Eine interessante Kinowoche in den deutschen Filmtheatern mit dem in Cannes gefeierten neuen Drama "Die Verführten" der preisgekrönten Sofia Coppola, der Verfilmung ihres eigenen Romans "Axolotl Roadkill" durch Skandalautorin Helene Hegemann und der neuen Komödie "Sommerfest" von Sönke Wortmann.
"Die Verführten"
Drama
USA
93 Minuten
FSK 12
US-Drama zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs in einem Mädcheninternat in den Südstaaten. Als dort ein verwundeter Soldat (Colin Farrell) der Nordstaaten auftaucht, führt das zu erotischen Verwirrungen – mit dramatischer Eskalation. Der Streifen um unerfüllte Sehnsüchte, Eifersucht und Intrigen basiert auf dem Roman "The Beguiled" (so auch der Originaltitel des Films) und wurde bereits 1971 unter diesem Titel mit Clint Eastwood verfilmt. Nun hat Sofia Coppola ("The Bling Ring") sich des Stoffes angenommen und mit ihrer zurück haltenden Art der Inszenierung den Preis für die "Beste Regie" bei den Filmfestspielen von Cannes gewonnen. Die Regisseurin, die den Stoff auch selbst als Drehbuchautorin adaptiert hat, gewinnt der Vorlage zusätzliche Tiefe ab und der Besetzung rund um Nicole Kidman starke Darstellungen. Die Universal Pictures-Produktion hat gute Kritiken erhalten, ist positiv von den Zuschauern aufgenommen worden und erhält auch von unserem Kritiker Björn Schneider das Prädikat "sehenswert": "Visuell berauschende, ausgeklügelte und mit ebenso überraschenden wie zumeist gelungenen Änderungen ausgestattete Neuverfilmung, welche die typischen Geschlechterrollen konsequent ins Gegenteil verkehrt."
Unsere Empfehlung: Reingehen!
"Girls Night Out"
Komödie
USA
101 Minuten
FSK 12
US-Komödie über fünf Freundinnen (Scarlett Johansson, Jillian Bell, Ilana Glazer, Zoë Kravitz und Kate McKinnon), die in Miami einen Junggesellinnenabschied feiern wollen. Dabei geraten sie in so manche Turbulenzen, als der bestellte Stripper durch einen Unfall ums Leben kommt und die Freundinnen die Leiche verschwinden lassen wollen. Regisseurin und Drehbuchautorin Lucia Aniello, die bisher nur für das Fernsehen gearbeitet hat, gibt mit dieser Sony Pictures-Produktion ihr Regiedebut. Ihre talentierten Aktricen sind für einige Lacher gut, aber insgesamt nutzt das wirre Werk deren Begabungen zu wenig und leidet unter zu vielen verpassten Gelegenheiten. Während die Kritiken zu "Rough Night" (so der Originaltitel) noch gemischt ausgefallen sind, lehnten die Zuschauer den Film ab und ließen ihn floppen. Unsere Rezensentin Bianka Piringer hat gemischte Gefühle: "Die oft makabre Komik ist nicht immer leicht verdaulich und steht im Widerspruch zu dem flachen Fahrwasser, das die Geschichte im späteren Verlauf ansteuert."
"Wilson - Der Weltverbesserer"
Komödie
USA
94 Minuten
FSK 12
US-Tragikomödie über einen verschrobenen Außenseiter und Menschenfeind (Woody Harrelson), der mit seiner Hündin in einer chaotischen Wohnung lebt. Als er sich mit seiner Exfrau (Laura Dern) aussöhnt und die gemeinsame Tochter Claire (Isabella Amara) kennen lernt, scheint zunächst Besserung in Sicht. Woody Harrelson ist in guter Form in der Titelrolle, aber Regisseur Craig Johnson und Drehbuchautor Daniel Clowes ("Ghost World"), der seinen eigenen Comic aus dem Jahr 2010 adaptiert hat, können der Miesepetrigkeit der Hauptfigur nicht genügend Sympathie des Publikums abgewinnen. Kein Wunder also, dass die Kinogänger den Daumen über die 20th Century Fox-Produktion gesenkt haben, während die Kritiker wenigstens noch unterschiedlicher Meinung gewesen sind. Unser Kollege Carsten Moll sieht Für und Wider: "Trotz eines gelungenen Einstiegs und starker Darsteller kann der Film nicht ganz überzeugen. Der Wechsel zwischen groteskem Humor und nachdenklichem Drama wirkt bemüht, letztlich wird der Streifen aber keinem Genre wirklich gerecht."
