"Manchester by the Sea"
Drama
USA
133 Minuten
FSK 12
Ein depressiver Mann (Casey Affleck) wird gebeten, in seine Heimatstadt in Neuengland zurück zu kehren, um sich um seinen Neffen (Lucas Hedges) zu kümmern, nachdem sein Bruder verstorben ist.
Man mag es sich kaum vorstellen, aber seine (bisherige) Rolle seines Lebens, für die Casey Affleck in der letzten Preisverleihungssaison alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab, war ursprünglich für Matt Damon gedacht. Jener hatte mit John Krasinski, seinem Schreib- und Spielpartner von "Promised Land" aus dem Jahr 2012, mit "Manchester by the Sea" ein weiteres gemeinsames Projekt konzipiert. Damon sollte die Hauptrolle spielen und Krasinski Regie führen.
Doch aus Termingründen kam es nicht zu dieser Realisierung, und Matt produzierte das Drama schließlich nur, überließ die Hauptrolle Affleck und die Regie und das Drehbuch Kenneth Lonergan, der ihn 2005 bei "Margaret" in Szene gesetzt und seitdem keinen Film mehr inszeniert hatte. Obwohl der Filmemacher aus der gehobenen Mittelschicht Manhattans stammt, gelang es ihm dank gründlicher Recherchen und auch eigener Erfahrungen und Beobachtungen aus seiner Jugendzeit, als seine Eltern mit ihm Urlaube an der nördlichen Ostküste der USA verbracht hatten, ein stimmiges und detailreiches Bild der Lebens- und Arbeitsweise der Arbeiterschicht in Neuengland. Gedreht wurde die Independent-Produktion für 9 Millionen Dollar in Manchester by the Sea und Umgebung im US-Bundesstaat Massachusetts.
Lonergan feierte mit "Manchester by the Sea" ein fulminantes Comeback. Sein bewegendes Werk wird dank seines herausragenden Drehbuchs von voll ausgeformten Charakteren bevölkert; insbesondere Casey brilliert mit seinem zurückhaltenden Spiel, an dem nichts aufgesetzt oder manieriert wirkt - was auch für den Streifen in toto gilt.
Bereits Anfang 2016 debutierte "Manchester by the Sea" auf dem Sundance Film Festival und konnte sein Momentum dank der überragenden Kritiken und der ebenfalls positiv gewogenen Zuschauer über das ganze Jahr erhalten und noch steigern, so dass es bis zur Oscar-Verleihung im Februar 2017 trug. Über 100 Preise und über 200 Nominierungen konnte der Film auf diesem Weg einsammeln. Besonders Affleck stand im Mittelpunkt. Er gewann unter anderem die "großen Vier" aus Academy Award, Golden Globe, Britischem Filmpreis und Screen Actors Guild Award.
Lonergan gewann den Oscar für sein Drehbuch, des weiteren waren der Film, die Regie, Nebendarstellerin Michelle Williams und Nebendarsteller Lucas Hedges Oscar-nominiert. Trotz eines Einsatzes in der Spitze von lediglich rund 1200 US-Kinos konnte "Manchester by the Sea" in den USA 47 Millionen Dollar umsetzen und im Ausland weitere 14 Millionen Dollar.
Kritikerin Louise Keller lobte in "Urban Cinefile": "Es gibt keine 'Zufälle', keine Manipulationen, keine falsche Note. Der Film wirkt glaubhaft, während die komplizierten Beziehungen und die vielschichtigen Komplexitäten der Trauer einen Kompass finden, der sie auf ruhigere Gewässer weist."