gewalt von links habe im Laufe der Zeit nur dazu geführt, dem Staat einen Vorwand zu geben, Polizei und Geheimdienste aufzurüsten. Den von Burghart Klaußner gespielten Geschäftsmann sah Hans in der Tradition ehemaliger 68er Linker, die ihre Überzeugungen verraten hätten. Gedreht wurde in Berlin und in den österreichischen Alpen mit digitalen Videokameras, was laut Weingartner "einen schnellen Dreh" beförderte.
Noch bevor das Drama 2004 in die Kinos kam, attestierte ihm die Filmindustrie eine hohe Qualität: Erstmals seit 1993 wurde eine deutsche Produktion in den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Cannes eingeladen. Und erhielt dort eine Stehende Ovation vom Publikum. Die Goldene Palme ging dann allerdings an den US-Dokumentarfilm "Fahrenheit 9/11".
Mit guten Kritiken bedacht wurde "Die fetten Jahre sind vorbei", der im englischsprachigen Ausland als "The Edukators" anlief und in Deutschland mit rund 900 000 verkauften Karten ein solider Erfolg wurde. Und zu Recht: Der unterhaltsame und engagierte Film spielt den Zusammenprall jungendlichen Idealismus und erwachsenen Pragmatismus gekonnt aus und überzeugt nicht zuletzt wegen der großartigen Darsteller.
Bei den Europäischen Filmpreisen wurde Daniel Brühl als "Bester Hauptdarsteller" nominiert, unterlag aber Javier Bardem für dessen Leistung in "Mar adrento" ("Das Meer in mir"). Erfolgreicher lief es bei den Deutschen Filmpreisen: Hier gewann Burghart Klaußner als "Bester Nebendarsteller" und der Film den Filmpreis in Silber hinter "Alles auf Zucker!", zusammen mit "Sophie Scholl - Die letzten Tage", einem weiteren Streifen mit Julia Jentsch. Hans Weingartner war für seine Regie nominiert.
Eine Zuschauerin lobt: "Für diejenigen von uns, die von der üblichen Hollywood-Dutzendware gelangweilt sind, ist dieser Film mit seiner Kameraführung sehr erfrischend. Die ständige Bewegung holt den Zuschauer direkt in die Welt der Charaktere und schafft eine sofortige Verbindung zu ihnen. Der Streifen ist gut geschrieben und makellos gespielt. Nachteile sind die zu lange Laufzeit von über zwei Stunden und dass es zum Schluss etwas moralisierend wird."
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