"Boudu - Aus den Wassern gerettet", Arte, 01:45 Uhr
Ein seriöser Pariser Buchhalter (Charles Granval) - der seine Frau (Marcelle Hainia) allerdings mit dem Dienstmädchen (Sévérine Lerczinska) betrügt - rettet den lebensmüden Clochard Boudu (Michel Simon) aus dem Wasser und nimmt ihn bei sich auf - was das Familienleben auf den Kopf stellt.
Wem die Inhaltsangabe dieser französischen Komödie bekannt vorkommt, obwohl er den Film von Jean Renoir ("Die große Illusion") aus dem Jahr 1932 mit Sicherheit noch nicht gesehen hat, muss nicht an seinem Erinnerungsvermögen zweifeln. Mit "Down and Out in Beverly Hills" ("Zoff in Beverly Hills") von 1986 mit Nick Nolte als Vagabund und "Boudu" von 2005 mit Gérard Depardieu gibt es gleich zwei Neuverfilmungen, die dem Original aber nicht das Wasser reichen können.
Bei Renoir's Werk handelte es sich indes auch um keine Orginalidee, sondern um die Verfilmung des Theaterstücks "Boudu sauvé des eaux" von René Fauchois aus dem Jahr 1919. Der großartige Michel Simon spielte die Titelrolle bereits in den Zwanzigern auf der Bühne. Renoir machte sich das Talent Simons zu Nutze, indem er den Fokus des Stücks von der Figur des Buchhalters zu der des Clochards verschwenkte. Dass er allerdings das Ende des Theaterstücks veränderte, erzürnte Fauchois, der damit drohte, seinen Namen aus dem Vorspann entfernen zu lassen. Später gab der Autor indes zu, dass der Film so, wie er ist, perfekt sei.
In der Tat besticht das Werk durch seinen anarchistischen Witz, seine liebevolle Beobachtung und seine handwerkliche Virtuosität, ist zugleich eine Satire auf die (Doppel)moral der bürgerlichen Gesellschaft, eine Hommage an das Leben der einfachen Leute und eine Hymne auf den Freiheitsdrang des Individuums.
Ein mexikanischer Zuschauer schreibt: "Jean Renoir hat das Theaterstück so cinematisch wie möglich verfilmt. Er meidet Kulissen und dreht so viel wie möglich vor Ort. Die Nutzung natürlicher Landschaften und echter Orte erzeugt zusammen mit der ruhigen und geschickten Kameraführung von Georges Asselin ein Gefühl der Realität, das später zu seinem Markenzeichen werden sollte. Die ganze Besetzung ist exzellent, der Höhepunkt natürlich der legendäre Michel Simon, der eine der besten und witzigsten Darstellungen seiner Karriere abliefert."
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