Ein arbeitsloser, von der Gesellschaft frustrierter Mann (Michael Douglas) beginnt sich psychotisch und gewalttätig gegen seine Umwelt zu wehren, während er sich quer durch Los Angeles zu seiner Ex-Frau (Barbara Hershey) und seiner Tochter (Joey Hope Singer) aufmacht.
Schon lange vor dem letzten US-Wahlkampf hat es den "wütenden weißen Mann" in der US-Gesellschaft gegeben. Den Beweis liefert dieser Thriller aus dem Jahr 1993, in welchem Michael Douglas dieser Figur eine unnachahmliche Statur verleiht. Inwieweit er hier einen Helden oder Anti-Helden darstellt, war Gegenstand erregter Debatten im Feuilleton. Die 25 Millionen Dollar teure Warner Brothers war je nach Betrachtungswinkel ein "gefährliches", ein "satirisches", ein "realistisches" oder ein "entlarvendes" Werk - womöglich auch alles gleichzeitig.
Kein Geringerer als Michael's Vater Kirk sah sich im Interview zu einer Klarstellung bemüßigt: "Michael's Charakter ist nicht der Held oder die neueste urbane Ikone. Er ist der Bösewicht und das Opfer. Natürlich sehen wir viele Elemente in unserer Gesellschaft, die zu seinem Wahnsinn beigetragen haben. Wir bemittleiden ihn sogar. Aber der Film entschuldigt an keiner Stelle seine Handlungen." Zur schauspielerischen Leistung seines Filius meinte Douglas Senior: "Er hat das brillant gespielt. Ich denke, dass es bis jetzt seine beste Arbeit überhaupt ist."
Regisseur Joel Schumacher ("Nicht auflegen!") und Drehbuchautor Ebbe Roe Smith vermischen in der fieberhaften Atmosphäre ihres Streifens Auswüchse, Missstände, rassistische Klischees und gesellschaftiche Vorurteile, bei denen niemand ausgespart wird. Neben dem unfreundlichen koreanischen Kioskbesitzer - dessen Darstellung zu Boykottaufrufen in Südkorea führten, so dass Warner Brothers ihre Produktion dort nicht in die Lichtspielhäuser brachten - und den Latino-Gangstern bekommen auch Neo-Nazis, Burger-Brätereien, Banken, Golf spielende Millionäre und Ärzte für plastische Chirurgie ihr Fett weg, während sich Douglas' Figur D-Fens durch die Stadt vorarbeitet.
In der Rückschau ist es noch interessanter zu sehen, wie sich das Empfinden eines Individuums, von allen Seiten betrogen und belogen zu werden, sich hilflos den Machenschaften der Wirtschaft - angefangen vom vermeintlich betrügerischen Geschäftsinhaber an der Ecke bis zum militärindustriellen Komplex - ausgesetzt zu fühlen, zu einer Rage entwickelt, deren Zorn im Detail begründet sein mag, aber weit über das Ziel hinausschießt. Insofern ein (leider) zeitloses Zeitdokument.
Ironischer Weise mussten die Dreharbeiten in Los Angeles 1992 unterbrochen werden, weil sich eine ganz andere Wut auf den Straßen der Stadt entlud: Nach dem Freispruch der Polizisten, die den Afro-Amerikaner Rodney King nachweislich, weil auf Video-Band festgehalten, schwer misshandelt hatten, brachen von Seiten der Schwarzen sechstägige bürgerkriegsähnliche Zustände aus, die erst durch die Nationalgarde beendet werden konnten. 58 Menschen starben, knapp 2400 wurden verletzt und 11 000 verhaftet.
"Falling Down" erhielt überwiegend positive Kritiken, war aber mit 41 Millionen Dollar lediglich ein solider Erfolg an den US-Kinokassen.
Ein britischer Zuschauer lobt: "Kaum zu glauben, dass dieser Film von dem Regisseur stammt, der 'Batman and Robin' verbrochen hat. Dies ist ein scharfsinnig gezeichnetes Gesellschaftsportrait mit einer Atem beraubenden Darstellung von Michael Douglas. Und Schumacher's Regie ist exzellent. Er setzt in sich geschlossene Vignetten in Szene, die Mikrokosmen dessen sind, was in der Welt schief läuft. Einer der gewagtesten Filme der Neunziger, und jedes Werk, das die Schwächen der Gesellschaft mit solcher Ehrlichkeit angeht, verdient eine klare Empfehlung."
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