Es ist nicht gerade aus dem Nichts gekommen, aber eine kleine Überraschung ist es doch. Gegen den Favoriten "The Square", der für Schweden bereits die Goldene Palme bei den Filmfestspielen in Cannes und den Europäischen Filmpreis gewonnen hat, konnte "Aus dem Nichts" von Fatih Akin gestern Abend in Los Angeles den Golden Globe als "Bester fremdsprachiger Film" erringen, der von der Hollywood Foreign Press Association, dem Zusammenschluss der ausländischen Filmjournalisten, jährlich vergeben wird und als wichtiger Oscar-Gradmesser gilt. Der letzte Film vor "Aus dem Nichts", der den Auslands-Globe nach Deutschland holte, war 2010 das "Das weiße Band" von Regisseur Michael Haneke. Vor einem Jahr war "Toni Erdmann" im Rennen um die Goldene Weltkugel überraschend leer ausgegangen.
Großer Gewinner bei den 75. Golden Globes ist "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri", das als "Bestes Drama", für das Drehbuch von Martin McDonagh, für Hauptdarstellerin Frances McDormand und Nebendarsteller Sam Rockwell ausgezeichnet wurde. Als "Beste Komödie" gewann das Regiedebut von Greta Gerwig "Lady Bird", für das auch Saoirse Ronan als "Beste Darstellerin" ausgezeichnet wurde. Als Bester Regisseur wurde der Mexikaner Guillermo del Toro für seinen Fantasy-Film "The Shape of Water" prämiert.
Die Preisverleihung stand im Schatten der #metoo-Bewegung und der Anschuldigungen sexuellen Macht-Missbrauchs in der Filmindustrie. Bereits in seinem Eröffnungsmonolog hatte Moderator Seth Meyers gegen die unter Missbrauchsverdacht stehenden Künstler wie Woody Allen und Kevin Spacey und natürlich Produzent Harvey Weinstein ausgeteilt. "Der erste Abend der letzten drei Monate, an dem Männer keine Angst haben müssen, wenn ihr Name laut vorgelesen wird", spottete Meyers.
Frances McDormand erklärte: "Ich behalte politische Ansichten normalerweise für mich, aber es war wirklich großartig, heute Abend in diesem Saal und Teil einer Zeitenwende in der Machtstruktur unserer Industrie zu sein. Glauben Sie mir: Die Frauen in diesem Saal heute Abend sind nicht hier wegen des Essens. Wir sind hier wegen der Arbeit." Nicole Kidman, die für die mehrfach ausgezeichnete HBO-Fernsehserie "Big Little Lies" gewann, erklärte: "Die Figur, die ich gespielt habe, repräsentiert etwas, das gerade im Mittelpunkt unserer Diskussionen steht: Missbrauch. Ich glaube und hoffe, dass wir durch die Geschichten, die wir erzählen, und wie wir sie erzählen, Wandel auslösen."
Fast alle Schauspielerinnen waren zum Zeichen der Ernsthaftigkeit der Situation in schwarzen Kleidern erschienen, viele Gäste trugen die "Time's Up"-Anstecker, mit der eine vergangene Woche gegründete Initiative von Frauen unterstützt werden soll, die gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kämpft. Aktricen wie Meryl Streep, Michelle Williams und Emma Watson hatten demonstrativ Rechts- und Frauenaktivisitinnen als ihre Begleitungen mitgebracht.
Am deutlichsten wurde Oprah Winfrey, welche die Hollywood Foreign Press Association mit dem Cecil B. de Mille-Award für ihr Lebenswerk ehrte. "Ich möchte all die Mädchen, die hier zusehen, wissen lassen, dass ein neuer Tag am Horizont aufzieht. Und wenn dieser neue Tag dämmert, dann wegen der vielen großartigen Frauen, von denen viele hier anwesend sind, und einigen ziemlich phänomenalen Männern, die hart darum kämpfen, um sicherzustellen, dass niemand mehr 'Me too' sagen muss."
Die Liste der Nominierungen und der Gewinner:
Bestes Drama
"Call Me by Your Name"
"Dunkirk"
"The Post"
"The Shape of Water"
"Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
Beste Komödie oder Musical
"The Disaster Artist"
"Get Out"
"The Greatest Showman"
"I, Tonya"
"Lady Bird"
Bester Animationsfilm
"The Boss Baby"
"The Breadwinner"
"Coco"
"Ferdinand"
"Loving Vincent"
Bester fremdsprachiger Film
"Aus dem Nichts" (Deutschland)
"First They Killed My Father" (Kambodscha)
"Loveless" (Russland)
"Una Mujer Fantástica" (Chile)
"The Square" (Schweden)
Beste Regie
Guillermo del Toro für "The Shape of Water"
Martin McDonagh für "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
Christopher Nolan für "Dunkirk"
Ridley Scott für "All the Money in the World"
Steven Spielberg für "The Post"
Bestes Drehbuch
"The Shape of Water"
"Lady Bird"
"The Post"
"Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
"Molly’s Game"
Beste Hauptdarstellerin in einem Drama
Jessica Chastain für "Molly's Game"
Sally Hawkins für "The Shape of Water"
Meryl Streep für "The Post"
Frances McDormand für "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
Michelle Williams für "All the Money in the World"
Beste Hauptdarstellerin in einer Komödie oder in einem Musical
Judi Dench für "Victoria and Abdul"
Helen Mirren für "The Leisure Seeker"
Margot Robbie für "I, Tonya"
Saoirse Ronan für "Lady Bird"
Emma Stone für "Battle of the Sexes"
Bester Hauptdarsteller in einem Drama
Timothée Chalamet für "Call Me by Your Name"
Daniel Day Lewis für "Phantom Thread"
Tom Hanks für "The Post"
Gary Oldman für "Darkest Hour"
Denzel Washington für "Roman J. Israel, Esq."
Bester Hauptdarsteller in einer Komödie oder in einem Musical
Steve Carell für "Battle of the Sexes"
Ansel Elgort für "Baby Driver"
James Franco für "The Disaster Artist"
Hugh Jackman für "The Greatest Showman"
Daniel Kaluuya für "Get Out"
Beste Nebendarstellerin
Mary J. Blige für "Mudbound"
Hong Chau für "Downsizing"
Allison Janney für "I, Tonya"
Laurie Metcalf für "Lady Bird"
Octavia Spencer für "The Shape of Water"
Bester Nebendarsteller
Willem Dafoe für "The Florida Project"
Armie Hammer für "Call Me by Your Name"
Richard Jenkins für "The Shape of Water"
Christopher Plummer für "All the Money in the World"
Sam Rockwell für "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
Beste Musik
"Three Billboards Outside Ebbing, Missouri"
"The Post"
"Phantom Thread"
Alexandre Desplat für "The Shape of Water"
"Dunkirk"
Bester Song
"Home" aus "Ferdinand"
"Mighty River" aus "Mudbound"
"Remember Me" aus "Coco"
"The Star" aus "The Star"
"This Is Me" aus "The Greatest Showman"