"Pelle, der Eroberer", Arte, 20:15 Uhr
Aus wirtschaftlicher Not wandert um die Jahrhundertwende ein 13-jähriger schwedischer Junge (Pelle Hvenegaard) mit seinem Vater (Max von Sydow) nach Dänemark aus. Ihren großen Erwartungen zum Trotz erwartet sie dort ein ärmliches Leben als Stallknecht und Viehhirten auf einem Gutshof, entwürdigt und ausgebeutet.
"Pelle Erobreren" gehört zur Schulbuchlektüre in Dänemark. Martin Anderson Nexo schilderte in seinem vierteiligen Zyklus von 1906 bis 1910 die tiefgreifenden sozialen Veränderungen Ende des 19. Jahrhunderts durch die Industrialisierung und das Hereinwachsen der Hauptfigur in die eines Arbeiterführers.
Als sich Mitte der Achtziger die schwedische Svensk Filmindustri und die dänische Kærne Film entschlossen, den Roman zu verfilmen, musste erst einmal die Rechtelage geklärt werden, denn diese lagen bei den Hinterbliebenen Nexos und der DDR, in die der Schriftsteller 1951 übersiedelt und in der er dann drei Jahre später gestorben war. So kam es schließlich, dass die Innenaufnahmen des Dramas in den DEFA-Studios in Potsdam-Babelsberg gedreht wurden, die Außenaufnahmen auf einem Gut in der Nähe von Kopenhagen. Mit umgerechnet 4,5 Millionen Dollar wurde das dänische Werk aus dem Jahr 1987 einer der teuersten skandinavischen Filme aller Zeiten.
Regisseur und Drehbuchautor Bille August ("Nachtzug nach Lissabon") entschied sich, seine Erzählung auf die Vater-Sohn-Beziehung zu fokussieren und nur den ersten Romanteil "Barndom" (Kindheit) aus dem Jahr 1906 zu adaptieren, und wählte unter über 3000 Bewerbern den damals elfjährigen Pelle Hvenengaard für die Titelfigur aus. Seine episch breite, zweieinhalbstündige Romanverfilmung beeindruckt durch die hervorragenden Hauptdarsteller; der US-Kritiker Vincent Canby erklärte in der "New York Times", Max von Sydow spiele "in seiner eigenen Liga". August gelingt es zudem, soziale Ungerechtigkeit nicht mit soziologischen Argumenten an die Zuschauer zu bringen, sondern mit kraftvollen und eindringlichen Bildern aus der Sicht eines Kindes.
"Pelle Erobreren" gewann die Goldene Palme bei den Filmfestspielen in Cannes, den Oscar und den Golden Globe als "Bester nicht englischsprachiger Film"; Max von Sydow wurde als erster skandinavischer Akteur für einen Academy Award als "Bester Hauptdarsteller" vorgeschlagen. Bei den Europäischen Filmpreisen siegten von Sydow und Pelle Hvenengaard; der Film selbst war nominiert, ebenso bei den Britischen und Französischen Filmpreisen. Das Werk gewann den Dänischen und den Schwedischen Filmpreis.
Ein portugiesischer Zuschauer schreibt: "Dies ist ein harter Film über zerstörte Illusionen, Fremdenhass, Klassenunterschiede, Macht, ökonomische Unterwerfung und den Preis der Freiheit. Kein Streifen, der gute Laune macht. Max von Sydow gibt eine großartige Leistung und ist alleine schon Grund genug, sich das Werk anzuschauen. Eine der wenigen Darstellungen, in denen sich ein Mime wirklich in seiner Rolle verliert. Ironischer Weise ist der Film wunderschön anzuschauen, und die Bilder vermitteln eine Atmosphäre der Stille und des Friedens. Der Streifen fasziniert, weil er Fragen stellt, die immer aktuell bleiben werden. Wer kennt es nicht, dass Träume durch Umstände, auf die man nicht einwirken kann, zerstört werden? Dass man Angst hat, ein Wagnis einzugehen? Autoritäten zu widersprechen oder sich ihnen unterzuordnen? Lasse und Pelle symbolisieren die zwei unterschiedlichen Herangehensweisen an das Leben - Resignation oder Hoffnung -, die auch uns immer wieder betreffen."
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