"Die andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht", 3sat, 22:10 Uhr
Im Hunsrück-Dorf Schabbach leidet die Bevölkerung in der Mitte des 19. Jahrhunderts unter bitterer Armut, Hungersnöten und Unterdrückung. Ein Bauernsohn (Jan Dieter Schneider) will wie viele seiner Landsleute nach Brasilien auswandern.
Regisseur und Drehbuchautor Edgar Reitz hatte mit seiner elfteiligen Fernsehserie "Heimat" 1984 TV-Geschichte geschrieben. Noch nie nahm sich eine Serie so viel Zeit für die Darstellung einer fiktiven Dorfchronik vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die damalige Gegenwart und erzählte dabei auch die bis dahin immer noch verschämt-verklärt unterdrückte Ära im Dritten Reich, was auf besonderes Interesse bei den Zuschauern stieß. 1992 schrieb Reitz mit "Die zweite Heimat - Chronik einer Jugend" und 2004 mit "Heimat 3 - Chronik einer Zeitenwende" seine Schabbach-Chronik fort. Während die Serien bei den Kritikern wie das Original sehr gut ankamen, fand sie beim Publikum in einer ganz anderen Fernsehepoche mit überreichlichem Angebot auf zig Sendern und bei Zuschauern mit geringerer Aufmerksamkeitsspanne wenig Widerhall.
Für seinen Vorläufer "Die andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht" entschied sich der Filmemacher daher, einen Kinofilm zu drehen, von dem dank seiner Laufzeit von über dreieinhalb Stunden klar war, dass auch diese "Heimat"-Variante nicht mehr das große Publikum würde erreichen können. Angesichts der abschreckenden Länge und dem Einsatz in nur wenigen Programmkinos sollte das Ergebnis von 126 000 Besuchern im Jahr 2013 ein Erfolg sein.
Reitz griff die Epoche des Vormärz in den Jahren 1842 bis 1845 auf und gab zu, dass er den Bezug zu "Heimat" hauptsächlich wegen des Wiedererkennungswertes für die Kinogänger wählte; zwingend für die Geschichte war er nicht. Aber auch nicht vollkommen willkürlich: In der letzten Folge der ersten Serie hatte er schon 30 Jahre zuvor zwei Männer aus Brasilien auftauchen lassen, die im Jahr 1982 in Schabbach den Spuren ihrer Ahnen nachgehen wollten.
Edgar, der an Allerheiligen 85 Jahre alt werden wird, zeichnet ein stimmungsvolles Bild des ländlichen Alltags, der von harter Arbeit, großer Armut, schweren Rückschlägen, aber auch Zusammenhalt geprägt ist und bei dem der Matsch auf den Straßen und die Gülle in den Fässern beinahe erlebbar wird. All das filmte Gernot Roll grandios in Schwarzweiß mit kleinen Farbeffekten. Dem Concorde-Drama gelingt es meisterhaft, beim Zuschauer die Sehnsucht nach Ferne und die Wehmut gegenüber dem Vergänglichen zu evozieren.
Bei den Deutschen Filmpreisen wurde das Werk gewürdigt: Es erhielt den Preis als "Bester Film", und Edgar Reitz wurde für seine Regie und sein Drehbuch ausgezeichnet. Nominierungen gab es für Kameramann Gernot Roll, Kostümbildnerin Esther Amuser und das Szenebild.
Kritiker Avi Offer schwärmte in "NYC Movie Guru": "Faszinierend, gefühlvoll und Atem beraubend. Episch im Ausmaß und dabei intim in seiner Menschlichkeit. Ich hätte noch vier weitere Stunden schauen können."
"Verbotene Spiele", 3sat, 01:50 Uhr
Ein junges französisches Mädchen (Brigitte Fossey) verliert bei einem Luftangriff der Deutschen im Zweiten Weltkrieg seine Eltern. Es freundet sich mit dem Sohn (Georges Poujouly) eines armen Bauern an, und gemeinsam versuchen sie, spielerisch mit der Gegenwart des Todes zurecht zu kommen.
Francois Boyer schrieb das Drehbuch "Jeux interdits", das jedoch niemand verfilmen wollte. Also entschloss sich der Autor, das Ganze als Roman zu verfassen, den er schließlich 1947 veröffentlichte. Und über diesen Umweg fand sein Werk doch noch den Weg in die Kinos: Regisseur René Clément ("Nur die Sonne war Zeuge") adaptierte den Stoff 1952 für sein Drama, das zu den ersten gehörte, das die Schrecken des Krieges aus Sicht von Kindern betrachtete. Clément gelang eine unsentimentale, bewegende und kraftvolle Reflexion über den Verlust von Unschuld und die Wahrhaftigkeit der Kindheit.
Mit der damals fünfjährigen Brigitte Fossey gelang den Filmemachern ein Glücksgriff: Die Kleine beeindruckte bei ihrem Filmdebüt, das den Startschuss zu einer bis heute andauernden Karriere gab, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten allerdings ins französische Fernsehen verlagert hat. Deutschen Zuschauern ist Fossey besonders durch die "La Boum"-Filme in den Achtzigern ein Begriff, in denen sie die Mutter von Sophie Marceau verkörperte.
Während "Jeux interdits" in Frankreich wenig Eindruck hinterließ, sorgte er international für Furore: Er gewann den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig, den Oscar als "Bester nichtenglischsprachiger Film" und den Britischen Filmpreis als "Bester Film". Boyer erhielt zudem eine Oscar-Nominierung für die "Beste Geschichte".
Ein serbischer Zuschauer findet: "Niemals erschien die Welt der Erwachsenen so völlig dumm, brutal und sinnlos wie hier durch die Augen zweier unschuldiger Kinder, die mit Schmerz, Verlust, Tod und Krieg umgehen müssen. Und dennoch ist dieser Film zärtlich, feinsinnig und unaufdringlich in seinem Porträt der Torheiten der Erwachsenen und erfrischend unsentimental in seiner Darstellung des Schmerzes und der Schönheit der Kindheit."
Hier geht es zum kompletten TV-Programm