"Axolotl Overkill"
Drama
Deutschland
93 Minuten
FSK 12
Deutsches Drama über eine 16-Jährige (Jasna Fritzi Bauer), die nach dem Tod ihrer Mutter zu ihren älteren Halbgeschwistern (Laura Tonke und Julius Feldmayer) nach Berlin zieht und dort in einem Strudel aus Party- und Drogenexzessen den Halt zu verlieren droht. Regisseurin und Drehbuchautorin Helene Hegemann hat die Kontroverse um ihren in weiten Teilen von anderen Künstlern abgeschriebenen Roman "Axolotl Roadkill" von 2010 offenbar schadlos überstanden, denn Constatin Film haben ihr die Verfilmung ihres Buches als Regiedebut anvertraut. Und Hegemann zeigt sich der Aufgabe gewachsen, findet eindrucksvolle rauschhafte Bilder, die von dem beim Sundance Film Festival ausgezeichneten Kameramann Manuel Dacosse brillant photographiert sind. Die Besprechungen sind gemischt, aber unser Kritiker Andreas Köhnemann ist begeistert und vergibt die Höchstwertung: Fünf von fünf Sternen! Er schreibt: "Eine wilde Reise durch Berliner Nächte, familiäre Dysfunktion und emotionales Chaos. Hemmungslos, leidenschaftlich – und mit einer brillanten Hauptdarstellerin."
"Overdrive"
Thriller
Frankreich
94 Minuten
FSK 12
Französischer, aber auf Englisch gedrehter Thriller über zwei Brüder und Autodiebe (Scott Eastwood und Eddie Thorpe), die im Süden Frankreichs die Klingen mit dem örtlichen Unterweltboss (Simon Abkarian) kreuzen. Schnelle Autos und krumme Dinger? Ein Schelm, wer dabei an das Aufspringen auf den "Fast & Furious"-Erfolgszug denken mag, den der kolumbianische Regisseur Antonio Negret hier vollzieht. Von der Qualität jener Werke ist die Universum-Produktion allerdings einige PS entfernt, wie die schlechten Kritiken und negative Mundpropaganda anzeigen. Auch unser Rezensent Björn Schneider empfiehlt den Rückwärtsgang vor der Kinokasse: "Ein exakt auf die männliche Zielgruppe ausgerichteter 08/15-Auto-Actioner nach Schema F mit wenig plausibler Story und oberflächlichen Schauwerten."
Unsere Empfehlung: Spart Euch das Geld!
"Sommerfest"
Komödie
Deutschland
92 Minuten
FSK 0
Deutsche Komödie über einen wenig erfolgreichen Schauspieler (Lukas Gregorowicz) aus Berlin, der nach dem Tod seines Vaters in seine Heimatstadt Bochum zurückkehrt. Dort trifft er alte Freunde, aber auch seine einst große Jugendliebe (Anna Bederke) wieder. Man merkt Regisseur und Drehbuchautor Sönke Wortmann ("Frau Müller muss weg!") das Herzblut an, das er in seinen melancholischen und skurrilen Streifen hat fließen lassen, doch dabei türmt er die Klischees über den Ruhrpott und seine Bewohner allzu dick auf und bleibt tiefere Einsichten und Emotionen letztlich schuldig. Die auf dem gleichnamigen Roman von Frank Goosen aus dem Jahr 2012 fußende X-Verleih-Produktion hat gemischte Reaktionen bei Kritik und Publikum hervorgerufen. Unsere Kollegin Bianka Piringer ist kein Fan dieser Literaturverfilmung: "Der Film gerinnt zum Ruhrpott-Klischee im Comedy-Format. Die dick aufgetragenen Prollwitze berühren eher peinlich, als den kaum entwickelten Charakteren Authentizität zu verleihen."
Hier geht es zu den kompletten Filmstarts