"Persona", Arte, 23:05 Uhr
Eine Krankenschwester (Bibi Andersson) kümmert sich um eine plötzlich verstummte Schauspielerin (Liv Ullmann) und muss feststellen, dass ihre beiden Persönlichkeiten zu verschmelzen beginnen.
Wenn man heutigen Kinozuschauern den Stil des Regisseurs und Drehbuchautoren Ingmar Bergman erklären sollte, böten sich die Namen Darren Aronofsky und Lars von Trier an, die ähnlichen psychologischen Horror entfalten können wie der schwedische Meister in diesem schwedischen Drama von 1966, allerdings nicht immer in Schwarzweiß und vor allem nicht so formal-radikal wie hier.
"Persona" ist einmal als der "Mount Everest der Filmanalyse" bezeichnet worden. Kaum ein Film ist so verrätselt und bietet daher so viele Interpretationsmöglichkeiten. Zuschauer, die ihren Film gerne mit Anfang, Mittelteil und Finale zu sich nehmen, sind bei diesem ambitionierten und formal strengen Werk mit seinen Themen der Dualität, des Wahnsinns, der persönlichen Identität, der Kunst, des Geschlechts, der Sexualität, der Psychologie, des Vampirmythos, der lesbischen Liebe, der Mutterschaft und der Abtreibung mit Sicherheit falsch. Der Filmhistoriker Peter Cowie meinte über diesen Streifen: "Alles, was man über 'Persona' behaupten kann, lässt sich widerlegen, und das Gegenteil kann genauso wahr sein."
Bergman selbst schrieb über seinen Film, den er auf seiner Heimatinsel Farö und in den Filmstaden-Studios in Stockholm realisierte: "Mit 'Persona' bin ich so weit gegangen, wie ich konnte. Dadurch, dass ich in totaler Freiheit drehen konnte, habe ich wortlose Geheimnisse berührt, die nur das Kino entdecken kann."
Ausgangspunkt dieser Produktion war die Ingmar aufgefallene physiognomische Ähnlichkeit der beiden befreundeten Schauspielerinnen, der Schwedin Bibi Andersson, mit der er schon einige Filme gedreht hatte, und der Norwegerin Liv Ullman, mit der er von hieran noch einige Streifen drehen sollte. Diese Ähnlichkeit nutzte der Filmemacher für ein bildlich asketisches, aber inhaltich reiches Spiel mit metaphysischen und psychologischen Motiven. Bergman untersucht die menschliche Natur mit starker Neugier, immensem technischen Geschick und betörender Wärme. Kühn, komplex und unvergesslich.
"Persona" erhielt positive Kritiken in der schwedischen Presse, und bald war das Wort vom "Person(a)kult" geprägt, das auf die glühenden Verehrer des Streifens unter den Kritikern abzielte. Aber auch international wurde das Werk gelobt, manche empfanden es gar als Ingmar Bergman's opus magnum. Schweden schickte den Streifen nach Hollywood als Anwärter für den "Besten fremdsprachigen Film" - er schaffte es aber nicht unter die fünf Nominierten. Dafür war Bibi Andersson als "Beste fremdsprachige Schauspielerin" bei den Britischen Filmpreisen nominiert und erhielt genau wie der Film selbst den Schwedischen Filmpreis.
Ein Zuschauer schreibt: "Ich kann nicht behaupten, dass ich den Film vollkommen verstehe. Nach mehrfachem Sehen habe ich aber erkannt, dass die Größe des Streifens nicht im Verstehen begründet ist, sondern in seinen unerträglich intimen und poetischen Bildern, die großartig von Kameramann Sven Nykvist eingefangen worden sind. Die schiere Kraft des Films sog mich ein und erlaubte es mir, mit meinen eigenen Gefühlen des Schmerzes und der Verzweiflung in Berührung zu kommen beim Versuch, Menschen in meinem Leben zu erreichen, die nicht antworten können oder wollen. Das Werk ist nicht nur ein Klassiker, den ich objektiv bewundere, sondern auch eine sehr mächtige persönliche Erfahrung."
Hier geht es zum kompletten TV-Programm